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So reagiert unser Körper auf die Rekord-Hitze

Wenn die Temperaturen klettern, dauert es einige Tage, bis wir uns an die Hitze gewöhnt haben. (Symbolbild: Getty Images)
Wenn die Temperaturen klettern, dauert es einige Tage, bis wir uns an die Hitze gewöhnt haben. (Symbolbild: Getty Images)

Sommer, Sonne, Strand – im Urlaub akzeptieren wir bereitwillig die Hitze. Doch zuhause, während der Arbeit, ist sie meist nur eins: unerträglich. Dabei verkraften wir sie körperlich nach nur wenigen Tagen viel besser.

Der bisherige Temperatur-Höchstwert fiel vergangenen Donnerstag: Denn im niedersächsischen Lingen kletterten die Thermometer auf 42,6 Grad Celsius. Der „Deutsche Wetterdienst“ schrieb dazu auf Twitter: „Die Überprüfung ist abgeschlossen: Der DWD bestätigt den neuen Temperaturrekord von 42,6°C, gemessen am 25. Juli 2019 an der DWD-Wetterstation Lingen/Ems.“

Nie zuvor war es also heißer in Deutschland. Doch wie gehen unsere Körper eigentlich mit der Rekordhitze um?

Ganz grundsätzlich wird die Fähigkeit zur Anpassung an die Umgebungstemperatur Thermoregulation genannt. Ihr Ziel ist laut „Spektrum“, ein „thermisches Gleichgewicht mit der Umgebung“, also eine ausgeglichene Bilanz zwischen Wärmeaufnahme, Wärmeabgabe und Wärmeproduktion, zu erreichen.

Thermoregulation im Körper: Soll und Haben

Auf der Habenseite verbucht der Körper dabei die Wärmestrahlung, die durch Absorption über dunkle Hautpigmente gefördert oder über helle Pigmente abgeschwächt werden kann. Dazu kommt die körpereigene Wärmeproduktion während des Zellstoffwechsels, also der Energiegewinnung aus der Nahrung, und Wärme durch Muskelbewegung.

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Dem gegenüber steht der Wärmeverlust, etwa durch Schwitzen oder einfach durch die Molekülbewegung bei der Berührung eines kälteren Mediums. Gezielt regulieren kann der Körper die eigene Temperatur somit über die Wärmeproduktion und das Schwitzen. So schützt er sich vor Überhitzung und Unterkühlung.

Bei Wärmegefühl bekommt der Körper Lust auf ein Eis (Symbolbild: Getty Images)
Bei Wärmegefühl bekommt der Körper Lust auf ein Eis (Symbolbild: Getty Images)

Um möglichst schnell und präzise zu reagieren, besitzt der Körper eigene Thermometer, die vor allem in der Haut sitzen – die meisten auf Stirn, Nase und Brust. Diese „Thermorezeptoren“ nehmen die Umgebungstemperatur wahr und leiten diese Information an den Hypothalamus im Gehirn weiter. Dort entsteht ein Kälte- oder Wärmegefühl, das uns etwa frösteln lässt oder Lust auf ein Eis vermittelt.

Ein bis zwei Wochen braucht der Körper für die Anpassung

Obwohl dieses Gefühl höchst subjektiv ist, gibt es eine durchschnittliche „ideale“ Außentemperatur, sagt der Leiter des Zentrums für Medizin-Meteorologische Forschung des Deutschen Wetterdienstes Andreas Matzarakis im Gespräch mit der „Welt“: „Die Durchschnittstemperatur, bei der der Mensch am wenigsten Energie verbraucht, um seine ideale, durchschnittliche Körpertemperatur von 37 Grad zu halten, ist 27 Grad Lufttemperatur.“

Doch Klimawandel sei Dank werden wir in Zukunft öfter Temperatur-Extremen ausgesetzt sein. Wie geht unser Körper damit um? Dazu sagt Matzarakis: „Meist kommt der Körper schon nach einer Woche mit veränderten Wetterbedingungen klar. Richtig akklimatisieren wird er sich wohl aber erst nach Jahren.“

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Das bestätigt auch der Wissenschaftsjournalist Martin Schütz im „Deutschlandfunk Nova“: „Nach ein bis zwei Wochen kommen wir mit Hitze besser zurecht. Unsere Schweißdrüsen stellen sich langsam um und steigern die Produktion.“ Doch bis ein Nordeuropäer mit dem Sommerwetter so entspannt umgehen könne, wie ein Mensch am Äquator, würde es einige Monate dauern.

Was also tun?

Was jedoch hilft, ist Training: Am besten schon Monate vor dem heißen Sommerurlaub zwei bis drei Mal die Woche in die Saune gehen oder häufiger schweißtreibenden Sport machen. Dadurch erlernt der Körper, „richtig“ zu schwitzen. Er schwitzt insgesamt schneller, ohne dabei aber wichtige Salze auszuscheiden.

Saunabesuche eigenen sich zur Vorbereitung auf heißere Klimazonen (Symbolbild: Getty Images)
Saunabesuche eigenen sich zur Vorbereitung auf heißere Klimazonen (Symbolbild: Getty Images)

Hanns-Christian Gunga, Physiologe und Experte für Extrembedingungen am Zentrum für Weltraummedizin der Berliner Charité, sagt im Gespräch mit dem „Tagesspiegel“: „Ein erwachsener Mensch kann normalerweise zwei Liter pro Stunde ausschwitzen. Ein trainierter und hitzeadaptierter dagegen schafft bis zu vier.“ Zudem ändere sich das „Schweißprofil“, man schwitze weniger am „Körperstamm“, dafür mehr an Armen und Beinen. So könne der Schweiß schneller verdunsten und die Kühlung werde effektiver.

Gene brauchen einige Tage, um auf Trab zu kommen

Was der Körper auch immer besser lernt: Mehr Blut durch die Haut zu leiten, um es dort abzukühlen. Denn bei Normaltemperaturen zirkulieren nur etwa zehn Prozent des Blutes an der Oberfläche, bei Hitze können es bis zu 80 Prozent sein, schreibt der Tagesspiegel weiter. Diese ganzen Anpassungen gingen vor allem auf eine gesteigerte Aktivität zahlreicher Gene zurück. Doch das würde einige Tage dauern – was kein Nachteil sei. Denn eine derartig nachhaltige Umstellung der ganzen Körperregulation sollte nicht bei jedem kurzen Hitzeschock geschehen.

Zusammengefasst: Der Körper kann sich also durchaus effektiv an längere Wärmeperioden anpassen, aber er braucht dafür einige Tage. Dann aber lassen sich selbst die aktuellen Rekordtemperaturen ein klein wenig besser verkraften.

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