Warum sich Amazon-Kunden nach dem Einkaufen schuldig fühlen

Amazon ist großer Gewinner der Corona-Krise. Doch das könnte sich laut einer Umfrage bald ändern. Denn die ergab: 40 Prozent der Befragten möchten ihre Einkäufe beim Versandhausriesen reduzieren. 30 Prozent haben nach einer Bestellung ein schlechtes Gewissen.

In this photo illustration Amazon logo is displayed on a smartphone screen in Athens, Greece on April 13, 2021 (Photo Illustration by Nikolas Kokovlis/NurPhoto via Getty Images)
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Eine riesige Auswahl an Produkten, Vergleichsmöglichkeiten, schnelle Lieferung und keine Probleme bei einem eventuellen Umtausch – bei Amazon einzukaufen, ist wunderbar bequem.

Doch es gibt Gründe, die gegen einen Einkauf bei dem weltgrößten Online-Händler sprechen. Immer wieder wird der Konzern etwa wegen schlechter Arbeitsbedingungen kritisiert. Auch moralische Bedenken spielen oft eine Rolle.

Das ergab auch eine aktuelle Umfrage unter 2142 US-Amerikanern, die das Softwareunternehmen Sitecore beim Forschungsspezialisten Advanis in Auftrag gab. 40 Prozent der Befragten gaben an, dass sie die Anzahl ihrer Einkäufe bei Amazon reduzieren möchten. 30 Prozent erklärten, dass sie sich schuldig fühlen, nachdem sie bei Amazon eingekauft haben.

Jüngere Generation hat mehr moralische Bedenken

Für die Umfrage teilte Advanis die Teilnehmer altersbedingt in folgende Generationen ein: Baby Boomer (1946 bis 1964), Generation X (1965 bis 1981), Millennials (auch Generation Y, 1981 bis 1996) und Generation Z (1997 bis 2012).

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Bei der Befragung zeigte sich, dass jüngere Generationen deutlich mehr Reue zeigten, nachdem sie bei Amazon eingekauft haben. 43 Prozent der Generation Z bekannte sich zu Schuldgefühlen, gefolgt von den Millennials mit 37 Prozent und der Generation X mit 34 Prozent.

Im Gegensatz dazu sahen die Baby Boomer, als älteste Teilnehmer der Umfrage, ihre Einkäufe beim Versandhausriesen am wenigsten problematisch. 86 Prozent gaben an, dass sie nach dem Einkauf bei Amazon „erfreut sind, dass ich das bekommen habe, was ich wollte. Ende der Geschichte“.

Die wichtigsten Gründe nicht bei Amazon zu kaufen

Die Teilnehmer wurden außerdem dazu befragt, was sie veranlasst, sich gegen einen Kauf bei Amazon zu entscheiden. Als wichtigste Gründe nannten sie den Erhalt von minderwertigen Waren und bessere Auswahl bei anderen Einzelhändlern mit jeweils 21 Prozent, sowie den Wunsch, andere Händler zu unterstützen mit 12 Prozent.

Als Entscheidungsgründe, was Verbraucher am ehesten von Amazon weglocken könnte, wurden Kaufanreiz/Rabatte (38 Prozent), eine ähnlich (einfache) Kauferfahrung (42 Prozent) und Lieferung am selben Tag (25 Prozent) angegeben.

Faire Bedingungen gegenüber Arbeitnehmern

Auch habe sich gezeigt, dass es der Generation Z wichtiger sei, dass eine Marke ihren gerechten Anteil an Steuern zahlt und zur Wirtschaft beiträgt, als den älteren Befragten (38 Prozent gegenüber 23 Prozent).

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Ähnlich wichtig waren den Jüngeren gegenüber den Älteren, dass die Arbeitspraktiken eines Unternehmens fair sind und es eine positive Bilanz bei der Schaffung von Arbeitsplätzen vorzuweisen hat (40 Prozent gegenüber 24 Prozent). Grundsätzlich hätten die Ergebnisse jedoch gezeigt, dass ein schlechtes Gewissen nicht ausreicht, um Verbrauchergewohnheiten zu ändern, erklärt Sitecore.

Verbraucher wollen den stationären Handel wieder unterstützen

68 Prozent der Befragten sind Mitglieder von Amazon Prime und 54 Prozent aller Teilnehmer gaben an, bei einem Online-Kauf in der Regel erst bei Amazon zu schauen, bevor sie per Suchmaschine andere Angebote überprüfen.

Die überwiegende Mehrheit (72 Prozent) erklärte aber, so bald wie möglich wieder persönlich einkaufen zu wollen, um Händler im stationären Handel zu unterstützen.

„Das Online-Einkaufsverhalten hat sich geändert und einige Online-Websites sind klare Gewinner, aber der Verbraucher ist jetzt wechselbereit, was Amazons Festung zerstören kann“, so Paige O'Neill, Marketing-Chefin bei Sitecore. „Die ,Bleibt-zu-Hause‘-Ökonomie durch Covid hat im vergangenen Jahr zu einem Wachstum des E-Commerce-Verkehrs um 18 Prozent geführt, was dem 18-fachen der regulären Wachstumsrate entspricht.

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Amazon verzeichnete besonders starke Zuwächse, aber das Blatt wendet sich. Unsere jüngeren Generationen haben den Wunsch, sich zugunsten anderer Einzelhändler vom Riesen zu entfernen. Um die Chance jedoch zu nutzen, solange das Eisen heiß ist, müssen Marken und Einzelhändler starke Erfahrungen im digitalen Handel bieten, um von der Amazon-Müdigkeit zu profitieren.“

Rekordgewinne im ersten Quartal 2021

Ob sich Amazons Erfolgsgeschichte fortsetzt oder das schlechte Gewissen der jüngeren Generation beim Amazon-Einkauf wirklich an der Marktmacht des Online-Händlers rütteln kann, bleibt abzuwarten. Im ersten Quartal 2021 übertraf Amazon zumindest erneut deutlich die Erwartungen und steigerte seinen Umsatz um 44 Prozent auf 108,5 Milliarden Dollar. Der Nettogewinn verdreifachte sich und stieg auf einen Spitzenwert von 8,1 Milliarden Dollar.

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