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Wie ich mit weniger Geld mehr fürs Klima tat

Berlin, Germany - March 15: Symbolic photo on the theme of Healthy Eating for Children. A bread box is filled with bread, fruit and vegetables for a kindergarten child on March 15, 2019 in Berlin, Germany. (Photo by Thomas Trutschel/Photothek via Getty Images)
Essen, das schmeckt und das Klima weniger belastet: Vollkornbrot, Obst und Gemüse aus der eigenen Region - und weniger Fleisch (Bild: Getty Images)

Wir verschwenden Lebensmittel – das kostet und ist blöd fürs Klima. Aber es lässt sich ändern.

Neulich besiegte ich meinen inneren Schweinehund. Ich aß einen Joghurt – deutlich über dem Mindesthaltbarkeitsdatum. Und ich überlebte. Es schmeckte sogar wie immer. Mit Milchprodukten bin ich nämlich vorsichtig, rasch wittere ich Vergärung. Auch jeder Anflug von Schimmel ist mir ein Gräuel, da reagiere ich panisch; zu meiner Entschuldigung kann ich anführen, einmal ein halbes Jahr zur Untermiete in einem Souterrainzimmer gewohnt zu haben, in dem es an den Wänden leicht schimmelte und mir einen nachhaltigen Schauder verursachte.

Aber der Joghurt – den wollte ich jetzt nicht wegschmeißen. Einerseits hatte ich Hunger. Und dann war in mir der Zweifel gewachsen, ob dieses Datum auf dem Produkt tatsächlich so etwas ist wie die rote Linie in eine No-Go-Area hinein, wie die Mauer im Norden der sieben Königslande von „Game of Thrones“. Ich hatte auch ein schlechtes Gewissen, weil der Joghurt noch unangetastet war. Plastik, Metalldeckelschicht, der Inhalt, alles für die Katz?

Klimaschutz fängt im Kleinen an

Da merkte ich, dass ich mit Lebensmitteln weniger leichtfertig umgehen sollte. Essen ist schnell weggeschmissen, die Supermärkte sind ewig voll, und vieles von dem kostet nicht wirklich viel. Aus den Augen, aus dem Sinn – das ist bequem. Aber es hilft uns nicht weiter. Und warum sollte ich nicht Geld sparen, indem ich bereits von mir Gekauftes auch konsumiere, damit ich nicht gleich nochmal zum Laden laufen muss?

Es hilft sicherlich, auf eine „Fridays for Future“-Demonstration zu gehen. Und im Kleinen lässt sich der Klimawandel ebenfalls bekämpfen, zum Beispiel indem ich diesen Joghurt esse (ohne Bauchschmerzen zu kriegen).

Denn Klimaschutz macht vor niemandem halt. Der jüngste „Deutschlandtrend“ hat herausgefunden, wie unzufrieden wir Deutschen mit den Maßnahmen gegen den Klimawandel sind. Regierung, Unternehmen, andere Länder, alle machen zu wenig. Wenn es aber an die eigene Tasche geht, sind wir Deutsche plötzlich verhalten. Die Einführung einer CO2-Steuer wird mehrheitlich abgelehnt, obwohl wir damit selbst ein Mittel in die Hand kriegen, unseren persönlich CO2-Verbrauch ein Stück weit zu steuern. Und die Anschaffung von Autos mit Verbrennungsmotor teurer machen – das wollen wir auch nicht. Ich finde das ein wenig widersprüchlich.

Dabei tut vieles, was wir unternehmen können, nicht wirklich weh. Da könnten wir zuerst mit einigen Mythen aufräumen. Das Mindesthaltbarkeitsdatum zum Beispiel ist nur eine grobe Orientierung und nicht zu verwechseln mit einem Verfallsdatum. Sowas sollte die Industrie längst kenntlicher machen. Und beim Fleischkonsum lässt sich auch einiges ändern. Ich esse Fleisch und werde es wohl nie hinkriegen Vegetarier zu werden, zu vernarrt bin ich in Fleisch und Wurst. Aber ich versuche bewusster zu essen. Fleisch muss nicht immer der Mittelpunkt eines Essens sein.

Gut ist es auch noch

Vor kurzem habe ich für einen Bericht zu so genannten „Blauen Zonen“ recherchiert, das sind Gebiete, in denen die Menschen besonders alt werden. Diese Zonen liegen in Sardinien, in Griechenland, Japan und Costa Rica. Gemein haben die Leute dort, dass sie mitunter alles essen, aber maßvoll. Hara hachi bu, sagt man auf Okinawa: Höre auf zu essen, wenn dein Magen zu 80 Prozent voll ist. Ich hab es ausprobiert. Das merkt man. Es funktioniert.

Fleisch ist kostbar. Nur machen wir persönlich die Rechnung selten auf: Um ein Kilogramm Fleisch zu produzieren, sind 15 Kilogramm Futter notwendig - dafür braucht es eine Fläche von 40 Quadratmetern. Auf dieser Fläche könnte man 120 Kilogramm Karotten und 80 Kilogramm Äpfel ernten. Auch viel Wasser "fließt" in jedes Schnitzel. Zugleich stößt jede Kuh Methan aus, das als Treibhausgas noch schädlicher ist als Kohlendioxid. Ab und zu werde ich weiterhin ein Schnitzel essen. Und es dann mehr genießen.

Wenn es geht, aufs Auto und aufs Fliegen verzichten, mehr Fahrrad fahren, nicht gegen Windkraftanlagen in der Wohnortnähe lästern und auch nicht gegen die geplante Stromtrasse in der Region – all dies kann uns zu Klimahelden machen. Darauf einen Joghurt von gestern.

Video: UN-Bericht warnt: Klimawandel verstärkt weltweite Armut