Gesundheits-Mythen aufgeklärt: Sechs vermeintlich gesunde Dinge, die deine Zähne schädigen
Viele Menschen greifen zu Hausmitteln, um ihre Gesundheit zu unterstützen, ihren Körper zu entgiften und Gewicht zu verlieren. Eine Zahnmedizinerin prüft Ratschläge von Internet-Influencern und selbsternannten „Gesundheitsgurus“ und erklärt, welche Schäden sie für unsere Zähne haben können.
Anna Middleton, Gründerin von „London Hygienist“ erklärt gegenüber Yahoo UK: „Wenn wir nach Ratschlägen suchen, die sich um unsere Gesundheit drehen, sollten wir uns auch sicher sein, dass die Tipps nicht nur korrekt sind, sondern uns auch nicht schaden“. Leider werden heutzutage aber oftmals zuverlässige Quellen durch nicht-wissenschaftlichen Stimmen verdrängt, die in Form von Influencern, Bloggern und Promis die Runde machen.
„Ich suche mir lieber medizinischen Rat bei einem ausgebildeten Berufsmediziner und nicht jemandem, der so tut, als hätte er Ahnung, nur weil er 10.000 Instagram-Abonnenten hat”, meint Middleton. Als ausgebildete Zahnmedizinerin wolle sie vor allem über Hausmittel-Trends sprechen, die zwar der Gesundheit förderlich sein sollen, die das Zahnbild allerdings nicht verbessern, sondern im schlimmsten Fall sogar verschlechtern.
Zitronenwasser
Die „Gesundheitselite” schwört auf heißes Wasser mit einer Scheibe Zitrone, um das Immunsystem zu stärken, schlank zu bleiben und mehr Energie zu haben. Es heißt, dass Zitrusfrüchte in Wasser beim „Entgiften“ helfen.
Middleton stellt klar, dass nur Leber und Nieren für den Abbau von Giftstoffen wie Drogen, Medikamenten und Alkohol verantwortlich sind. Ein heißes oder kaltes Zitronen-Wasser biete je nach Jahreszeit sicher einen erfrischenden Start in den Tag, mit dem Entgiften des Körpers habe es aber nichts zu tun. Außerdem enthalten Zitronen extrem viel Säure. “Dadurch kann sich der Zahnschmelz auflösen”, meint Middleton. Durch die Anpreisung von Zitronen-Wasser sei die Anzahl der Patienten, die unter permanentem, irreparablem Abbau des Zahnschmelzes leiden in den letzten Jahren gestiegen. “Die Folge sind empfindliche Zähne, die schneller gelb werden und ein höheres Risiko für Karies tragen“, so Middleton.
Mundspülungen mit Kokosöl
Das sogenannte Öl-Ziehen, bei dem man seinen Mund etwa 20 Minuten lang mit Kokosöl ausspült, soll dem Körper helfen zu „entgiften“, bei Zahnfleischentzündung helfen und die Zähne weißer machen. Die Zahnmedizinerin empfiehlt aber, bei einer Zahnfleischentzündung zum Arzt zu gehen und diese professionell diagnostizieren und behandeln zu lassen. „Denn jeder Patient benötigt eine auf ihn zugeschnittene Mundpflege-Routine“, sagt Middleton. Das Ausspülen mit Öl allein helfe da nicht.
Eine Zahnfleischentzündung zeigt sich laut NHS durch geschwollenes, schmerzendes oder entzündetes Zahnfleisch, dass beim Putzen bluten kann oder schlechten Atem zur Folge hat. Unbehandelt kann daraus Parodontose werden, die das Zahnfleisch angreift. Mit der Zeit kann sogar der Kieferknochen geschädigt werden und die Zähne fallen dadurch irgendwann aus.
