"Verstaubte Ansichten“: Facebook verbietet Werbekampagne zum Thema Stillen

Das Füttern eines Kindes, egal ob mit der Brust oder der Flasche, ist eines der natürlichsten und schönsten Dinge, die es gibt. Dennoch wurde jetzt eine neue Werbekampagne zu diesem Thema als "jugendgefährdend“ abgestempelt und Facebook weigert sich sogar, sie zu zeigen.

Tommee Tippee startete seine neue Kampagne „The Boob Life“ letzte Woche. Foto: Tommee Tippee
Tommee Tippee startete seine neue Kampagne „The Boob Life“ letzte Woche. Foto: Tommee Tippee

Tommee Tippee, ein Unternehmen, das unter anderem Babyfläschchen anbietet, hat letzte Woche seine neue Werbekampagne mit dem Namen "The Boob Life“ (zu deutsch: Das Busenleben) herausgebracht. Hier erhält man einen unzensierten Blick darauf, wie ein Kind gestillt wird. Allerdings hatte Facebook zuvor die ursprüngliche ungeschnittene Fassung abgelehnt.

"Uns wurde von Facebook-Vertretern gesagt, dass es zwar Werbung ist, die mit dem Stillen von Babys im Zusammenhang stehe, Facebook aber dennoch keinerlei Nacktheit zulasse. Wir mussten unsere Anzeige bearbeiten, damit es nicht zu negativen Erfahrungen oder Interaktionen von Usern kommt“, erzählte Vanessa Gonzalez, Marketingmanagerin bei Tommee Tippee gegenüber B&T.

"Wenn sich jemand daran stört, dass eine Mutter ihr Baby stillt, soll er einfach wegsehen. Das Zensieren unserer "Boob Life“-Kampagne beruht einzig und allein auf verstaubten Ansichten in Bezug auf Mütter und Frauen. Unternehmen haben mit ihrer Werbung die Möglichkeit, das endlich zu ändern.“

ClearAds, die australische Plattform zur Einstufung von Werbung, hatte das Video wegen der "Nacktheit“ ursprünglich auf 15+ eingestuft. Allerdings wurde diese Beschränkung am Freitag wieder aufgehoben, mit dem Verweis darauf, dass der Spot eher für Erwachsene gedacht sei.

Und obwohl das Unternehmen das Video für Facebook auf eine Version "ohne Nippel“ kürzte, soll sich der Internetriese weiterhin geweigert haben, das Video auszustrahlen. Stattdessen wurde für die Sozialen Medien lediglich eine 15-sekündige Version des Spots zugelassen, die sich nur auf das Produkt konzentriert.

Die ursprüngliche Anzeige wurde als „jugendgefährdend“ eingestuft und darf nicht auf Facebook gezeigt werden. Foto: Tommee Tippee
Die ursprüngliche Anzeige wurde als „jugendgefährdend“ eingestuft und darf nicht auf Facebook gezeigt werden. Foto: Tommee Tippee

"Es wird dadurch vermittelt, dass es etwas Falsches oder Unanständiges ist, was hier passiert. Stattdessen sollten Mütter selbstbewusst und stolz darauf sein, wie sich ihre Körper als Mütter verändern“, so Vanessa weiter.

Sie fügte hinzu, dass die Reaktion Facebooks auf den Werbespot ein besorgniserregendes Zeichen dafür sei, "wie unser Land Mütter behandelt“.

Tommee Tippee hat vor Kurzem eine Studie durchgeführt, die ergab, dass 93 Prozent aller Mütter der Meinung sind, dass die emotionalen, psychischen und physischen Herausforderungen des Stillens von der Gesellschaft nicht ausreichend gewürdigt werden.

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Hieraus entstand die Idee für die besagte Werbekampagne. Diese zeigt eine Reihe verschiedener Mütter, die ihre Babys auf verschiedene Arten stillen. Dazu gehört das Tandemstillen, die Nutzung einer Brustpumpe, eine tropfende Brust und das Füttern mit dem Fläschchen.

Das Unternehmen veröffentlichte die ursprüngliche, ungeschnittene Version auf seiner Webseite.

