Regierungsziel beim Wohnungsbau 2022 mit unter 300.000 Fertigstellungen verfehlt

Die Zahl der in Deutschland fertiggestellten neuen Wohnungen ist im vergangenen Jahr leicht angestiegen - sie bleibt aber deutlich unter dem Ziel der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr.
Die Zahl der in Deutschland fertiggestellten neuen Wohnungen ist im vergangenen Jahr leicht angestiegen - sie bleibt aber deutlich unter dem Ziel der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr.

Die Zahl der in Deutschland fertiggestellten neuen Wohnungen ist im vergangenen Jahr minimal auf rund 295.000 angestiegen - sie bleibt damit aber deutlich unter dem Ziel der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) sprach am Dienstag von einer "stabilen" Lage am Bau trotz Krise - der Ministerin schlug allerdings scharfe Kritik angesichts des verfehlten Bauziels entgegen. Die Branche gab für dieses Jahr einen düsteren Ausblick.

Genau 295.300 neue Wohnungen wurden hierzulande 2022 fertiggestellt, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das waren 1900 oder 0,6 Prozent mehr Wohnungen als 2021. Die Zahlen des Statistikamts umfassen sowohl den Neubau als auch Baumaßnahmen in bestehenden Gebäuden.

Dabei stiegen unter anderem die Fertigstellungen in Zweifamilienhäusern (plus 14,1 Prozent) sowie in Mehrfamilienhäusern (plus 1,5 Prozent). Bei den Einfamilienhäusern ging die Zahl um 1,5 Prozent zurück. In Wohnheimen sank die Zahl fertiger Wohnungen um 14,5 Prozent deutlich ab.

Zugleich stieg der sogenannte Bauüberhang an - dabei handelt es sich um genehmigte, aber noch nicht fertiggestellte Wohnungen - und das trotz eines Rückgangs der Baugenehmigungen für Wohnungen um 7,0 Prozent. Nach Angaben der Statistiker betrug der Überhang im vergangenen Jahr 884.800 Wohnungen, das waren 38.400 mehr als 2021.

Ministerin Geywitz sprach mit Blick auf die Zahlen von einer "beachtlichen Leistung der kompletten Baubranche" angesichts eines Krieges, mehrerer Förderstopps im vergangenen Jahr sowie steigender Zinsen. Außerdem belasteten weiterhin Materialengpässe und ein spürbarer Fachkräftemangel die Branche. Vor diesem Hintergrund seien die Zahlen zwar weit entfernt vom Ziel von 400.000 Wohnungen, aber "nicht das Schreckensszenario", das zuletzt von vielen an die Wand gemalt worden sei.

Die Branche selbst sowie die Opposition sahen das anders. Nötig sei ein "Weckschrei" an die Politik, erklärte die Gewerkschaft IG BAU, denn dieses Jahr werde es ein "regelrechtes Abrutschen der Neubauzahlen geben". Die jüngsten Zahlen deuteten auf ein "Desaster auf dem Wohnungsmarkt" hin. Der Staat müsse daher ein Milliardenpaket für den bezahlbaren und sozialen Wohnungsbau schnüren und ein Sonderprogramm auflegen, um auf Eis liegende Bauvorhaben zu retten.

Die Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und das Baugewerbe rechnen dieses Jahr "bestenfalls mit 250.000 fertiggestellten Wohnungen". Auch 2024 sei kaum Besserung in Sicht, denn die Fertigstellungszahlen "werden angesichts dramatisch eingebrochener Baugenehmigungen weiter sinken". Es drohten "Kurzarbeit und Beschäftigungsabbau, aber auch Wohnungsnot und hohe Mieten".

Auch der wissenschaftliche Direktor des IMK der Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, erklärte, das verfehlte Bauziel der Politik sei "umso tragischer, als dass die Zahl der fertig gestellten Wohnungen in den kommenden Jahren abnehmen dürfte - vor allem aufgrund der zuletzt massiv gestiegenen Zinsen". Der hohe Bauüberhang bedeute nicht, "dass dieser sich auch zwingend tatsächlich in höherer Bauaktivität niederschlägt". Möglich seien vielmehr auch gestrichene oder stornierte Bauvorhaben sowie abgelaufene Baugenehmigungen.

Union und Linke warfen der Regierung ein Scheitern bei der Baupolitik vor. "Es wird nicht nur deutlich zu wenig gebaut, sondern leider auch das Falsche", erklärte die Linken-Wohnungsexpertin Caren Lay. "Notwendig wäre, ab jetzt in den Innenstädten statt teurer Eigentumswohnungen klimagerechte, soziale und bezahlbare Wohnungen zu bauen."

Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) sprach von einem "Trauerspiel auf ganzer Linie". Ausgerechnet die Regierung, die sich so gerne als sozial gebe, bekomme mit der Wohnungsnot eine der drängendsten sozialen Fragen unserer Zeit nicht gelöst, sagte er dem Portal "t-online".

hcy/ilo