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Von Daisy Duke bis Beyoncé: Die Geschichte der sexy Sommer-Shorts

Nur wenige Kleidungsstücke verkörpern den Sommer so gut wie perfekt eingetragene, ausgefranste und zerrissene Jeans-Shorts. Einige nennen sie Jorts (kurz für Jeans-Shorts), während andere sie „Cut-offs“ nennen. Im 21. Jahrhundert sind sie ein Must-Have auf jedem Festival und auch im Alltag sehr beliebt. Die Preisspanne reicht von wenigen Euro für das Vintage-Schnäppchen von Lewis im Second-Hand-Laden bis hin zu rund 860 Euro für dieses mit Schmetterlingen bestickte Valentino-Piece.

Vor den Jorts gab es die Jeans. Es fällt schwer, sich eine denimfreie Welt oder einen denimfreien Kleiderschrank vorzustellen und doch wurde das strapazierfähige, allseits beliebte Kleidungsstück erst Ende des 19. Jahrhunderts erfunden, als Levi Strauss (gemeinsam mit dem Schneider Jacob Davis) 1873 den „Waist Overall“ erfand. Der Name bezog sich darauf, dass er den Körper im Gegensatz zum normalen Overall nur von der Hüfte abwärts bedeckt.

V.l.n.r.: Die Studenten des Los Angeles City College, Karen Erickson, 19, John Zinda, 20, Annette Schiff, 19, Biggio Pennino, 21 und Al Ponce, 19, hören zu, als Jerry Brooks, 18, (zweiter von links) 1951 eine Campus-Verordnung verliest, die Studenten anweist, keine Jeans zu tragen. (Bild von USC Libraries/Corbis via Getty Images)
V.l.n.r.: Die Studenten des Los Angeles City College, Karen Erickson, 19, John Zinda, 20, Annette Schiff, 19, Biggio Pennino, 21 und Al Ponce, 19, hören zu, als Jerry Brooks, 18, (zweiter von links) 1951 eine Campus-Verordnung verliest, die Studenten anweist, keine Jeans zu tragen. (Bild von USC Libraries/Corbis via Getty Images)

Kurze Hosen gibt es seit Anfang des 20. Jahrhunderts, obwohl sie während der 1930er, 40er und 50er sowohl für Männer als auch für Frauen als tabu galten. In einigen US-Städten gab es Mitte des Jahrhunderts sogar Kleidervorschriften, die das Tragen von Shorts bei Strafe verboten.

Obwohl nicht ganz geklärt ist, wann im 20. Jahrhundert die abgeschnittenen Jeans-Shorts erfunden wurden, wissen wir, dass Denim Anfang des 18. Jahrhunderts in Nimes, Frankreich, erfunden wurde. Ursprünglich war das Material wegen seiner absoluten Reißfestigkeit bekannt. (Das Wort „denim“ bezieht sich auf den Geburtsort des robusten Stoffes: es stammt von der französischen Bezeichnung serge de Nîmes ab, was auf Deutsch so viel heißt wie „robustes Gewebe aus Nimes“.

Punkrock-Sängerin und Poetin Patti Smith posiert für ein Studio-Porträt. (Bild von Lynn Goldsmith/Corbis/VCG via Getty Images)
Punkrock-Sängerin und Poetin Patti Smith posiert für ein Studio-Porträt. (Bild von Lynn Goldsmith/Corbis/VCG via Getty Images)

Lange bevor das Wort „Jorts“ erfunden wurde — und im Englischen sogar offiziell Eingang in die Wörterbücher fand —, gewann der kurze Look in den 1970ern an Beliebtheit. Die raue Note, die das traditionelle amerikanische Kleidungsstück plötzlich gewann, machte es in diesem Jahrzehnt besonders beliebt bei den Punk- und Rockmusikern. Es liegt eine subtile, aber mächtige Symbolkraft darin, einen Stoff zu zerreißen, der, obwohl in Frankreich erfunden, mittlerweile doch sehr stark mit der amerikanischen Arbeiterklasse in Verbindung gebracht wurde.

