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Weniger Inlandsflüge angestrebt: Passagiere in Züge holen

Ein ICE der Deutschen Bahn fährt im Landkreis Hildesheim über die sanierte ICE-Trasse zwischen Hannover und Göttingen.
Ein ICE der Deutschen Bahn fährt im Landkreis Hildesheim über die sanierte ICE-Trasse zwischen Hannover und Göttingen.

Inlandsflüge gelten als besonders klimaschädlich. Einen kompletten Verzicht oder gar ein Verbot halten Bahn und Luftverkehrsbranche aber für falsch. Man könne auch so sehr viel tun.

Berlin/Frankfurt (dpa) - Mit dem Ausbau des Schienennetzes und einer besseren Zusammenarbeit wollen Bahn und Luftverkehrswirtschaft nahezu jeden fünften Passagier deutscher Inlandsflüge in die Züge holen.

Einen entsprechenden Aktionsplan haben die Deutsche Bahn und der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) am Donnerstag in Berlin unterzeichnet. Ein Verbot von Inlandsflügen zur Minderung des Treibhausgases CO2 lehnten sie ab.

Bei einer optimalen Umsetzung ließen sich nach BDL-Berechnungen jährlich rund 4,3 Millionen bisherige Flugpassagiere auf die Schiene holen, teilten die Beteiligten mit. Das wären rund 18 Prozent des Passagieraufkommens von 23,9 Millionen Inlandsfluggästen aus dem Jahr 2019. Ein genauer zeitlicher Rahmen zum Erreichen dieses Ziels wurde nicht genannt, der Plan enthält aber Elemente für die kommenden zehn Jahre. Kurzfristig rechnen die Fluggesellschaften wegen der Corona-Pandemie mit deutlich geringeren Passagierzahlen und einer nur langsamen Erholung des Geschäftsreise-Segments.

In der Vorkrisen-Gesamtzahl sind rund 8 Millionen Umsteiger für internationale Flüge enthalten, die nach Einschätzung von BDL-Präsident Peter Gerber nicht ohne Weiteres auf den Zug verwiesen werden könnten. Insbesondere bei Langstreckenflügen könne der Kunde immer auch auf ausländische Drehkreuze ausweichen, so dass für die Umwelt nichts gewonnen sei. Auf langen innerdeutschen Verbindungen mit Zug-Fahrzeiten oberhalb von drei Stunden werde es auch langfristig eine Nachfrage nach Luftverkehr geben, erwartet der BDL. Ein Verbot von Inlandsflügen sei der schlechteste Weg, meinte Bahn-Vorstand Ronald Pofalla. Letztlich gehe es um Entscheidungen der Kunden.

In dem Aktionsplan ist neben bereits bekannten Neu- und Ausbauprojekten der Bahn ein wachsendes Angebot an Zubringerzügen zum Flughafen Frankfurt enthalten. Lufthansa und Bahn hatten bereits im März den Ausbau ihres Gemeinschaftsangebots «Lufthansa Express Rail» angekündigt, das um fünf auf dann 22 Startbahnhöfe erweitert wird. Ab Dezember soll es zudem zusätzliche Sprinterzüge zum größten deutschen Flughafen geben. Dort wollen die Partner den Reisenden den Umstieg erleichtern mit besseren Wegen, Ausschilderungen und einem einfacheren Gepäckhandling.

Bislang sind fünf größere deutsche Flughäfen (Frankfurt, Düsseldorf, Berlin, Köln-Bonn und Leipzig-Halle) an Fern- und Nahverkehr der Bahn angeschlossen. Weitere sieben sind mit Nahverkehrszügen erreichbar. Besonders schmerzlich ist die fehlende Fernverkehrsanbindung am zweitgrößten deutschen Flughafen in München. Hier soll eine in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie Varianten einer zusätzlichen Anbindung prüfen. «Wir hoffen auf neue Erkenntnisse», meinte dazu Pofalla.

Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßte die Initiative. «Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, marktwirtschaftliche Mechanismen zu nutzen, um mehr Kunden aus der Luft auf die Schiene zu bekommen», sagte der Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Verbote wie in Frankreich könnten nur ein letztes Mittel sein. Zielführend sei es, den Inlandsflugverkehr von allen Steuervorteilen zu befreien und mit einer Ökosteuer zu belegen. Auch der Linken-Bundestagsabgeordnete Jörg Cezanne forderte eine Kerosinsteuer für Inlandsflüge, um das Tempo der Verlagerung zu steigern.