Wie beeinflusst die Geburtenrangfolge Charakter und Intelligenz von Geschwistern?

Die Erstgeborenen sind klüger als ihre jüngeren Geschwister. Die Mittelkinder heischen um Aufmerksamkeit. Und die Kleinsten sind die größten Rebellen. Entsprechen diese Charakterisierungen der Wahrheit oder ist alles nur Klischee?

Welchen Einfluss hat die Geburtenrangfolge? (Symbolbild: Getty Images)
Welchen Einfluss hat die Geburtenrangfolge? (Symbolbild: Getty Images)

Schon Wissenschaftler wie Sigmund Freud und Alfred Adler haben sich mit der Frage beschäftigt, inwiefern die Geburtenrangfolge die Persönlichkeit eines Menschen beeinflusst. Noch immer sind sich Forscher über das Thema uneinig. Licht ins Dunkel glauben die Betreiber eines TikTok-Kanals zu bringen. Der Sachverhalt ist hier klipp und klar: Du bist, wann du geboren wurdest.

Die Erstgeborenen

"Die Erstgeborenen haben typischerweise einen größeren akademischen Erfolg", sagt Mitchell Moffit, einer der beiden Betreiber des TikTok-Kanals AsapSCIENCE. "Sie haben ein stärkeres Verantwortungsbewusstsein, bessere Führungsqualitäten und sind reifer." Und: Im Vergleich zu ihren jüngeren Geschwistern bekämen sie von den Eltern in den ersten Jahren mehr Aufmerksamkeit. Andererseits seien sie mit einem größeren Erwartungsdruck konfrontiert.

Die Mittelkinder

Die Mittelkinder, vom Volksmund auch Sandwichkinder genannt, seien "kooperativ, flexibel und sozial", so Moffit. Sie könnten leicht Freundschaften schließen. Dafür seien sie weniger wettbewerbsfähig und ambitioniert, "weil sie nicht so viel Aufmerksamkeit bekommen wie ihre älteren Geschwister". Was sie in der Familie nicht bekommen hätten, das suchten sie in anderen Beziehungen.

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Die Letztgeborenen

Die Letztgeborenen sind laut Moffit "typischerweise charmant, sympathisch und kreativer." Sie hätten ein "wirklich starkes Gefühl für Sicherheit und Vertrauen". Auf der anderen Seite seien sie weniger verantwortungsbewusst und reif als ihre älteren Geschwister. Von den Eltern könnten sie mit "mehr Nachsicht" rechnen, weil diese von ihnen "in der Regel" weniger erwarteten.

Die Einzelkinder

Und dann gibt es noch die Einzelkinder. Diese sind laut Moffit "akademisch fähig und einfallsreich, kreativ und reifer". Aber: "Sie hassen Unordnung und haben gerne die Kontrolle."

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Welchen Einfluss hat die Geburtenrangfolge auf die Persönlichkeit und die Intelligenz der Geschwister? (Symbolbild: Getty Images)

So klar auf den Punkt bringen würden viele Forscher einen so komplexen Sachverhalt sicher nicht. Fakt ist zumindest, dass das Thema schon lange Forschungsgegenstand der Psychologie ist. Anfang des 20. Jahrhunderts war der österreichische Arzt und Psychotherapeut Alfred Adler davon ausgegangen, dass die Geburtenrangfolge Persönlichkeit und Intelligenz der Geschwister beeinflusse. Er glaubte, dass das mit der Art und Weise zusammenhängt, wie sich Eltern zu den einzelnen Kindern verhalten. Zum Beispiel seien Erstgeborene neurotischer als ihre jüngeren Geschwister, weil sie von Mama und Papa mehr Aufmerksamkeit bekämen. Die Jüngsten seien entsprechend rebellischer.

Wahrheiten und Klischees

Neuere Forschungen zeichnen ein anderes Bild. Im Jahr 2015 hat zum Beispiel eine Studie des US-amerikanischen Psychologen Brent Robert von der University of Illinois ergeben, dass die Rangfolge der Geburt kaum bis gar nicht die Persönlichkeit und die Intelligenz der Geschwister beeinflusst. Die Erstgeborenen seien beispielsweise minimal angepasster und dominanter als die später Geborenen. Auch seien die ersten nicht nennenswert klüger als die letzten. Am auffälligsten soll der Zusammenhang zwischen Geburtenrangfolge und verbaler Kompetenz sein. So sollen die Erstgeborenen tatsächlich über bessere sprachliche Fähigkeiten verfügen als ihre jüngeren Geschwister.

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