Studie berichtet von "Epidemie an Frauenfeindlichkeit" auf Instagram

Dass Social Media ein psychologisches Pulverfass sein kann, ist hinlänglich bekannt. Ein neuer Bericht zur Foto-App Instagram offenbarte jedoch neue Abgründe.

Einem neuen Bericht zufolge fällt eine von 15 Direktnachrichten an prominente Frauen unter Belästigung - und die Plattform tut kaum etwas dagegen (Symbolbild: Getty Images)
Einem neuen Bericht zufolge fällt eine von 15 Direktnachrichten an prominente Frauen unter Belästigung - und die Plattform tut kaum etwas dagegen (Symbolbild: Getty Images)

Besonders bei jungen Menschen kann die Nutzung von Instagram mit seiner schönen Scheinwelt auf die Psyche gehen - sie kann das Körperbild verzerren, Angststörungen schüren und sogar depressiv machen. Dies beweisen nicht nur diverse externe Studien, sondern - wie wir dank der Whistleblowerin Frances Haugen wissen - sogar interne, vertuschte Untersuchungen von Instagrams Mutterkonzern Meta selbst.

Doch nicht nur Jugendliche sind auf Instagram gefährdet, sondern auch Frauen, wie ein neuer Bericht des Center for Countering Digital Hate (CCDH) zeigt. Von einem "systematischen Versagen" seitens Instagram, Frauen vor Belästigung zu schützen, ist die Rede - und von einer wahren "Epidemie an Frauenfeindlichkeit".

Belästigung, Nacktfotos und sogar Todesdrohungen sind an der Tagesordnung

Für die Studie hat das CCDH Tausende Direktnachrichten analysiert, die fünf berühmten Instagram-Nutzerinnen geschickt wurden: die Schauspielerin Amber Heard, die britische Fernsehmoderatorin Rachel Riley, Aktivistin Jamie Klingler, die Journalistin Bryiony Gordon und die Chefredakteurin Sharan Dhaliwal.

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8717 Direktnachrichten dieser Stichprobe von Frauen wurden untersucht. Was dabei zum Vorschein kam, war eine Welle an frauenfeindlichen Beschimpfungen, wie es in dem Bericht heißt. Belästigung, unerwünschte Nacktfotos und -videos sowie Todesdrohungen waren an der Tagesordnung. Tatsächlich falle eine von 15 Direktnachrichten in die Kategorie Belästigung.

Schauspielerin Amber Heard gehört zu den Studienteilnehmerinnen, die ihre Direktnachrichten auf Instagram analysieren ließ (Bild: Toni Anne Barson/FilmMagic)
Schauspielerin Amber Heard gehört zu den Studienteilnehmerinnen, die ihre Direktnachrichten auf Instagram analysieren ließ (Bild: Toni Anne Barson/FilmMagic)

Instagram zeigt "fahrlässigen" Umgang mit Belästigung

Die Schuld daran sieht das Zentrum nicht nur bei den Nutzern, sondern auch dem Social-Media-Konzern selbt: Instagram sei "fahrlässig" in seinem Umgang mit diesem Problem. "Es gibt eine Epidemie an Frauenfeindlichkeit in den Direktnachrichten von Frauen", zitiert "The Guardian" CCDH-Chef Imran Ahmed. Er fordert: "Meta und Instagram müssen Frauenrechte vor Profit stellen."

So hätten Nutzerinnen keine Möglichkeit, im Vanish-Modus verschickte Direktnachrichten zu melden oder als Beweise zu sichern - also solche, die nur kurz angezeigt und dann automatisch gelöscht werden. Außerdem könnten Nutzer anderen Sprachnachrichten hinterlassen - auch dann, wenn diese sich gegenseitig weder folgen noch kennen. Auch wurden Probleme bei der Download-Funktion festgestellt, die eigentlich dazu dienen sollte, bei Belästigung Beweise zu sichern.

Was Instagram-Konzern Meta zu den Vorwürfen sagt

Cindy Southworth, die bei Meta die Abteilung für Frauensicherheit leitet, sagte "The Guardian", dass sie "vielen Aussagen des CCDH widerspricht" - jedoch nicht der, dass "die Belästigung von Frauen inakzeptabel" ist. "Deswegen erlauben wir keinen geschlechterspezifischen Hass oder Androhung sexueller Gewalt und haben im vergangenen Jahr stärkeren Schutz für weibliche Prominente implementiert", fuhr sie fort.

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So gebe es jetzt Funktionen, die Nachrichten mit bestimmten Worten filtern würden. Zudem bedürfe es einer Zustimmung, bevor man Direktnachrichten von fremden Absendern erhalten könne.

Die Folgen von Belästigung sind verheerend - auch online

Doch das reicht dem CCDH nicht: Trotz dieser Maßnahmen stellte es Dutzende Beispiele fest, bei denen Nutzern Frauen pornografische Inhalte, Nacktfotos oder sogenannte "Deep Fakes", bei denen die Gesichter der betreffenden Nutzerin auf den nackten Körper von Pornodarstellerinnen geschnitten wird, geschickt werden.

Die Folgen davon sind ernstzunehmen: Eine globale Studie stellte 2020 fest, dass bis zu 19 Prozent aller Frauen wegen solcher Erfahrungen Social Media entweder fernbleiben oder sich dort weniger frei bewegen. Dies sei jedoch zunehmend wichtig, wie Ahmed betont - Social Media diene gerade prominenten Frauen dazu, eine eigene Marke aufzubauen und zu bewerben. Frauenfeindlichkeit würde dies behindern.

Studienteilnehmerin Bryiony Gordon fordert Meta ebenfalls dazu auf, seine Maßnahmen grundlegend zu überarbeiten - und zieht in "The Guardian" einen anschaulichen Vergleich: "Eines Tages werden wir auf diese Ära der unregulierten Nutzung von Social Media zurückblicken und das gleiche Entsetzen wie beim Betrachten von alter Werbung empfinden, in der der Marlboro Mann behauptet, Rauchen sei gesund."

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