Der Werbespot zeigt eine Reihe verschiedener echter Mütter in verschiedenen Stillsituationen. Foto: Tommee Tippee
Der Werbespot zeigt eine Reihe verschiedener echter Mütter in verschiedenen Stillsituationen. Foto: Tommee Tippee

Viele Social-Media-User äußerten sich auf Twitter empört über Facebooks Entscheidung, den Clip nicht zu zeigen.

"Alle werdenden Mütter werden ermutigt, ihre Kinder mit der Brust zu stillen. Manche können das aus verschiedenen Gründen nicht und fühlen sich ausgegrenzt oder nicht wie richtige Mütter“, schrieb jemand. "Es sollte mehr Werbung wie diese geben, anstatt sie zu kritisieren. An dem Clip ist wirklich nichts Sexuelles oder Perverses.“

"Ich verstehe nicht, warum Nippel immer als 'sexuell' angesehen werden müssen. Das Stillen mit der Brust ist harte Arbeit und ganz und gar nicht sexy. Ich liebe diesen Spot. Zeigt es doch einfach, wie es ist“, stimmte jemand anderes zu.

Jemand Drittes schrieb: "Ich persönlich möchte meine Nippel nicht zeigen, aber wenn andere Menschen kein Problem damit haben, wer sind wir denn, dass wir dagegen protestieren? Männer können ihre Brust offen zeigen. Warum sollte das bei Frauen anders sein? Diese Werbung ist für mich weder anstößig noch kontrovers, aber ich fürchte, manche Leute könnten empfindlich darauf reagieren.“

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Es ist nicht das erste Mal, das Facebook wegen "enttäuschender“ Zensur von etwas, mit dem Frauen regelmäßig zu tun haben, unter Beschuss steht.

Ende letzten Jahres entschied der Social-Media-Riese, dass eine Werbung für das australische Unternehmen Modibodi, das Menstruationswäsche verkauft, zu "schockierend“ und "sensationslustig“ sei.

Die Kampagne "The New Way to Period” (Periode ganz neu erleben) kam im September heraus. Dabei sollte die Menstruation normalisiert werden, indem Blut mit roter Farbe nachgestellt wurde.

Damals ging Kristy Chong, Gründerin und Geschäftsführerin von Modibodi, gegen die Entscheidung an und kritisierte die Social-Media-Plattform dafür, dass sie den 60-Sekunden-Clip ablehnte. Sie bezeichnete die Entscheidung als "nicht zeitgemäß“.

"Das Ziel unseres Filmes war es, Menschen offener für das Thema zu machen. Einer absolut normalen körperlichen Funktion sollte hier das Stigma genommen werden. Es war nicht unsere Absicht, damit zu provozieren oder sensationslustig zu sein. Wir wollten einfach die normale Seite der Periode zeigen”, sagte sie gegenüber Yahoo Lifestyle.

"Wir leben im 21. Jahrhundert und es ist eine Enttäuschung, dass Facebook das Thema Menstruation nicht normalisieren will.

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"Es ist endlich an der Zeit, uns von dem Tabu zu befreien, das weiterhin für das Thema Menstruation gilt“, war ihr Fazit.

Laut ModiBodi forderte Facebook, dass drei anstößige Szenen, in der rote Farbe genutzt wurde, aus der Werbung entfernt werden. Nur dann würden sie den Clip zulassen.

Naomi Shepherd, Leiterin von Facebook in Australien und Neuseeland sagte gegenüber Mumbrella, dass sie zwar das Video von ModiBodi "liebe“, die Plattform jedoch "sehr hohe Anforderungen“ in Bezug auf das, was erlaubt ist, habe.

"In unseren Community Standards schreiben wir deutlich, was bei der Nutzung unserer kostenlosen Dienste erlaubt ist und was nicht. Bei unserer Werbung auf Facebook gelten allerdings sehr viel höhere Anforderungen und Werbung darf nicht alles zeigen“, sagte sie.

"Unsere Regeln für Werbung sind strikter, da wir sie gegen Bezahlung in den Feeds individueller Nutzer anzeigen. Daher dürfen diese Anzeigen weder Text noch Bilder enthalten, die Nutzer schockieren können oder sich auf die intimen Eigenschaften einer Person konzentrieren, einschließlich ihrer körperlichen oder psychischen Gesundheit.“

Kristine Tarbert

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