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Warum finden wir es noch immer anstößig, wenn Männer Make-up tragen?

Kürzlich wurde bekannt, wie viel Emmanuel Macron für sein Aussehen ausgibt. [Bild: PA]
Kürzlich wurde bekannt, wie viel Emmanuel Macron für sein Aussehen ausgibt. [Bild: PA]

Wenn Sie denken, dass Sie diesen Monat für die neuen Lippenstiftfarben etwas zu viel ausgegeben haben, dann denken Sie an den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der in seinen ersten drei Amtsmonaten offenbar 26.000 Euro für Make-up ausgab.

Laut Politico verrechnete Macrons persönliche Visagistin einmal 10.000 Euro und einmal 16.000 Euro für sein Make-up für Pressekonferenzen und auf Reisen.

Wenn man bedenkt, dass die meisten Deutschen mit 26.000 Euro mehr als zwei Jahre lang die Miete bezahlen könnten, ist das ein ziemlich großer Batzen Geld für Puder und Augenbrauengel.

Was Macron bei TV-Interviews trägt, ist nicht unbedingt das, was wir am Samstagnachmittag vom Benefit Counter holen würden, doch die geringeren (und dennoch riesigen) Summen, die seine Vorgänger in ihre Schönheit investiert hatten, bekräftigen das Offensichtliche: dass solche Summen nicht notwendig sind.

#Macron ist quasi die männliche Version von Kim K., aber sogar sie kauft ihr EIGENES Make-up #26k

Besonders interessant am Medienrummel um das Ganze ist, dass nicht nur Macrons vierstellige monatliche Ausgaben im Fokus stehen. Die Leute finden die Vorstellung ziemlich lustig, dass Macron überhaupt Make-up trägt.

Ein Staatsoberhaupt für seine Ausgaben zu kritisieren, ist die eine Sache, doch es ist nur schwer vorstellbar, dass Macrons Vorliebe für ein ebenmäßiges Gesicht unseren Facebook-Feed genauso zum Glühen bringen würde, wenn er eine Frau wäre (falls es so wäre, könnten wir uns allerdings vorstellen, dass eine kräftige Prise Frauenfeindlichkeit dabei wäre).

Nein – was die Leute so komisch finden, ist die Vorstellung, dass ein erwachsener Mann eine „Frauensache“ macht, besonders wenn es eine „Frauensache“ ist, die schon bei Frauen problematische Reaktionen mit sich bringt.

Verdammt nochmal. Kann er nicht lernen, das selbst zu machen, wie wir anderen auch? https://twitter.com/richardwellings/status/900842631810490370 …

Wenn Macron (39) 26.000 Euro für Make-up ausgibt. Wie viel gibt seine 64-jährige Frau aus??

Die Gesellschaft hat eine konfliktbelastete Beziehung zu Make-up. Alle (Frauen) sollen makellos aussehen, und doch hasst man die Vorstellung, dass die Leute tatsächlich Make-up auftragen.

Frauen werden beispielsweise dafür verunglimpft, dass sie bei der Arbeit kein Make-up tragen, und dann werden sie verunglimpft, weil sie versuchen, sich auf dem Weg zur Arbeit zu schminken.

Und was ist schlimmer als eine Frau, die genauso viel Eyeliner aufträgt, wie wir es von ihr erwarten? Wenn es ein Mann macht.

Doch während einige damit beschäftigt sind, Macron ein „Mädchen“ zu nennen oder sich ähnlich geistreiche Beleidigungen auszudenken, nimmt der Make-up-Markt für Männer Fahrt auf.

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ASOS begann vor Kurzem, Make-up für Männer zu verkaufen. L’Oreal engagierte im Februar das erste männliche Testimonial und der Geschäftsführer des Unternehmens prophezeite, dass es in einigen Jahren eigene Make-up-Regale für Männer geben würde.

Nicht nur die in der Öffentlichkeit stehenden Männer werden für das Tragen von Make-up kritisiert – das beweist die „Diskriminierung“, die ein Angestellter von Currys PC World erfuhr, nachdem er geschminkt bei der Arbeit erschienen war.

Für Männer gelten extrem strenge Parameter, in denen sie sich in Sachen Mode und Schönheit bewegen können, bevor sie dafür angegriffen werden.

Präsident Macron gibt $10.000/Monat für Make-up aus, etwas mehr als Sarkozy ($8.900), aber weniger als das, was Hollande seinem Friseur zahlte ($11.500).

Auch Haarpflege scheint keine sichere Angelegenheit zu sein – wenngleich es hier deutlich mehr Toleranz gibt. Als Reaktion auf die Kritik an Macron dauerte es nicht lange, bis einige darauf hinwiesen, dass sein Vorgänger François Hollande für seinen Friseur offenbar noch mehr Geld ausgab.

Concealer, Lippenstift oder Rouge hingegen? Undenkbar.

Sicher, den Beauty-Markt auch für Männer zu öffnen, könnte bedeuten, sie denselben zerstörerischen Schönheitsstandards zu unterwerfen, mit denen Frauen bereits konfrontiert sind.

Aber wenn wir schon ein Problem damit haben, dass Männer Make-up tragen, dann lieber das und nicht die Angst davor, dass Männer ihr Aussehen selbst in die Hand nehmen.