Ende der 1970er trug Patti Smith, ganz allgemein ein großer Denim-Fan, sehr häufig ein Paar grob abgeschnittene Jeans-Shorts mit Aufschlägen – dazu Männerblazer, weite T-Shirts oder übergroße Blusen. Smith kombinierte ihre Cut-offs häufig mit schwarzen Strumpfhosen und trug sie zu allen möglichen Anlässen – großteils wurde sie darin mit ihrem Partner Robert Maplethorpe oder auf der Bühne abgelichtet.

Debbie Harry von Blondie am Strand von Coney Island. (Bild von Roberta Bayley/Redferns)
Debbie Harry von Blondie am Strand von Coney Island. (Bild von Roberta Bayley/Redferns)

Eine weitere Musikikone, die sich den rebellischen Look zu eigen machte, war Debbie Harry: Die Blondie-Frontfrau trug etwa in einer Fotoserie des Rock-Fotografen Bob Gruen aus dem Jahr 1977 eine extrem kurze, extrem zerrissene Version der Cut-Offs.

Daisy Duke, gespielt von Catherine Bach in „Ein Duke kommt selten allein“. (Bild: Everett Collection)
Daisy Duke, gespielt von Catherine Bach in „Ein Duke kommt selten allein“. (Bild: Everett Collection)

Legendär wurde das Kleidungsstück dank Schauspielerin Catherine Bach und der TV-Serie Ein Duke kommt selten allein, die von 1979 bis 1985 ausgestrahlt wurde. Bachs Figur, Daisy Duke, zeigte ihre Reize häufig in superkurzen Cut-offs, um sich aus schwierigen Situationen zu retten, in die sie und ihre beiden Brüder sich manövriert hatten. Die Schönwetterantwort auf die originale Jeans war durch die Serie untrennbar mit dem stereotypen, koketten Sexappeal des Südens verbunden – und die Shorts bekam sogar einen Beinamen, den sie noch heute trägt: „Daisy Dukes“.

Trotz ihres luftigen, freizügigen Aussehens waren die Cut-offs in Ein Duke kommt selten allein nicht unbedingt strandtauglich gestylt. Der TV-Sender hinter der Serie, CBS, bewertete die winzigen Shorts als unangebracht für das Fernsehen, weshalb Bach unter den Cuf-offs in jeder Szene hautfarbene Strumpfhosen tragen musste.

Hinter den Kulissen von „Stunt Women“: Cindy Crawford 1992. (Bild: Shutterstock)
Hinter den Kulissen von „Stunt Women“: Cindy Crawford 1992. (Bild: Shutterstock)

Anfang der 1990er wurden Cut-offs von der Vogue gefeatured. Supermodel Cindy Crawford trug die Shorts 1992 zu einem Fotoshooting in Malibu Beach, wo Herb Ritts Crawford mit ihrem damaligen Ehemann Richard Gere für die Novemberausgabe der Vogue beim Strandspaziergang fotografierte. Der Körper des Supermodels brachte die ausgefransten Levi Shorts perfekt zur Geltung. Vier Jahre bevor die Cut-offs in der Vogue zu sehen waren, hatten auch die langen Originaljeans einen Auftritt auf dem Titelblatt des Magazins, als die damals frisch gebackene Chefredakteurin Anna Wintour 1988 Blue Jeans auf ihr erstes Cover holte.

Einen großen Teil seines Charmes verdankten die Cut-offs der Tatsache, dass sie für viele verfügbar und leicht selbst herstellbar waren. Ein alte Jeans und eine scharfe Schere reichten aus und schon konnte man sie für wenig oder gar kein Geld selbst basteln. Die große Beliebtheit des Marktes für hochwertige Denimstoffe Ende der 90er und Anfang des neuen Jahrtausends brachte bisher nie dagewesene dreistellige Preise für den Klassiker mit sich. Mit Marken wie Frankie B, Seven for All Mankind, Paper Denim & Cloth und True Religion gingen auch die Verkäufe für die kurzen Versionen der Jeans durch die Decke – egal, ob die Stücke absichtlich abgeschnitten wurden oder ob die Leute sie selber kürzten.

