Wiederholungstäter: WDR sorgt mit Karnevalsendung für Rassismus-Kritik

Der WDR hat einmal mehr eine Rassismus-Debatte ausgelöst. Diesmal sorgt der Sender mit einer rassistischen Faschingssendung für Ärger.

GELSENKIRCHEN, GERMANY - DECEMBER 28: (BILD ZEITUNG OUT) Mikrofon des WDR during the Biathlon World Team Challenge at Veltins Arena on December 28, 2019 in Gelsenkirchen, Germany. (Photo by TF-Images/Getty Images)
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Es ist Karnevalszeit – Zeit, jeck zu sein, Zeit für Witze, Spott, Satire – und Skandale. Für einen solchen hat – einmal mehr – der WDR gesorgt. Wieder ist der Sender mit Rassismus-Vorwürfen konfrontiert. Diesmal geht es um das Thema Blackfacing.

Stein des Anstoßes ist die Fastnachtssendung "Jet zo fiere! Das Beste aus der Verleihung des Ordens 'Wider den tierischen Ernst'", die der WDR am Samstagabend ausstrahlte. Es handelte sich um einen Zusammenschnitt der besten Auftritte aus der Geschichte des im Titel genannten Preises, den der Aachener Karnevalsverein seit 1950 verleiht. Geehrt werden mit dem Orden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die "Individualität, Beliebtheit und Mutterwitz in sich vereinen", wie es heißt, sowie "Humor und Menschlichkeit im Amt bewiesen haben".

Blackfacing aus dem Archiv

Zum Besten der Veranstaltungsgeschichte gehört offenbar auch eine Büttenrede von Désirée Nick aus dem Jahr 2010. In der rund vier Minuten langen Ansprache stichelt die Entertainerin gegen die damaligen Akteure des politischen Geschehens, darunter Franz Müntefering und die "parlamentarische Krabbelgruppe" Philipp Rösler und Karl-Theodor zu Guttenberg. Für einen Skandal sorgt heute allerdings nicht, was Nick damals sagte, sondern wie die Büttenrede inszeniert war und der Umstand, dass der WDR sie trotzdem noch einmal ausstrahlte.

Denn verkleidet ist die Satirikerin Nick als "Nofretete aus Berlin". Flankiert wird die lebendig gewordene Büste aus dem Ägyptischen Museum Berlin von einer Frau im Hintergrund, die ihr mit einem übergroßen Palmenblatt Luft zu wedelt, und zwei Männern. Diese beiden Diener links und rechts der Pharaonen-Gattin sind der Aufreger. Sie stellen schwarze Diener dar, im Sketch werden sie allerdings von weißen Männern mit schwarz geschminkten Gesichtern verkörpert. Es ist ein Beispiel für das Phänomen des so genannten Blackfacing. Damit wird eine Form des Rassismus' bezeichnet, die auf Theaterpraktiken vergangener Zeiten zurückgeht, als schwarze Charaktere von weißen Schauspielern dargestellt wurden. Nicht selten kamen in den Inszenierungen rassistische Vorurteile zum Vorschein.

Hitzige Diskussion im Netz

Die elf Jahre alte Rede noch einmal ausgestrahlt zu haben, dafür steht der WDR nun in der Kritik. Im Netz wird über den Fauxpas rege diskutiert, bei einigen Teilnehmern ist die Empörung groß. "Hey WDR", schreibt eine Nutzerin auf dem sozialen Netzwerk Twitter, "ihr wollt halt auch einfach nichts lernen oder? Rassistische Sprache diskutieren und jetzt blackfacing ausstrahlen?" Eine andere Nutzerin ist der Meinung: "Der WDR ist offenbar ein Rassistensender". Das sei für sie der "(einzig) legitime Grund, diesen Sender abzuschalten". In einem weiteren Kommentar heißt es: "ahhh, das meint der WDR mit Themenschwerpunkt Rassismus also".

Der Sender war vor rund zwei Wochen schon mal Mittelpunkt einer Rassismus-Debatte. In der Ende Januar ausgestrahlten "Meinungstalk"-Sendung "Die letzte Instanz mit Moderator Steffen Halaschka war auch über die Frage diskutiert worden, inwiefern "das Ende der Zigeunersauce" ein "notwendiger Schritt" sei. Aus Sicht der Kritiker leisteten sich Sender und Diskussionsteilnehmer mehrere Entgleisungen. Die Zusammensetzung der Runde bestand nur aus weißen Gästen, darunter Thomas Gottschalk und Janine Kunze, die wiederum "unkritisch" und "naiv" mit dem Thema Alltagsrassismus umgegangen wären und zudem rassistische Begriffe verteidigt hätten.

Wiederholungstäter WDR

Die Welle der Empörung zwang den WDR, sich dafür zu entschuldigen, "ernste Themen in einer so unpassenden Gästezusammenstellung produziert und ausgestrahlt" zu haben. In einer weiteren Stellungnahme teilte der Sender mit, als Reaktion auf die Debatte um die Talk-Sendung einen "Schwerpunkt" zum Thema Rassismus zu veranstalten. Die für März dieses Jahres geplante "Programmidee" soll "nicht nur als Gesprächsformat angelegt" sein, "sondern auch eine filmische Aufarbeitung" des Themas beinhalten. "Bei der konkreten programmlichen Reaktion ist den Redaktionen klar", so der Sender, "dass sie eine Form finden wollen, die den Betroffenen, der Komplexität des Themas und dem Austausch darüber gleichermaßen gerecht wird.

Auch zum Blackfacing-Fauxpas hat der WDR Stellung bezogen. Man habe "die entsprechenden Bilder in der Mediathek durch eine Texttafel ersetzt", mit der auf die Problematik hinwiesen werde, teilte der Sender am 14. Februar auf Twitter mit. Die Szene hätte nicht in den Zusammenschnitt genommen werden dürfen. "So etwas darf uns nicht passieren – erst recht nicht nach den Diskussionen der vergangenen Wochen." Der Vorfall zeige, dass der Sender "noch viel zu tun habe".

Auch Nick distanzierte sich von der Inszenierung: "Der Auftritt wurde vom WDR konzipiert, ich kannte die beiden Jungs nicht, die da plötzlich auf der Bühne standen. Der WDR hat sich das ausgedacht, auch den Text, und war weisungsbefugt", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

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