Australien macht's vor: kein Social Media für Menschen unter 16 Jahren
Australien ist das erste Land, das Tech-Unternehmen in die Pflicht nimmt, Kinder und Jugendliche in sozialen Netzwerken zu schützen.
Xavier Lorenzo/Getty Images,Wie oft haben Sie heute schon Ihre Social-Media-Kanäle gecheckt? Wie oft haben Sie sich dabei über einen Post gefreut oder ein ungutes Gefühl gehabt? Selbst harmlos wirkende Posts werden oft von bösen Kommentaren und hitzigen Diskussionen begleitet. Das hinterlässt Spuren am Selbstbewusstsein und der mentalen Gesundheit vieler Menschen. Australien will das nicht länger hinnehmen. Das Land Down Under verbietet Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zugang zu sozialen Netzwerken. Tech-Firmen wie TikTok, Facebook, Snapchat, Reddit, X und Instagram werden in die Pflicht genommen. Ein Modell, das auch in Deutschland diskutiert werden könnte?
Jugendschutz: Darum geht Australien so hart gegen soziale Netzwerke vor
TikTok, Facebook, Snapchat, Reddit, X und Instagram sollen in Australien künftig für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nicht mehr zugänglich sein. Ein entsprechendes Gesetz wurde vom australischen Senat verabschiedet, das als weltweit einzigartig gilt. Während Erwachsene eine gewisse Medienkompetenz haben, müssen Kinder und Jugendliche sie erst noch erlernen.
Kein Social Media für Menschen unter 16 Jahren
Australien hat ein weltweit einzigartiges Gesetz verabschiedet, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zugang zu sozialen Netzwerken wie TikTok, Instagram und anderen Plattformen untersagt. Der australische Senat stimmte am Donnerstag für das Verbot, das eine der höchsten Altersgrenzen für Social-Media-Nutzung weltweit festlegt. Plattformen wie TikTok, Facebook, Snapchat, Reddit, X und Instagram sind nun verpflichtet, sicherzustellen, dass keine Minderjährigen unter 16 Jahren Zugang zu ihren Diensten erhalten. Gaming- und Messaging-Dienste sind von diesem Gesetz ausgenommen. Dies erfordert die Einführung wirksamer Altersprüfungen, deren Umsetzung innerhalb eines Jahres erfolgen muss. Andernfalls drohen den Tech-Firmen Strafen von bis zu 50 Millionen australischen Dollar (etwa 31 Millionen Euro). Mit diesem Schritt möchte Australien Kinder und Jugendliche besser vor den negativen Auswirkungen sozialer Medien schützen, darunter mentale Gesundheitsrisiken und Cybermobbing.
Kritik am Verbot von Social Media in Australien
Die Kritik lies nicht lange auf sich warten. Expert*innen äußern Bedenken, ob die Technologie effektiv und datenschutzkonform ist. Außerdem könnten VPNs genutzt werden, um die Regeln zu umgehen, ohne dass die Kinder selbst rechtliche Konsequenzen befürchten müssen. Kritiker*innen argumentieren, dass das Gesetz die Rolle sozialer Medien im Leben junger Menschen und deren positive Aspekte nicht ausreichend berücksichtigt. Jüngsten Umfragen zufolge befürwortet gut drei Viertel der australischen Bevölkerung den Social-Media-Bann. Die betroffenen Jugendlichen befürchten dagegen soziale Isolation, wenn sie von ihren wichtigsten Kommunikationskanälen abgeschnitten werden.
Tech-Firmen haben zu lange nichts getan
Der erste Gedanke ist immer: Wer soll das wie kontrollieren? Doch genau hier liegt ein Denkfehler. Wir alle nutzen künstliche Intelligenz, Apps und technische Gadgets, um unser Leben zu erleichtern oder extrem komplexe Aufgaben zu bewältigen. Warum gehen wir bei Verboten automatisch davon aus, dass diese ohnehin nicht durchsetzbar sind? Die Antwort auf Probleme darf nicht darin bestehen, etwas einfach hinzunehmen, weil es schwer zu überwachen ist. Es ist richtig, dass Tech-Firmen enorme Summen verdienen, indem sie Plattformen für Werbung bereitstellen oder unsere Daten nutzen. Gleichzeitig haben sie jedoch viel zu wenig getan, um Menschen vor Fake News, Beleidigungen oder sogar Straftaten zu schützen. Der Hauptgrund war oft, dass man die Freiheiten der Nutzenden nicht einschränken wollte. Doch die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo sie andere gefährdet. Australien könnte hier ein entscheidendes Signal setzen: Plattformen wie Meta und Co. müssen endlich Verantwortung übernehmen, statt sich nur auf Milliardengewinnen auszuruhen. Es wird Zeit, dass sie nicht nur technisch innovativ, sondern auch ethisch und gesellschaftlich verantwortungsvoll handeln.
Social Media ist nicht nur Spass, sondern ein Problem für Mental Health
Natürlich werden die sozialen Netzwerke dazu genutzt, um Freund*innen, Bekannte oder Fans von nah und fern über das eigene Leben auf dem Laufenden zu halten. Social Media ist allerdings nicht nur Unterhaltung, sondern ein erheblicher Faktor für psychische Gesundheitsprobleme, insbesondere bei Jugendlichen. Verschiedene Studien zeigen, dass übermäßiger Konsum soziale und mentale Herausforderungen verschärfen kann. Die Nutzung sozialer Medien kann zu einer Überflutung mit Informationen führen, die das Gehirn überfordert und mit depressiven Symptomen in Verbindung gebracht wird – übrigens nicht nur bei Kindern. Auch Erwachsene fühlen den Druck. Zudem verstärken unrealistische Darstellungen in sozialen Netzwerken Minderwertigkeitsgefühle und fördern soziale Vergleiche. Likes und positive Kommentare aktivieren das Belohnungssystem im Gehirn, was bei Jugendlichen zu einem suchtähnlichen Verhalten führen kann. Diese Auswirkungen sind vor allem bei jungen Menschen problematisch, da sich ihr Gehirn noch in der Entwicklung befindet. Jugendliche und junge Erwachsene sind am stärksten betroffen. Gründe dafür sind die hohe tägliche Nutzung – laut der JIM-Studie verbringen Jugendliche etwa 3,5 Stunden pro Tag online – und die Suche nach Bestätigung und Zugehörigkeit, die oft über soziale Medien stattfindet. Besonders Mädchen berichten häufiger über negative Auswirkungen wie Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, Angstzustände und depressive Verstimmungen. Eine Untersuchung in Deutschland ergab, dass 29 Prozent der Jugendlichen sich durch Social Media emotional belastet fühlen. Studien zeigen auch, dass jugendliche Nutzer*innen sozialer Medien häufiger unter Schlafstörungen, Konzentrationsproblemen und schlechter Laune leiden. Vielleicht ist das Social-Media-Verbot ja doch keine so schlechte Idee. Immerhin werden Tech-Firmen jetzt zur Verantwortung gezogen.