Ein Model auf dem Laufsteg der Frühling/Sommer 2000 Chloé Ready-To-Wear-Kollection, die von Stella McCartney entworfen wurde. Zu einem weißen Schlauchtop mit Faltenrand und zerrissenen Hotpants trägt sie hochhackige Sandalen mit weißen und goldenen Riemchen und einen Strohbeutel mit Katzengesicht. (Bild: Getty Images)
Ein Model auf dem Laufsteg der Frühling/Sommer 2000 Chloé Ready-To-Wear-Kollection, die von Stella McCartney entworfen wurde. Zu einem weißen Schlauchtop mit Faltenrand und zerrissenen Hotpants trägt sie hochhackige Sandalen mit weißen und goldenen Riemchen und einen Strohbeutel mit Katzengesicht. (Bild: Getty Images)

Doch die bescheidenen Cut-offs fanden auch auf dem Laufsteg immer mehr Beachtung. 1999, in ihren letzten Kollektionen als Creative Director für Chlóe, zeigte Stella McCartney ultrakurze weiße Shorts, die tief auf der Hüfte saßen (damals der bevorzugte Schnitt, bei dem die Hüftknochen zu sehen waren) und einen besonders stark ausgefransten Saum hatten.

Dann fanden die Shorts dank ihrer Tauglichkeit für Festivals zu ihren musikalischen Wurzeln zurück. Besonders bei einem immer beliebter werdenden Festivals waren sie ein Fixstarter: Coachella. Die alljährliche drei Tage andauernde Fete in der Wüste Indio, Kalifornien, die erstmals 1999 stattfand, machte schon viele Looks tauglich für die Massen – besonders in den letzten fünf bis zehn Jahren –, seien es Jorts, Blumenkränze oder Choker.

Jessica Simpson in der Kinoversion von „Ein Duke kommt selten allein“. (Bild: Everett Collection)
Jessica Simpson in der Kinoversion von „Ein Duke kommt selten allein“. (Bild: Everett Collection)

2005 machte Jessica Simpson mit ihrem Film Ein Duke kommt selten allein auch eine jüngere Generation mit Daisy Duke vertraut (gemeint sind sowohl die Figur als auch deren Shorts). Außerdem erhielt das gesamte Outfit in der modernen Kinoversion der TV-Serie deutlich mehr Sex Appeal (das gilt sowohl für die Länge und die Passform der Hosen als auch für den Ausschnitt und die Knappheit ihrer Oberteile)

Kendall Jenner, 2016, in einer ausgefransten Jacke, Jeans-Shorts und Samtstiefeln. (Bild: Getty Images)
Kendall Jenner, 2016, in einer ausgefransten Jacke, Jeans-Shorts und Samtstiefeln. (Bild: Getty Images)

2015 wurde das Wort „Jorts“ im Englischen ein offizielles Substantiv: Der Begriff, ein Kofferwort aus „Jeans“ und „Shorts“, wurde in diesem Jahr dem Oxford Dictionary hinzugefügt – genau wie andere moderne Begriffe wie Selfie, Twerk oder Guac.

Im vergangenen Jahrzehnt sind Jeans-Cut-offs in ihrer extravagantesten und teuersten Form erneut auf den Laufstegen aufgetaucht. Während Designer Hedi Slimanes Laufbahn als Creative Director von Saint Laurent (2012 bis 2016) zählte zu einer seiner vielen Neuerungen, die er für das französische Modehaus umsetzte, dass er in seine Kollektion extrakurze Schnitte und Punk-Flair einfließen ließ, was sich manchmal in Cut-off-Shorts (oder manchmal, wie bei diesem Saint Laurent Look aus dem Frühjahr 2016, sogar in Cut-off-Jeansoverals) äußerte.

Alexander Wang Frühjahr/Sommer-Kollection 2016 bei der New York Fashion Week. (Bild: Getty Images)
Alexander Wang Frühjahr/Sommer-Kollection 2016 bei der New York Fashion Week. (Bild: Getty Images)

Alexander Wang kredenzte uns in seiner Kollektion vom Herbst 2016 eine kunstvoll ausgetragene Version der Shorts. 2016 war auch das Jahr, in dem die Supermodels Kendall Jenner und Gigi Hadid sich privat in Jorts zeigten.

