Tierärztin klärt auf: Zeckenschutz für Hunde - diese Möglichkeiten gibt es
Hat der Hund eine Zecke erwischt, muss diese sofort entfernt werden. Noch besser ist es, wenn der Vierbeiner erst gar keine abbekommt – hier kommen Zeckenmittel ins Spiel, doch die Meinungen gehen dabei ebenso weit auseinander wie die Wirksamkeit. Welche Zeckenmittel wirklich helfen, welche Vor- und Nachteile die gängigsten Methoden haben und welche Risiken sie mitbringen, verrät uns eine Tierärztin.
Wann ist Zeckensaison in Deutschland? Diese Frage ist mit dem zunehmend wärmeren Klima mittlerweile relativ – das ganze Jahr über kann man mit den Parasiten rechnen, und auch die Risikogebiete weiten sich aus. Die gesundheitlichen Risiken eines Zeckenbisses sollten nicht unterschätzt werden. Und weil sich Hunde besonders gerne auf Wiesen wälzen und durch Wälder wuseln, gilt dies für unsere Vierbeiner umso mehr. Daher setzen die meisten Hundehalter lieber auf Vorbeugung.
Zeckenmittel für Hunde gibt es dafür viele – und dabei kaum eines, das nicht umstritten ist. Während die einen chemische Schutzmittel aus der Schulmedizin meiden wollen, haben die anderen kaum Vertrauen in pflanzliche oder alternative Hausmittel.
Was also hilft wirklich, ohne dabei dem Hund zu schaden?
Das Wichtigste vorweg: Bevor man ein Zeckenmittel bei seinem Hund anwendet – ob chemisch oder natürlich – sollte man dies ausnahmslos mit seinem Tierarzt oder der Tierärztin besprechen. Dies gilt insbesondere für Welpen oder Hunde, die zu Allergien neigen oder Vorerkrankungen haben.
Um einen Überblick zu bekommen, haben wir die Münchener Tierärztin Theresa Klövekorn zu den unterschiedlichen Methoden zum Zeckenschutz beim Hund befragt.
Warum Zeckenprophylaxe für den Hund so wichtig ist
Sie betont die zunehmende Wichtigkeit einer Zeckenprophylaxe für Hunde. Die Gefahr durch parasitäre Infektionserkrankungen wie FSME und Borreliose sind hinlänglich bekannt, doch Frau Klövekorn warnt: "Es gibt in Deutschland mittlerweile sehr viele Krankheiten, die durch Zecken übertragen werden." München zum Beispiel sei mittlerweile Babesiose-Gebiet. Diese Krankheit, umgangssprachlich auch Hundemalaria genannt, befällt die roten Blutkörperchen und kann unbehandelt tödlich enden. Nicht nur in Bayern kann sie übertragen werden: Vereinzelte Populationen des Erregers gibt es in ganz Deutschland. "Das sind Krankheiten, die vor einigen Jahren lediglich südlich der Alpen aufgetreten sind, sich mittlerweile aber bei uns etabliert haben. Und es kann durchaus sein, dass in den nächsten Jahren noch weitere Krankheiten dazukommen."
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Die meisten Krankheiten würden über den Biss der Zecke übertragen. Aber auch das Verspeisen der Zecke könne Probleme bereiten – hierbei könnten bestimmte Krankheiten wie Hepatozoonose übertragen werden. Diese geht mit unterschiedlichen Symptomen einher und muss nicht tödlich verlaufen – heilbar ist sie allerdings auch nicht.
Für die meisten von Zecken übertragene Erkrankungen sei jedoch der Biss entscheidend. "Je länger die Zecke am Körper haftet, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Krankheit übertragen wird. Deswegen ist es umso besser, wenn die Zecke nur kurz oder am besten überhaupt nicht am Körper haftet." Angesichts der Ernsthaftigkeit der Erkrankungen stellt sie klar: "Eine Prophylaxe ist immer besser als hinterher behandeln zu müssen."
Zeckenmittel: Chemisch oder natürlich?
Wie bei vielen medizinischen Fragen bricht nach der Entscheidung für eine Prophylaxe ein innerer Kampf zwischen Schulmedizin und alternativen Mitteln los. Für Frau Klövekorn ist dies eine individuelle Entscheidung – die Wirksamkeit kann jedoch variieren.
Dass viele Hundebesitzer Bedenken angesichts der Nebenwirkungen von chemischen Zeckenmitteln haben und bestimmte Präparate meiden möchten, kann sie verstehen. "Man muss ganz klar sagen: Es sind Nervengifte, die man da verwendet, wenn man zum Beispiel einen Spot-on aufträgt." So abschreckend sich dies erstmal anhört: Tödlich oder nervenschädigend seien diese Insektizide bei Wirbeltieren nicht, stellt die Tierärztin klar – ihr Zweck sei lediglich die Abtötung der Parasiten. Doch könnten sie bei Hunden mit Vorerkrankungen auf die Organe schlagen. Es gäbe alternative Heilmittel, bei denen man jedoch keine hundertprozentige Wirksamkeitsgarantie geben könne.