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„Die größte Gefahr liegt darin, dass Menschen ihre eigentliche Zahnpflege durch das Spülen mit Kokosöl ersetzen“, sagt Middleton. Denn Öl-Ziehen ersetze in keinem Fall zweimal tägliches Zähne putzen, Zahnseide anwenden oder Bürsten für die Zahnzwischenräume nutzen. Denn nur so entferne man Zahnbelag und Essensreste von den Zähnen und beuge somit Zahnfleischentzündungen und anderen Erkrankungen von Mund und Zähnen vor.
„Gesundes“ Trockenobst
Viele von uns geben zum Frühstück gern getrocknetes Obst auf ihr Bircher-Müsli oder greifen zu Rosinen, um die Zeit bis zum Abendbrot zu überbrücken. Beim Snacken sollte man aber Vorsicht walten lassen. Middleton warnt davor, dass das häufige Naschen von Trockenobst durch den hohen Zuckeranteil und die klebrige Konsistenz die Zähne schädigen kann. „Trockenobst kann in den Spalten und Einbuchtungen der Zähne steckenbleiben, wo sich leicht Karies bilden kann“, erläutert die Zahnmedizinerin.
Apfelessig
Supermodels wie Miranda Kerr schwören darauf, etwas probiotisch-reichhaltigen Apfelessig in ihr Wasser zu geben: Er soll entgiften und das Abnehmen unterstützen. „Viele Studien geben Essigsäure – einen Stoff, der auch in Apfelessig erhalten ist – als aktiven Stoff an, der beim Abnehmen hilft“, sagt Middleton. Doch konsumiere man den Essig in großer Menge könne über einen langen Zeitraum durch die Säure irreparablen Schäden am Zahnschmelz herbeigeführt werden. “Wenn der Zahnschmelz erst einmal weg ist, wird das darunter liegende gelbliche Zahnbein sichtbar”, erklärt Middleton.
Zahnpasta mit Kohle
Sie darf im Badezimmer keines Millennials fehlen: Aktivkohle. Die poröse Struktur von Aktivkohle soll „entgiftende“ Eigenschaften haben und in Zahnpasta die Zähne weißer machen. „Es soll neueste Erkenntnisse geben, die besagen, dass man Zahnpasta mit Kohle nutzen soll, um seine Zähne weißer zu machen. Es gibt aber keine Beweise für eine bleichende Wirkung“, erklärt Middleton.
Die raue Textur von Kohle kann vielleicht Flecken auf den Zähnen entfernen, aber der Schaden, der dadurch entstehen kann, kann leicht schwerwiegender sein als die Vorteile. Denn Holzkohle kann sogar einen gegenteiligen Effekt erzielen. Bleiben die schwarzen Partikel in den Rissen der Zähne hängen, kann das optisch dunkel und unschön aussehen. Außerdem sollte man beachten, dass leichte Verfärbungen an der Oberfläche zwar durch bleichende Zahnpasten optisch aufgehellt werden können - Hand in Hand damit kann aber auch eine Schädigung des Zahnschmelzen gehen.
Zahnpasta ohne Fluoride
Fluor hat in den vergangenen Jahren einen relativ schlechten Ruf entwickelt. Es gibt Bedenken über einen Zusammenhang mit Krebs, Demenz und Diabetes, so dass der Markt mit Zahnpasten ohne Fluorid überschwemmt wurde.
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Laut der Zentren für die Kontrolle und Vorbeugung von Krankheiten haben viele Studien bewiesen, dass Fluor im Wasser sicher und sogar gesund sei. Fluor-Zahnpasta liefere dem Zahnschmelz Mineralstoffe, so dass der Zahnschmelz, der durch säurehaltige Lebensmittel abgebaut wurde, wieder aufgebaut werden kann. Middleton bestätigt, dass Fluorid wichtig für die Bildung von festem Zahnschmelz sei. Man müsse sich um seine Gesundheit keine Sorgen machen. „Der Fluor-Gehalt in Zahnpasta ist unschädlich, denn man isst ihn nicht”, erklärt die Zahnmedizinerin.
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Alexandra Thompson