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Ansturm an Tankstellen am 1. Juni erwartet

Berlin/München (dpa) - Wegen der für Juni beschlossenen Steuerentlastungen bei Benzin und Diesel erwartet die Tankstellenbranche einen Ansturm und mögliche Sprit-Engpässe.

Verbraucherschützer schauen indes genau auf die Entwicklung der Preise. Mit Blick auf die Steuersenkung am 1. Juni warnte der Vorsitzende des Bundesverbandes Freier Tankstellen, Duraid El Obeid, in der «Rheinischen Post»: «Eine hohe Nachfrage der Autofahrer wird auf ein niedriges Angebot stoßen.»

Von Anfang Juni bis Ende August soll Tanken billiger werden durch eine Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe. Der Steuersatz für Benzin sinkt so um fast 30 Cent, für Diesel um gut 14 Cent. Dabei geht die Steuerbelastung sogar noch weiter zurück - denn auf den entfallenen Teil der Energiesteuer wird auch keine Mehrwertsteuer mehr fällig. Wie das Bundesfinanzministerium bestätigte, liegt die steuerliche Entlastung insgesamt also bei 35,2 Cent pro Liter Benzin und 16,7 Cent pro Liter Diesel. Der Bundesrat ließ das vom Bundestag beschlossene Gesetz nun passieren.

Steuerrabatt fordert Tankstellenbetreiber heraus

Die starke Senkung des Spritpreises stellt die Tankstellenbetreiber vor eine Herausforderung, wie der Hauptgeschäftsführer des Verbandes Fuels und Energie, Christian Küchen, der Zeitung erklärte: Einerseits würden diese versuchen, ihre Bestände bis zum 1. Juni stark herunterzufahren, um so wenig wie möglich hoch versteuerten Sprit ab Juni billiger weiterverkaufen zu müssen. Andererseits sei damit zu rechnen, dass die Autofahrer ausgerechnet ab 1. Juni massenhaft an die Zapfsäulen fahren, um leere Tanks aufzufüllen. «Daher sind vorübergehende Engpässe an den Stationen nicht komplett auszuschließen», sagte Küchen.

Hintergrund ist den Angaben zufolge, dass die Energiesteuer nicht erst an der Zapfsäule, sondern bereits an Raffinerien und Tanklagern erhoben wird. Treibstoff, der vor dem 1. Juni geliefert wird, enthält daher noch einen höheren Steueranteil. Am Ende des Steuerrabatts müsste der Effekt allerdings in die andere Richtung wirken.

Bei Aral ist man der Zeitung zufolge zuversichtlich: «Wir sind vorbereitet, die Logistikketten sind robust aufgestellt, so dass auch kurzfristige Belieferungen von Tankstellen möglich sind.» Die Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen rät allerdings, den Tank vor dem 1. Juni nicht komplett leer zu fahren.

Auch der ADAC hatte zuletzt schon angemahnt, die Umstellung gut vorzubereiten, damit es nicht zu Engpässen kommt - und gefordert, die durch die Steuersenkung entstehenden Spielräume komplett weiterzugeben. Hier werden Verbraucherschützer am 1. Juni wohl genau hinschauen.

Benzinpreise könnten Vorkriegswerte erreichen

Mit den Preissenkungen könnte Superbenzin wieder auf das Preisniveau vor Ausbruch des Ukraine-Krieges zurückkehren. Am Tag vor dem russischen Angriff hatte Superbenzin der Sorte E10 im bundesweiten Durchschnitt noch 1,75 Euro pro Liter gekostet. Im bundesweiten Tagesdurchschnitt des Donnerstags waren es 2,103 Euro. Zieht man davon die anstehende Steuerentlastung ab, landet man fast exakt auf dem Vorkriegswert. Allerdings steigen die Benzinpreise seit gut drei Wochen deutlich. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, bliebe der Sprit am Ende auch mit Rabatt teurer.

Bei Diesel sind die Vorkriegswerte dagegen außer Reichweite. Das liegt vor allem daran, dass die Steuersenkung hier aus rechtlichen Gründen geringer ausfällt. Zieht man sie vom Dieselpreis des Donnerstags ab, landet man bei gut 1,85 Euro. Das sind fast 19 Cent mehr als vor Kriegsbeginn.

Experten halten aktuelles Preisniveau für zu hoch

Zudem waren auch die Werte vor Kriegsbeginn bereits sehr hoch. Noch bis Jahresbeginn hatte Diesel im bundesweiten Tagesschnitt nie 1,60 Euro und Super E10 nur an wenigen Tagen mehr als 1,70 gekostet.

Der ADAC betrachtet die aktuelle Entwicklung an den Zapfsäulen mit Skepsis: «Die Preise haben im Vorfeld der Steuersenkung wieder kräftig Speck angesetzt», sagt Kraftstoffmarkt-Experte Jürgen Albrecht. «Vor allem Benzin ist seit Mitte April teurer geworden, ohne dass Ölpreis oder Dollarkurs das erklären könnten», betont er.

Das aktuelle Preisniveau hält Albrecht für zu hoch: «Anfang März - kurz nach Kriegsbeginn - waren die Kraftstoffe bei etwas günstigeren Außenfaktoren mehr als 27 Cent bei Benzin und mehr als 26 Cent bei Diesel niedriger. Daraus lässt sich abschätzen, dass auch jetzt - schon ohne Steuersenkung - um 20 Cent Spielraum nach unten wäre. Selbst wenn die Spritpreise im Juni um 35 beziehungsweise 17 Cent sinken, wären sie also immer noch zu hoch.»