ZDFzeit über den Buckingham-Palast: Geheimnisse und Tragödien im Königshaus

 Queen Elisabeth auf dem Weg zu ihrer Krönung. Millionen Menschen auf der ganzen Welt starrten damals gebannt auf ihren Fernseher. Foto: Screenshot / ZDF
Queen Elisabeth auf dem Weg zu ihrer Krönung. Millionen Menschen auf der ganzen Welt starrten damals gebannt auf ihren Fernseher. Foto: Screenshot / ZDF

Die Dokumentation von Duncan Bulling will den royalen Palast in den Fokus rücken. Aber eigentlich ist der nur ein Vehikel, um die immergleichen Geschichten über die Krone zu erzählen. Ja, die Beziehung des Volkes zur Queen ist spannend, weil sie so ambivalent ist, so viele Wendungen erfahren hat. Es gibt Schicksale und Dramen, Romanzen und ein Todesfall, Glamour und schmutzige Wäsche. Aber all das ist bekannt und wurde in unzähligen Büchern und Filmen und Serien und Artikeln behandelt. So macht die neue Ausgabe von ZDFzeit dem Zuschauer vor allem eins klar: Zwar umschließen den Buckingham-Palast hohe Mauern, aber Geheimnisse konnten diese noch nie bewahren.

Seit über 80 Jahren ist der Prunkbau im Herzen Londons das Zuhause der Queen. Er ist ein Touristenmagnet und Sehnsuchtsort, zugleich war und ist er Bühne für die größten Momente der britischen Krone. Dazu gehört:

Ort der Krönung der Queen

Zum ersten Mal in der Öffentlichkeit steht der Buckingham-Palast bei der Krönung Elisabeths. Das Königshaus sieht sich zuvor der Debatte ausgesetzt, die Zeremonie öffentlich zu halten. Das Fernsehen will live übertragen. Bis dato ist es nicht üblich, geradezu unschicklich, das Volk in dem Maße teilhaben zu lassen. Kate Williams, Historikerin, sagt: „Dem Hofstaat graute es davor, die Krönung im Fernsehen zu zeigen. Man befürchtete, dass sich die Menschen respektlos verhalten würden. Dass sich die Männer betrinken oder ihre Hüte nicht abnehmen würden.“

Zu dieser Angst kommt noch eine gewisse Rückwärtsgewandtheit der königlichen Berater. Wieso ändern, was sich immer fügte? Konservatismus als Streben nach Sicherheit, ein Konzept, das im Laufe der Geschichte immer wieder neu auf den Prüfstand gestellt wurde und noch heute wird. So oft ein konservativer Ansatz richtig sein kann, zum Glück für das britische Königshaus entscheidet es sich damals für die Übertragung. Denn 300 Millionen Menschen verfolgen das Spektakel, sehen, wie die Queen in ihrer pompös goldenen Kutsche mit mannshohen Rädern, purpurnen Bezügen und Schimmeln, vor dem Palast einfährt. Diese Szene allein macht Elisabeth zum Weltstar.

Ein schmutziger Ort

Aber der Palast sieht nicht immer prunk und schick aus. Karina Urbach, Historikerin, sagt: „Der Palast war ein sehr schmutziges Haus, die Bediensteten galten als sehr faul, es gab Ratten und die Kamine zogen nicht ab, es gab also kein Feuer.“ Königin Victoria beginnt daher Mitte des 19 Jahrhunderts, um ihren neun Kindern ein schönes Heim zu bieten, das Königshaus umzubauen. Doch ihr Mann stirbt an Typhus und sie flüchtet aufs Land. Der Umbau steht lange still. Bis Georg V. das Werk vollendet.

Der Palast wird zu einem Prunkbau, außen verkleidet mit weißem Kalkstein, innen exzessiv dekoriert mit viel Gold und Pomp. Als Zentrum einer Monarchie, eines Weltreichs, würdig.

Doch der Schein bröckelt, nicht nur sprichwörtlich: Das königliche Gemäuer ist in die Jahre gekommen. Es muss dringend renoviert werden. Es gibt Rohrbrüche, Stuck platzt ab, einmal wäre, so erzählt man sich, beinahe Prinzessin Anne getroffen worden. Eine teure Generalüberholung ist also nötig, aber das will kein Monarch in seiner Amtszeit erledigen.

