Viele Kommunen bei Aufnahme von Geflüchteten an "Leistungsgrenze"

Viele Städte und Gemeinden haben zunehmend Probleme bei der Suche nach geeigneten Flüchtlingsunterkünften und kämpfen daher mit wachsendem Widerstand vor Ort. Daher wurden Forderungen laut, die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer einzustufen. (JENS SCHLUETER)
Viele Städte und Gemeinden haben zunehmend Probleme bei der Suche nach geeigneten Flüchtlingsunterkünften und kämpfen daher mit wachsendem Widerstand vor Ort. Daher wurden Forderungen laut, die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer einzustufen. (JENS SCHLUETER)

Viele Städte und Gemeinden haben zunehmend Probleme bei der Suche nach geeigneten Flüchtlingsunterkünften und kämpfen mit wachsendem Widerstand vor Ort. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, forderte daher eine Aufnahme der Maghreb-Staaten in die Liste der sicheren Herkunftsländer. Die FDP ist ebenfalls dafür, die Grünen lehnen das ab.

Landsberg sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Samstag, viele Kommunen seien "an ihrer Leistungsgrenze bei Unterbringung, Versorgung und Integration von Geflüchteten angelangt". Das führe dazu, "dass der Unmut vor Ort zunimmt". Es fehle nicht nur an Unterkünften, sondern auch an Plätzen in Schulen und Kitas. "Gerade in Gebieten mit großem Wohnungsmangel sinkt die Aufnahmebereitschaft", sagte Landsberg der "NOZ".

Er forderte eine deutliche Ausweitung der in der Regel von Bundesländern betriebenen Erstaufnahmeeinrichtungen, "sodass nur Personen mit Bleibeperspektive auf die Kommunen verteilt werden". Zudem sollten Asylverfahren für Geflüchtete mit geringer Anerkennungschance möglichst bereits an der EU-Außengrenze stattfinden, fuhr der Chef des Städte- und Gemeindesbunds fort.

Landsberg forderte außerdem, weitere Staaten in die Liste der sicheren Herkunftsländer aufzunehmen. Das sei "ein Baustein zur Begrenzung des Zuzugs", sagte er den Funke-Zeitungen. "Da die Anerkennung von Menschen aus den Maghreb-Staaten verschwindend gering ist, wäre es richtig, auch diese Staaten in den Kreis der sicheren Herkunftsländer aufzunehmen." Zu diesen Ländern gehören Algerien, Marokko und Tunesien.

Zuspruch kommt aus der FDP. "Wir brauchen dringend Migrationsabkommen", sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Ich hielte es für richtig, dabei auch über die Maghreb-Staaten zu beraten. Darüber werden wir innerhalb der Koalition sprechen müssen." Die Kommunen und Ehrenamtlichen in Deutschland erwarteten zu Recht, "dass der Bund seinen Beitrag zu mehr Steuerung und Kontrolle leistet", sagte Dürr.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte der "Welt am Sonntag", bei der Kontrolle von Zuwanderung nach Deutschland seien Fortschritte erzielt worden. "Wir dürfen hier aber nicht nachlassen, denn die Zahlen sind so nicht dauerhaft durchhaltbar." Lindner nannte als Maßnahmen "mehr sichere Herkunftsländer, wirksame Abschiebung, Schutz der EU-Außengrenze, Asylverfahren vom Ausland" - ohne jedoch konkrete mögliche Länder zu nennen.

Erst Ende August hatte das Kabinett die Einstufung von Georgien und Moldau als sogenannte sichere Herkunftsländer beschlossen. So sollen Asylverfahren und Abschiebungen, die diese Länder betreffen, beschleunigt werden.

Eine nochmalige Ausweitung der Liste dieser Länder lehnte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ab. "Aus innenpolitischen Gründen außenpolitisch mit dem Rasenmäher vorzugehen, halte ich für einen gewagten Ansatz", sagte Baerbock den Zeitungen der Funke-Mediengruppe und der französischen Zeitung "Ouest-France" vom Freitag. "Daher habe ich immer dafür geworben, von dem Konstrukt der sicheren Herkunftsländer, das Länder plakativ menschenrechtlich abstempelt, wegzukommen."

In der Bundesrepublik beantragten im ersten Halbjahr offiziell 162.271 Menschen Asyl. Davon waren nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gut 150.000 Erstanträge.

Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht sagte dazu der "Neuen Osnabrücker Zeitung", wer wirklich verfolgt werde, verdiene Schutz, aber Migration sei keine Lösung für das Problem der Armut auf dieser Welt. "Es gibt Grenzen, jenseits derer unser Land überfordert wird und Integration nicht mehr funktioniert."

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