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Verdi warnt vor Einschnitten trotz Tui-Hilfen

Eine Krähe fliegt über das Logo der Tui Group am Firmensitz.
Eine Krähe fliegt über das Logo der Tui Group am Firmensitz.

Der Staat schnürt zusammen mit Investoren und Banken ein weiteres Finanzpaket für den Tui-Konzern. Aus Sicht der Gewerkschaft sollten damit Arbeitsplätze gesichert werden. Doch aus verschiedenen Lagern im Bund und in Niedersachsen kommen noch ganz andere Bedenken.

Berlin (dpa) - Nach dem Beschluss des neuen Milliarden-Rettungspakets für den weltgrößten Reisekonzern Tui pocht Verdi auf die Sicherung von Jobs.

«Nun ist es an Tui, diese Mittel zukunftsgerichtet zu verwenden und den Beschäftigten sichere und vor allem auch existenziell absichernde Arbeitsplätze zu garantieren», sagte die Vizechefin der Gewerkschaft, Christine Behle. Sie warnte das Management vor weiteren Einschnitten für Beschäftigte.

Behle, die das inzwischen dritte Hilfspaket insgesamt begrüßte, mahnte den Konzern, die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland zu stoppen. Auch die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) pocht darauf: «Wichtig ist, dass deutsches Steuergeld hilft, deutsche Firmen und deutsche Arbeitsplätze zu schützen», sagte VC-Tarifexperte Marcel Gröls. Betriebsbedingte Kündigungen müssten ausgeschlossen werden. «Weitere Finanzhilfen dürfen nicht für eine strukturelle Verkleinerung der Tuifly-Flotte missbraucht werden», betonte Gröls. Bei der angeschlagenen Konzern-Airline drohen Kündigungen, da die Flotte verkleinert werden soll.

Der Staat stützt Tui bereits mit drei Milliarden Euro. Am Mittwoch hatte sich der Konzern aus Hannover dann mit dem Bund sowie privaten Investoren und Banken auf ein weiteres Finanzierungspaket von 1,8 Milliarden Euro geeinigt. Vor allem der Bund ist an dem inzwischen dritten Rettungspaket beteiligt. In letzter Konsequenz könnte der Bund über sogenannte stille Einlagen, die teils in Firmenanteile umgewandelt werden könnten, künftig direkt an dem Konzern beteiligt sein. Nötig dafür ist noch die Zustimmung der EU-Kommission.

Die Tourismusbranche ist neben Luftverkehr und Gastronomie besonders stark vom Nachfragerückgang in der Corona-Pandemie betroffen.

Noch unklar ist, ob sich möglicherweise auch das Land Niedersachsen an den erweiterten Tui-Hilfen beteiligt. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium hatte es am Mittwoch geheißen, bis zu 400 Millionen Euro könnten «gegebenenfalls auch durch Beiträge der Länder übernommen» werden. Landes-Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) sagte zu Beschlüssen von Bund, Banken und Aktionären: «Das Finanzpaket sichert den weiteren Weg des Konzerns durch die Pandemie. (...) Es ist zugleich eine Chance, möglichst viele Arbeitsplätze an den hannoverschen Standorten zu erhalten.» Bereits im Juni hatte Althusmann nach dem Bekanntwerden erheblicher Einsparungen bei der Konzern-Airline Tuifly gefordert: «Ich erwarte, dass sich die wirtschaftliche Ausrichtung nicht allein an der Überwindung der ohne Zweifel ernsten Krisensituation orientiert, sondern einer langfristigen Zielsetzung folgt.»

Aus der landeseigenen NBank hieß es am Donnerstag, noch seien keine Anfragen zu einer möglichen Förderung aus Landesmitteln im Fall Tui eingegangen: «Bisher gibt es keinerlei Bewegung in diese Richtung.»

«Meine Sorge ist, den Staat in einer schwierigen Situation in Mithaftung zu nehmen», sagte der Grünen-Finanzexperte im niedersächsischen Landtag, Stefan Wenzel. Die Frage sei auch, was die Investoren selber zur Stabilisierung der Tui leisteten. Grüne und FDP im Land forderten eine Sondersitzung des Haushaltsausschusses. Der FDP-Abgeordnete Christian Grascha meinte, er sehe es kritisch, wenn Niedersachsen mit der Übernahme von Bürgschaften in Höhe von 400 Millionen Euro für Tui ein erhebliches finanzielles Risiko mitten in der Corona-Krise eingehe.

Der Wirtschaftsrat der CDU warnte vor einer direkten Beteiligung des Staates an dem Reiseanbieter. «Es muss klar sein, dass zusätzlich zu den bereitgestellten Liquiditätshilfen direkte Staatsbeteiligungen an privatwirtschaftlichen Unternehmen in der Sozialen Marktwirtschaft nur als absolute Ausnahme infrage kommen», sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger. «Bei einem Tourismuskonzern wäre dies nicht einmal als Übergangslösung darstellbar.»

FDP-Bundestagsfraktionsvize Michael Theurer kritisierte das Hilfspaket als mittelstandsfeindlich. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) werde «als Verstaatlichungs-Minister in trauriger Erinnerung bleiben, der Konzerne mit milliardenschweren Subventionen verstaatlicht und dem Mittelstand die existenziellen und versprochenen Hilfen weiter schuldig bleibt», sagte Theurer dem «Handelsblatt». Das Rettungspaket für Tui sei nach der Staatshilfe für Lufthansa «der nächste ordnungspolitische Sündenfall».