Ausstellungstipp im Düsseldorfer Kunstpalast: „Farbrausch“
Betrachtet man das Gemälde „426-65“, ist es wie mit einem lodernden Feuer: Man kann nicht wegsehen. Es ist in tiefen Rottönen gemalt, in der Mitte ein Kreis auf rotem Hintergrund – wie ein lodernder Planet in einem roten All. „Rot ist Leben, Energie, Potenz, Macht, Liebe, Wärme, Kraft. Mit ihrer Fähigkeit zu stimulieren, ist sie in machtvoller Funktion“, sagte der Maler des Bildes Ruprecht Geiger (1908–2009) einmal.
Die Ausstellung „Farbrausch“ hinterfragt die Wirkung von Farbe
Farben haben eine Wirkung auf den Menschen. Sie können uns zum Beispiel wach, aktiv und gesund machen – zu diesem Ergebnis kam eine Studie aus dem Forschungslabor „Farbe Licht Raum“ des Wahrnehmungspsychologen und Architekten Axel Buether. In diesem Sinne kommt die Ausstellung „Farbrausch“ im Düsseldorfer Kunstpalast, die kürzlich die Pforten öffnete und noch bis zum 25. März 2025 läuft, genau zur richtigen Zeit. Au revoir, graue Winter-Tristesse! Der Kunstpalast lädt zum visuellen Dopamin-Boost.
Rot ist Leben, Energie, Potenz, Macht, Liebe, Wärme, Kraft. Mit ihrer Fähigkeit zu stimulieren, ist sie in machtvoller Funktion.
Ruprecht Geiger
„Farbrausch“ vereint 70 Arbeiten der Farbfeldmalerei
Zu sehen sind 70 Gemälde und Grafiken von amerikanischen und europäischen Künstler*innen, darunter sehr bekannte Namen wie Gene Davis, Kenneth Noland, Frank Stella, Ellsworth Kelly, Imi Knoebel oder Fritz Klingbeil, die in der Farbfeldmalerei tätig waren. Die ältesten Bilder sind aus den 1960er-Jahren, die jüngsten aus dem 21. Jahrhundert. Ein kleines Highlight dieser Ausstellung – auch gerade für die jüngsten Besucher*innen – ist ein interaktiver Raum, in dem per Körpereinsatz Farbe einer raumgreifenden bunten Lichtinstallation gemischt werden kann. Kuratorinnen der Schau sind Felicity Korn (Sammlungsleitung 20. und 21. Jahrhundert) und Anna Grosche (Volontärin, Sammlung 20. und 21. Jahrhundert).
Über die Geschichte der Farbfeldmalerei
Den Ursprung hat das „Color Field Painting“ im Nachkriegs-New York. Die Künstler*innen dieser Art von zeitgenössischer Kunst experimentierten nach 1945 mit abstrakten Farbflächen und ließen das figürliche Malen hinter sich. Damit provozierten und irritierten sie Kunstkritiker*innen, die mit der damals neuen Art von Kunst nichts anfangen konnten. In den 1960er-Jahren experimentierten die Maler*innen auch zunehmend mit den Formaten der Leinwand. Vom Düsseldorfer Künstler Winfried Gaul ist zum Beispiel die Arbeit „Sex-a-gon IV“ aus dem Jahr 1967 in Form eines Sechsecks zu sehen. Verkehrsschilder inspirierten ihn dazu.
„Farbrausch“ – Werke aus der Privatsammlung Kemp
Die meisten Werke der Ausstellung „Farbrausch“ stammen aus der Sammlung des Düsseldorfer Ehepaars Willi und Ingrid Kemp, einer sehr bedeutenden Privatsammlung. Willi Kemp, der in Düsseldorf lebte und als Steuerberater arbeitete, liebte Kunst und beriet viele Künstler*innen in Steuerangelegenheiten, wofür er teils auch in Form von Kunstwerken bezahlt wurde. Über die Jahre trug er, zusammen mit seiner früh verstorbenen Frau Ingrid, eine bedeutende Kollektion an abstrakter Malerei, ZERO-Kunst, Skulpturen, Papierarbeiten und Farbfeldmalerei zusammen. Kemp, der 2020 verstarb, hatte selbst die Idee zu dieser Ausstellung. Besucher*innen können die teils großformatigen Arbeiten und skulpturalen Leinwände auf sich wirken lassen und beobachten, was die Farben in ihnen auslösen. Spannend ist, dass nicht jeder Ton gleich auf jeden Menschen wirkt! Unsere Beziehung zu Farbe ist komplex wie der Mensch selbst.
Die Ausstellung „Farbrausch“ ist noch bis zum 30. März 2025 im Kunstpalast Düsseldorf zu sehen.