Werbung

Weniger ist mehr: Russische Schönheiten setzen auf Natürlichkeit

image

Die Kandidatinnen bei der Wahl zur Miss Russia 2016 setzen auf Natürlichkeit: dezentes Make-Up statt knallige Schminke. Foto: Mikhail Svetlov/Getty Images

Russische Frauen müssen gegen viele Stereotypen kämpfen: Blond, mit hohen Wangenknochen, schlank wie eine Birke verlassen sie das Haus niemals ohne High-Heels und pefektes Make-up. Soweit zumindest das Klischee. Doch inzwischen setzen viele Russinnen auf mehr Natürlichkeit.

Von Ljuba Naminova

Unbestritten: Russinnen gehören zu den attraktivsten Frauen weltweit. Es ist bekannt: Ein Großteil von ihnen ist sehr auf ihr Aussehen bedacht. Spaziert man durch Moskaus breite Alleen, vorbei an Platten und Stalinbauten, springen einem schnell zwei Dinge ins Auge: die vielen Schönheitssalons und Blumengeschäfte, rund um die Uhr geöffnet. Die einfache Erklärung dafür klingt so: Russinnen wollen eben schön sein und Russen sie dafür belohnen.

Dass russische Frauen viel Wert auf Schönheit legen, ist auch der Vergangenheit geschuldet. Grau war die Ära des Sozialismus, der Kleidungsstil einheitlich. Nach dem Zerfall des Imperiums strebten die Menschen darum nach Farbe, nach Knalligkeit. Sie wollten raus aus dem Schwarz-Weiß-Film der Sowjetunion. Westliche Marken waren so begehrt, wie noch nie. Mehr als zwanzig Jahre später haben sich die Zeiten, zumindest auf den Laufstegen, geändert. „Trendfarbe diese Saison ist schwarz“, erzählt Aysa Boschaeva, Stilistin aus Moskau, im Interview mit Yahoo Deutschland. Zeitlos elegant und schlicht.

image

Eleganz trifft auf Asi-Style, schicker Mantel auf Jogginghose: Das russische Model Daria Khlynova bei der Mercedes-Benzs Fashion Week in Moskau. Foto: Christian Vierig/Getty Images

Das Motto „Weniger ist mehr“ scheint auch im Osten angekommen zu sein. Zumindest in den Metropolen Moskau und St. Petersburg. Die Moskauerin von heute setzt schon seit Jahren nicht mehr auf High-Heels und kurze Röcke. Der Streetstyle orientiert sich an Metropolen wie Berlin und New York und findet doch seinen ganz eigenen Chic. Der angesagte Designer Gosha Rubchinskiy spielt mit dem sowjetischen Erbe. Das Imperium ist zurück: Seine Shirts sind bedruckt mit Hammer und Sichel-Logos, Hemden tragen den Schriftzug „Zur Arbeit und Verteidigung bereit“, und Socken sind in den Farben der russischen Nationalflagge gestreift. „Gopnik-Stil“ nennen es die Russen. Auf gut Deutsch: Asi-Style. Doch woher kommt diese Rückbesinnung zur Vergangenheit? „Unsere Regierung grenzt sich vom Rest der Welt ab. Vielleicht kehren wir daher als Patrioten zum Russischen zurück“, meint Aysa Boschaeva. Und schiebt hinterher: „Dabei sind die russischen Designer keineswegs günstiger als die westlichen“.

Westliche Luxusmarken sind aufgrund der Sanktionen für den Durchschnittsbürger fast unerschwinglich geworden. Sogar Besuche im Schönheitssalon werden gestrichen. Aus Kostengründen. Davon kann Marina Zorko, Russin und Besitzerin eines Kosmetikstudios in Baden-Baden, ein Lied singen. Seit der Zarenzeit nämlich ist die “Sommersstadt Europas” Sehnsuchtsort - zum Zocken, Kuren und vor allem Shoppen. Doch: „Seit der Krise in Russland kommen immer weniger russische Touristinnen“.

image

“Selbstbewusstsein macht schön”, sagt Irina Shayk. Und Hausmittelchen. Das russische Mode schwört auf natürliche Beauty-Helfer. Foto: Cruks


Zum Glück müssen es nicht immer teuren Beauty-Produkte sein. Viele Russinnen setzen auf Hausmittelchen für den kleinen Geldbeutel: Ein Peeling mit Kaffeesatz wirkt Cellulite entgegen, für streichelzarte Hände gibt’s ein Bad Kartoffelwasser, Kamillentee hellt blonde Strähnen natürlich auf und eine Spülung mit Essig bringt Glanz zurück ins Haar. Auch das russische Top-Model Irina Shayk mag es natürlich. Der InStyle verriet sie, dass sie jeden Morgen ihr Gesicht zur Straffung mit Eiswürfeln abreibt. Statt Bodylotion verwendet sie Kokosöl und nimmt Fischöl-Kapseln für Strahlehaut ein. Das Resultat ist unverkennbar.

Ohne Styling das Haus zu verlassen, kommt für viele Russinnen nicht in Frage

Rund ein Zehntel ihres Gehalts geben russische Frauen für Kosmetik aus. Und das bei einem durchschnittlichen Monatslohn von 485 Euro. Im Verhältnis weit mehr als Deutsche und Französinnen. Ohne Styling das Haus zu verlassen, kommt für viele Russinnen nicht in Frage.

Doch obwohl der No-Make-Up-Trend in Russland wahrscheinlich nie Einzug einhalten wird, wird Natürlichkeit wieder größer geschrieben. Russische Naturkosmetik erfreut sich großer Beliebtheit. Beauty-Produkte mit Extrakten der sibirischen Zwergkiefer, der Moltebeere und der Schneeflechte boomen. Pflanzen, deren Wunderkräfte die Einwohner Sibiriens schon seit Jahrhunderten kennen. Reinigungsöle und flüssige Make-up Kissen, die „Cushions“, importiert aus Korea, sind der neueste Schrei.

image

Powerfrau Palina Rojinski ist der beste Beweis, dass sich Intelligenz, Schlagfertigkeit und gutes Aussehen nicht ausschließen. Foto: Michael Schilling

„Beauty wird in Russland sehr großgeschrieben. Es gibt zwar viele russische Frauen, die zu viel Make-up auflegen, ich finde es aber trotzdem schön, dass die Russinnen so viel Wert auf ihr Äußeres legen“, sagte Palina Rojinski in einem Interview mit der IN. Schön zurechtgemachten Frauen werden oft nicht ernstgenommen, beklagt sie. Dabei beweisen die russischen Frauen damit vor allem eines: „Power und Wissen stehen nicht im Gegensatz zu gutem Aussehen. Und man kann auch mit High Heels sein Diplom schreiben und eine Führungskraft sein.”