Wichtig sei, dass man als Hundebesitzer aktiv wird: "Ich kann als Tierärztin nur empfehlen, dass man Prophylaxe betreibt. Ob man da zu den chemischen Mitteln greift, die Wirksamkeit im weitesten Sinne garantieren, oder ob man sich auf alternative Mittel beruft, das muss in den meisten Fällen jeder für sich entscheiden – das ist genauso wie beim Impfen", so Frau Klövekorn.
Sie nennt einige Ausnahmen, bei der eine Variante besser sei als die andere:
Hunde mit langem oder dichtem Fell lieber chemisch: Diese Hunde sind anfälliger für Zeckenbefall, da man die Parasiten in dem dichten Fell nicht so leicht findet. Hier sollte man der Tierärztin zufolge lieber chemisch arbeiten, um eine bessere Wirkung erzielen zu können. Hunde mit kürzerem Fell könnten auch alternativen Zeckenschutz erhalten – auch hier habe die chemische Form jedoch die größere Wirkung.
Hunde mit weißem Fell lieber natürlich: Anders verhält es sich bei Züchtungen mit weißem Fell. Solche Hunde können anfälliger für Allergien sein und sollten daher bevorzugt natürlich behandelt werden.
Hunde, die mit in den (südlichen) Urlaub fahren lieber chemisch: "Wenn man ins südliche Ausland fährt, zum Beispiel Italien, in denen Zecken noch mehr als bei uns vorkommen, würde ich auf alle Fälle empfehlen, dass man ein Mittel mit repellierender Wirkung anwendet", erklärt Frau Klövekorn.
Chemische Zeckenmittel: Wirkung, Vorteile und Nachteile
Spot-ons
Gemeint sind mit repellierenden Zeckenmitteln die sogenannten Spot-ons, die eine Wirkungsdauer von etwa vier Wochen haben. "Das sind Tropfen für den Nacken, die bewirken, dass die Zecke gar nicht erst an den Körper des Hundes ran möchte. Man darf sich das vorstellen wie eine Duftwolke um das Tier, die wir und auch der Hund nicht wahrnehmen. Doch für die Zecke riecht das unangenehm."
Da der Wirkstoff sich allerdings erst vom Nacken des Hundes auf die ganze Haut verbreiten muss, solle man die ersten 24 Stunden möglichst nicht in Kontakt mit der beträufelten Stelle kommen – eine schwierige Sache, wenn das Tier gerne kuschelt. "Es ist wie gesagt ein Nervengift, das auch auf den Menschen übertragen werden kann. Man will das also nicht auf den Händen haben und sich danach über das Gesicht fahren."
Einen Tag lang sei also Abstand vom Tier angesagt. Man solle sich zudem nach Kontakt mit dem Fell die Hände waschen, den Hund nicht ins Bett lassen. Zwei Tage lang gelte "absolutes Wasserverbot". Auch danach würde intensives Waschen oder Shampoonieren vom Hund die Wirkung maßgeblich verringern.
Der erhebliche Vorteil solcher Spot-ons sei allerdings, dass der Hund bei voller Wirksamkeit keinen Kontakt zur Zecke hat und eine Infektion damit nicht stattfinden kann.
Zudem gäbe es bei diesen chemischen Abwehrmitteln eine Kombiwirkung, die man bei den pflanzlichen Mitteln in aller Regel nicht hat: Sie halten nicht nur Zecken fern, sondern auch andere Parasiten wie Milben und Flöhe – im Fall der Spot-ons eben so, dass sie sich dem Hund gar nicht erst nähern.
Tabletten
Eine Alternative für Hundebesitzer, die nicht in südländischen Risikogebieten leben, sind Zeckenmittel zum Einnehmen, die je nach Präparat entweder einen Monat oder drei Monate lang Wirkung haben. "Die Tablette verhindert zwar nicht das Anbeißen der Zecke, aber sobald die Zecke anbeißt, stirbt sie ab", erklärt Frau Klövekorn. Für die Übertragung einer Krankheit sei auch die Dauer eines Zeckenbisses ausschlaggebend. "Das heißt, wenn die Zecke anbeißt und relativ schnell abfällt, ist die Wahrscheinlichkeit einer Krankheitsübertragung sehr gering."
Die Gefahr, dass die Wirkung bei Wasserraten mit der Zeit womöglich nachlässt oder der Wirkstoff auf den Händen landet, besteht bei Tabletten im Gegensatz zu Spot-ons nicht. Bei Hunden, die magendarm-empfindlich sind, schlagen sie allerdings eventuell auf den Magen-Darm-Trakt.
Halsbänder
Die Halsbänder geben, wie auch Spot-ons, repellierende Wirkstoffe ab. Im Gegensatz zu Mitteln, die direkt auf das Tier aufgetragen werden, kann man diese jedoch jederzeit entfernen, indem man schlicht das Halsband abnimmt, wie die Tierärztin anmerkt. Die Kehrseite der Medaille: Sobald der Hund dieses nicht mehr trägt, sei auch die Wirkung nicht gegeben. Wer sich für ein Halsband als Zeckenschutz entscheidet, müsse dringend beachten: "Das Halsband ist mit dem Insektizid versehen." Jedes Mal, wenn es an- und abgelegt wird, sei also unbedingt Händewaschen angesagt.