Über 400 Millionen Euro soll die Renovierung kosten. Wie auftreiben? Mit noch mehr Besuchern und noch mehr Eintrittsgelder vielleicht. Aber darum muss sich der nächste Thronfolger kümmern, Prinz Charles. Der ist sowieso nicht erpicht, im Buckingham-Palast zu wohnen, er will ihn stattdessen mehr der Öffentlichkeit zugänglich machen und die royale Verwaltung darin unterbringen. Bricht also eine neue Ära an?

Der Buckingham-Palast in einem schrecklichen Zustand. Schätzungen zufolge soll eine Generalüberholung 400 Millionen Euro kosten. Das muss aber Elisabeths Nachfolger wuppen, sie tut sich das nicht mehr an. Foto: Screenshot / ZDF
Der Buckingham-Palast in einem schrecklichen Zustand. Schätzungen zufolge soll eine Generalüberholung 400 Millionen Euro kosten. Das muss aber Elisabeths Nachfolger wuppen, sie tut sich das nicht mehr an. Foto: Screenshot / ZDF

Ein Ort des Widerstandes

Im Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1940, treffen bei Fliegerangriffen 16 Bomben den Palast. Trotzdem verbleibt die königliche Familie darin, sie will ein Signal senden an ihr Volk. Die erst 14-jährige Elisabeth macht ihre vierhundert Wände sogar zu einem Schießstand und übt an Ratten mit ihrer Pistole. Der Palast wird zum Widerstand gegen den Krieg.

Adolf Hitler erkennt die Gefahr, die von Elisabeth ausgeht. Er attackiert sie für ihr Sendungsbewusstsein, für ihre propagandistischen Kraft, das Volk hinter sich zu einen. Und tatsächlich gelingt es der jungen Prinzessin, die 1940 ihre erste Radio-Rede hält, mit ihrem Mut und ihrer Entschlossenheit ein Vorbild zu sein.

Ein Ort der Schicksale

Aber eigentlich geht es in der ZDFzeit-Ausgabe wieder nur darum, was die Royals so treiben, seit Jahrhunderten. Denn eingewoben in die bauwerklichen und historisch bedeutenden Schnappschüsse des Palastes sind zahlreiche royale Eskapaden, wie etwa die Beziehung von Prinzgemahl Philip zu seiner „teuflischen Schwiegermutter“, der „Mother in law from hell“. Und wie er ihr die Heizung abdrehte, um sie aus dem Palast zu jagen.

Oder wie Philip den Bediensteten-Apparat straffen wollte. Wobei, das war wirklich bitter nötig, denn die Korrespondenzen unter den Palast-Bewohnern liefen zu der Zeit über handgeschriebene Nachrichten, die ein Diener auf einem Silbertablett dem Empfänger servierte. Da kann man wirklich mal prozessoptimieren. Aber die königlichen Berater, die alte Garde des Schlosses, mobbte Philip letztlich aus dem Haus. Bis der sich in eine Art „Playboy-Club“ flüchtete und – nachdem Gerüchte um andere Frauen laut wurden – auf eine Weltreise geschickt wurde.

Auch die Affäre von Prinzessin Margaret, Elisabeths Schwester, und Peter Townsend, einem Kriegshelden und königlichen Stallmeister wird nochmal aufgerollt. In einer Animation zeigt die Doku sogar, wo die Schlafgemache der beiden im Buckingham-Palast lagen. Eigentlich lustig, dieser historische Voyeurismus: Wie die Verliebten nachts für ein Techtelmechtel heimlich die Treppen hoch und runter, über den Flur der Bediensteten und dann durch ein Ankleidezimmer des Rates schleichen mussten. Aber auch hanebüchen überflüssig.

Und sogar der bis-ins-letzte-Eckchen-durchleuchtete Streit zwischen Diana und Elisabeth wird mal wieder aufgegriffen, dass die Queen lange der Trauerfeier nach dem Tod der Prinzessin fernbleibt und die Stimmung im Volk gegen das Königshaus schlägt. Aber ist ja nochmal gut gegangen, nachdem die Queen sich entschuldigt. Vor zwei Milliarden Fernsehzuschauern.

Alles schon gehört, alles schon gesehen, alles schon gelesen. Die Königshäuser der Welt, vor allem das britische, üben fraglos eine große Faszination aus in der ganzen Welt. Aber eine Doku über den Palast und seine Geheimnisse anzukündigen und stattdessen nur olle Kamellen zu zeigen ist nicht faszinierend. Sondern durchschaubar und ziemlich langweilig.