Gigi Hadid, 2016, in Jeans Shorts, einem T-Shirt, und marineblauem Mantel. (Bild: Getty Images)
Gigi Hadid, 2016, in Jeans Shorts, einem T-Shirt, und marineblauem Mantel. (Bild: Getty Images)
Beyoncé trägt an der Seite von Jay-Z die funkelnden Stiefel von Saint Laurent. (Bild: Instagram)
Beyoncé trägt an der Seite von Jay-Z die funkelnden Stiefel von Saint Laurent. (Bild: Instagram)

Den legendärsten Jorts-Moment der jüngsten Geschichte verdanken wir allerdings der einzigen und wahren Beyoncé und dem natürlichsten Habitat der Shorts: Coachella. Als sie 2018 das Festival besuchte, brachte Queen Bey das Publikum in ihrem ersten von fünf Outfits zum Kochen: eine extrem zerschlissene, maßgeschneiderte, hoch auf der Hüfte sitzende Levi’s Jorts. Dazu kombinierte sie einen gelben Kapuzenpullover aus Satin mit viel Bling, hautfarbene Netzstrümpfe und schillernd bestickte Strumpfhosen. Einige Monate später, im Dezember 2017, präsentierte uns der Superstar ein weiteres denkwürdiges Jorts-Outfit: schwarze Cut-offs kombiniert mit glitzernden, kniehohen Stiefeln von Saint Laurent.

Beyoncé beim diesjährigen Coachella Valley Music and Arts Festival, das im April in Indio, Kalifornien, stattfand. (Bild: Getty Images)
Beyoncé beim diesjährigen Coachella Valley Music and Arts Festival, das im April in Indio, Kalifornien, stattfand. (Bild: Getty Images)

Heute denkt man bei Jeansshorts weniger an Daisy Duke und punkigen DGAF-Rockerstyle, sondern viel mehr an den Street Style der Stars (und natürlich an Festivallooks).

Eine Vielzahl von Stars zeigt sich regelmäßig in Cut-offs – privat und hin und wieder auch auf dem Roten Teppich. Zu den prominenten Jorts-Fans zählen Kate Moss, Taylor Swift, Kim Kardashian, Victoria Beckham, Gigi Hadid, Rihanna (in einem weiteren legendären Coachella-Outfit aus Jorts, einem funkelnden Bodysuit von Gucci und abgestimmter Sturmhaube) und der langjährigen Cut-offs-Liebhaberin Chloë Sevigny.

Wie der robuste, universelle Charakter von Jeans – trotz sich verändernder Schnitte und Saumlängen, die im Lauf der Jahre in Mode und wieder aus der Mode kommen – sind Denim-Jorts das unverzichtbare Pendant für den Sommer.

Rihanna trägt beim Coachella zu ihren Jorts einen funkelnden Bodysuit von Gucci und eine Sturmhaube. (Bild: Instagram)
Rihanna trägt beim Coachella zu ihren Jorts einen funkelnden Bodysuit von Gucci und eine Sturmhaube. (Bild: Instagram)

Die Faszination für Jorts hat vielerlei Gründe: Für die einen versprühen sie dank der unvergesslichen TV-Figur Daisy Duke einen sexy Südstaaten-Vibe, während die anderen sie eher mit einer Punk-Rock-Attitüde à la Patti Smith in Verbindung bringen. Oder, wahrscheinlich, sehen viele darin einen sorgfältig zusammengestellten, aber „lässigen“ Must-Have-Look für das Coachella.

Machen Sie sich darauf gefasst, dass dieses Kleidungsstück uns noch viele Jahrzehnte begleiten wird und mit Sicherheit dank einer neuen Generation von Stilikonen in unterschiedlichen Musikgenres und kreativen Bereichen, persönlichen Stilen und Preisklassen zu sehen sein wird. Mit anderen Worten: Ob Sie sie lieben oder hassen – Jorts sind gekommen, um zu bleiben.

Alexandra Ilyashov