Werbung

Warum es so wichtig ist, dass Promis über psychische Erkrankungen sprechen

Mariah Carey spricht darüber, dass bei ihr 2001 eine bipolare Störung diagnostiziert wurde. (Getty Images)
Mariah Carey spricht darüber, dass bei ihr 2001 eine bipolare Störung diagnostiziert wurde. (Getty Images)

In einem Interview mit der Zeitschrift „People”, die heute erscheint, gesteht Sängerin Mariah Carey, dass bei ihr 2001 eine bipolare Störung diagnostiziert wurde.

Carey sprach erstmals öffentlich über ihr Leben mit einer Bipolar-II-Störung, einer Erkankung bei der der Betroffene depressive Perioden hat, gefolgt von einer Hypomanie, während derer die Person reizbar und hyperaktiv werden kann. Auch wenn es 17 Jahre her ist, dass Carey mit einem physischen und psychischen Zusammenbruch ins Krankenhaus eingeliefert wurde, gesteht sie, dass sie wegen des Stigmas, das psychische Erkrankungen umgibt, nicht bereit war, öffentlich darüber zu sprechen.

„Bis vor Kurzem lebte ich in Verleugnung und Isolation und mit der ständigen Angst, dass jemand es öffentlich machen würde“, erzählte Carey „People“. „Es war eine zu schwere Last, um sie zu tragen und ich konnte so einfach nicht weitermachen. Ich begab mich in Behandlung, ich umgab mich mit positiven Menschen und ich machte wieder das, was ich liebe – Songs schreiben und Musik machen.“

Carey ist der aktuellste Star einer wachsenden Liste von Promis, die offen über ihre psychischen Erkrankungen sprechen. Demi Lovato, Dwayne „The Rock“ Johnson und Model Chrissy Teigen haben alle öffentlich über ihre eigenen Probleme gesprochen, um Diskussionen anzustoßen und auf die Problematik psychischer Erkrankungen aufmerksam zu machen – und ich könnte nicht glücklicher sein.

Zum ersten Mal hörte ich von der bipolaren Störung, als ich neun war. Mein Vater hatte vor Kurzem die Diagnose erhalten und erlebte seine erste schwere depressive Periode, an die ich mich erinnern konnte. Mir wurde erklärt, dass mein Vater krank ist – und das sollten ich oder meine Schwester mit der entfernteren Verwandtschaft oder Freunden nicht besprechen. Es war ein Geheimnis, das wir auf unser Zuhause beschränkt hielten.

Als ich ein Teenager war, war ich an der Reihe, das Stigma und das Schamgefühl zu erleben, das mit psychischen Erkrankungen verbunden ist. Als ich 15 war, wurde bei mir eine schwere Depression in Kombination mit einer Essstörung festgestellt. Ich bekam Medikamente und mein Name wude auf eine sieben Monate lange Warteliste für ein psychiatrisches Behandlungsprogramm im örtlichen Krankenhaus gesetzt. Es war mir zu peinlich, meinen Freunden davon zu erzählen, auch wenn sie alle an meinem Verhalten bermerkten, dass ich mich verändert hatte. Ich hielt meine Erkrankung bis in meine 20er Jahre hinein geheim, als ich einen Rückfall meiner Essstörung erlebte und dringend Hilfe brauchte.

Demi Lovato ist eine von immer mehr Promis, die gestanden, mit einer bipolaren Störung zu leben. (Getty Images)
Demi Lovato ist eine von immer mehr Promis, die gestanden, mit einer bipolaren Störung zu leben. (Getty Images)

Zur Zeit meiner Diagnose waren psychische Erkrankungen noch immer ein Tabuthema. Ich wuchs ohne Promis auf Zeitschriftencovern auf, die über psychische Erkrankungen sprachen oder Kampagnen initiierten, die Spenden für psychische Behandlungsinitiativen sammelten. Zu sehen, dass Menschen wie Mariah Carey, Kendrick Lamar oder Kesha so offen und mutig darüber sprechen, lässt mich über Menschen nachdenken, die ihre Probleme noch immer geheim halten und zu viel Angst haben, sich Hilfe zu suchen. Mit einer psychischen Erkrankung zu leben, kann so sehr isolieren, dass für manche Leute Mariah Carey die einzige Person ist, die sie kennen, die auch eine bipolare Störung hat. Diese kleine Verbindung, die dadurch entsteht, dass man weiß, dass es da jemanden wie einen selbst gibt, ist der erste Schritt auf dem Weg, das Stigma zu durchbrechen, seine Ängste zu überwinden und daran zu arbeiten, sich in Behandlung zu begeben.

In ihrem Interview sprach Carey über die positiven Effekte, die die Therapie und die Medikamente bei der Behandlung ihrer Krankheit hatten.

„Ich nehme tatsächlich Medikamente, die scheinen ziemlich gut zu sein”, sagte Carey. „Ich fühle mich damit nicht allzu müde oder antriebslos oder so was in der Art. Die richtige Balance zu finden ist das, was am wichtigsten ist.“

Dass Carey zugibt, Medikamente zu nehmen, ist wichtig. Denn während die Medikamenteneinnahme oft mit Scham verbunden ist, haben viele Menschen, die eine bipolare Störung, Depressionen oder andere Formen psychischer Erkrankungen haben, aufgrund der möglichen Nebenwirkungen Angst davor, Medikamente einzunehmen oder zu wechseln. Es kann ein langer Weg des Probierens und Scheiterns sein, die Medikamente und die Dosis zu finden, die für einen funktioniert – und das auch nur, wenn man es sich leisten kann.

Während Promis wie Carey die finanziellen Ressourcen haben, sich privat behandeln zu lassen, können sich viele Menschen rund um den Globus solch einen Luxus nicht leisten. Das Fehlen einer ausreichenden, erschwinglichen und konsistenten psychiatrischern Versorgung ist ein entscheidender Faktor, dass diejenigen, die eine Behandlung benötigen, sie nicht erhalten.

Anfang des Jahres sprach Dwayne Johnson öffentlich über seinen Kampf gegen Depressionen. (Getty Images)
Anfang des Jahres sprach Dwayne Johnson öffentlich über seinen Kampf gegen Depressionen. (Getty Images)

So wie viele andere Kanadier bezahle ich die private Therapie und die Medikamente beispielsweise aus eigener Tasche. Dank der steigenden Zahl einflussreicher Leute in den Medien – wie Mariah Carey – fühle ich mich ermutigt, offene und ehrliche Diskussionen zu führen – nicht nur über meine eigenen Probleme, sondern auch über die Notwendigkeit, die staatlichen Ausgaben für die Behandlung psychischer Erkrankungen zu erhöhen. Es gibt mir Hoffnung, dass Menschen, die jünger sind als ich, in einer Umgebung aufwachsen, in der sie nicht länger gezwungen sind, psychische Erkrankungen geheim zu halten. Ich verbeuge mich vor Carey, dass sie sich von der Last des Stigmas befreit hat – so beginnt nicht nur der wirkliche Wandel, sondern so geht er auch weiter.

Elizabeth Di Filippo