Zudem könne das Halsband an Ästen hängenbleiben. Was ebenfalls nicht wenigen Hundebesitzern wichtig ist: "Es sieht optisch nicht so schön aus."
Eine hundertprozentig garantierte Wirkung gebe es bei allen Methoden nicht. "Hunde sind Tiere und keine Waren, auf die man ein Mittel aufträgt und dann das gewünschte Ergebnis hat." Je nach Hund sowie dessen Bedürfnissen und Lebensstilen könne die Wirkdauer länger oder kürzer andauern.
Natürliche Zeckenmittel und Hausmittel gegen Zecken: Welche helfen können und welche schaden
Dies gelte auch für alternative Heilmittel, wie Frau Klövekorn erklärt und nennt aus persönlicher Erfahrung das Beispiel tic.clip – dabei handelt es sich um Marken für das Halsband, die ein elektromagnetisches Feld um den Hund schaffen sollen, das Zecken abwehrt. Bei ihrem ersten Hund habe dies gut funktioniert, bei ihrer zweiten Hündin hingegen gar nicht. Eine ähnliche Wirkweise wird indes Bernsteinketten zugesprochen, auf die "viele Hundebesitzer schwören", die bei anderen aber wenig gegen Zecken ausrichten.
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Das Internet steckt voll von derartigen Tipps und Hausmitteln, die Hunde vor Zecken schützen sollen, indem sie die Parasiten durch eine Geruchsbarriere abwehren:
Knoblauch: Diesen soll der Hund fressen, damit die darin enthaltenen ätherischen Öle über die Haut ausgeschieden werden können und Zecken mit ihrem unangenehmen Geruch vertreiben. Von dieser Methode rät Frau Klövekorn eindeutig ab. "Zwiebelgewächse sind giftig für den Hund und bringen gegen Zecken nichts." Auch das Einreiben mit Knoblauch würde sie nicht empfehlen: "Das Tier würde sich unwohl fühlen, da der Geruch für das Tier unangenehm ist."
Ätherische Öle: Ob Lavendel, Citronella oder Teebaum – immer wieder werden die Duftöle ins Spiel gebracht, die, aufgetragen auf das Hundefell, Zecken fernhalten sollen. Auch die könnten für den Hund aufgrund des starken Geruchs unangenehm sein und bei Hautkontakt in manchen Fällen lokale Entzündungsreaktionen auslösen. Zudem hätten ätherische Öle nach Frau Klövekorns Erfahrung "keine große Wirksamkeit".
Schwarzkümmelöl: Dieses Öl hätte ihre eigene Hündin geruchlich nicht sonderlich gestört, "aber gewirkt hat es auch nicht". Manche Besitzer würden es tropfenweise ins Hundefutter mischen, doch hierbei wäre Frau Klövekorn vorsichtig: "Wenn der Hund Vorerkrankungen hat, beispielsweise Lebererkrankungen, kann sich dies negativ auswirken."
Kokosöl: Hier von ist die Tierärztin kein Fan, allerdings weniger aus gesundheitlichen denn aus praktikablen Gründen: Mit dem Kokosöl soll nach Rat des Internets der ganze Körper des Hundes eingerieben werden. Das einzige garantierte Ergebnis hierbei: ein fettiges Fell.
Ob es ein Zeckenmittel gibt, das beim eigenen Hund hilft, kann Frau Klövekorn also nicht eindeutig beantworten – in ihrer Praxis hätten die Tierärzte jedoch gute Erfahrungen mit einem Mittel auf Mutterkorn-Basis gemacht.
"Das sprüht man vor dem Spaziergang auf. Es soll bis zu 24 Stunden halten, riecht neutral und ist nicht giftig, und hält Zecken, Milben und Flöhe fern. Ein Vorteil daran ist, dass man es nur dann aufsprühen muss, wenn man es auch braucht." Eine hundertprozentige Wirkungsgarantie gebe es allerdings auch hierfür nicht.
Unverzichtbar: Das Gespräch mit dem Tierarzt
Frau Klövekorn betont die Wichtigkeit, jedes Zeckenmittel vorab in einem tierärztlichen Gespräch individuell abzuklären und keine Mittel auf eigene Faust im Internet zu bestellen. "Beispiel: Wenn man einen Hund mit chronischer Magen-Darm-Entzündung hat. Wenn ich dem eine Tablette als Zeckenmittel verabreiche, kann das zu Problemen im Magen-Darm-Trakt führen. Wenn ich mir das online kaufe und ausprobiere, ist es dann eben zu spät." Auch bei Welpen ist ein Tierarztgespräch unumgänglich. Diese solle man erst ab einem gewissen Alter und Körpergewicht prophylaktisch behandeln – wie und zu welchem Zeitpunkt, hänge stark vom Produkt ab.
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