Balenciagas schräge Trends und die Strategie dahinter

Balenciaga ist Meister der skurrilen Looks und löst regelmäßig regelrechte Hypes aus. Wir zeigen euch die letzten Kollektions-Knaller und verraten, welche Strategie sich hinter ihnen verbirgt.

Von wegen banal

Kann ein Shirt eine Sensation sein? Es kann. Beim „T-Shirt Shirt“ von Balenciaga ist nämlich ein langärmliges, kariertes Hemd auf ein einfarbiges T-Shirt genäht. Das Duo eröffnet somit zwei Tragemöglichkeiten: Entweder zieht man das T-Shirt an und hat vorne das Hemd hängen. Oder man trägt das Hemd und hat am Rücken das Shirt wie einen Umhang. Im Ernst. So ist es gedacht.

Ein T-Shirt, also etwas, das eigentlich alltäglich ist, wurde so verändert, dass es fast absurd aussieht. Innovativ oder irritierend? Auf jeden Fall unterhaltsam!

Auch beim Turnschuh-Design gibt sich das Label kreativ. Klobige Sneaker mit überdimensionalen Profilsohlen entwickelten sich zum globalen Turnschuh-Trend als Balenciaga einen auf dicke Sohle machte. Sein Modell “Triple S” wurde zum Objekt der Begierde – aber auch des Spotts.

Ein weiteres Schuhbeispiel, das Aufsehen erregte: der Balenciaga Croc mit XXL-Absatz. Die Kunststoff-Clogs galten in ihrer normalen Form immer als Tabu für Modekenner. Die zehn Zentimeter hohe, verzierte Version von Balenciaga aus der Frühjahr/Sommer-Kollektion 2018 hingegen gab dem ikonischen Schuh plötzlich Relevanz in Fashion-Kreisen. Der Luxus-Croc war sogar schon ausverkauft, bevor er überhaupt offiziell erhältlich war.

Wirklich gefällig und tragbar – im Gegensatz zum „T-Shirt Shirt“ und „Chunky Croc“ – präsentiert sich die von Ikea inspirierte Shopping-Tasche von Balenciaga:

Der Clou ist, dass Balenciaga die seltsamen Stücke und Alltagsbegleiter für einen aberwitzig hohen Preis verkauft. Die bunten Balenciaga Crocs gab es für stolze 730 Euro. Für die blaue Kalbsledertasche, die es auch in Schwarz und Gelb gibt, möchte das spanische Label rund 1.400 Euro. Was kostet das schwedische Original namens Frakta aus Polypropylen nochmal? Stimmt: 50 Cent.

Was ist die Strategie dahinter?

Sachen wie das Shirt-Hemd, die Ikea-Taschenkopie und die Crocs sorgen regelrecht für Aufruhr im Netz – im positiven Sinne bei Fashion-Fans und im negativen Sinne bei Normalverbrauchern. Die Reaktionen auf Balenciagas teure und umstritten tolle Teile liegen zwischen Entzückung, Entsetzen und Ironie. Die Stücke werden veräppelt, runtergemacht oder hochgelobt. Manche Menschen fühlen sich provoziert: Wer trägt sowas? Wer zahlt so viel Geld dafür? Offensichtlich gibt es Abnehmer.

Das Label erregt Aufsehen und macht von sich reden. Dabei schafft es Balenciaga, dass auch außerhalb des Mode-Kosmos über seine Kreationen gesprochen wird. Das heißt: Nicht nur Insider, Fashionistas und Mode-Magazine beschäftigen sich damit. Auch bekannte Tageszeitungen, Wochenzeitschriften und ein allgemeines Internet-Publikum diskutieren und berichten über die neuen Klamotten und Accessoires des renommierten Modehauses und den Mann, der sie entworfen hat: Kreativdirektor Demna Gvasalia. Das Produkt wird zum viralen Phänomen: zu einem Meme.

Demna Gvasalia ist übrigens ein Deutscher mit georgischen Wurzeln. Er kam 2015 zu Balenciaga und leitet parallel sein selbst gegründetes Label Vetements als Creative Director.

Bei Vetements kreiert der Mode-Rebell ähnlich schräge Sachen:

Mode-Marketing durch Memes

Memes werden von namhaften Designern und Luxus-Labels gezielt gestartet und genutzt, um aufzufallen und als Marke im Gespräch zu bleiben. Dank Massenmedium Internet und riesigen Communities von Fremden, Followern und „Freunden“ klappt das hervorragend. Ein Kollektionsteil, das viral geht und über Nacht ein Internet-Hit wird? Die beste kostenlose Werbung, die man sich als Marke wünschen kann!

Fashion-Freaks reißen sich um die It-Pieces. Aber Balenciaga hat schließlich auch Parfum, hübschen Schmuck, markante Sonnenbrillen und schöne Schultertaschen. Die leisten sich nicht nur Superreiche, Stars und Stylisten, sondern auch Sekretärinnen, Steuerberater und sogar Studenten – gegebenenfalls reduziert oder gebraucht. Als nächstes was von … Balenciaga? Der Name bleibt jedenfalls hängen. Meme sei dank.

Best of Balenciaga

Welche wundersamen Balenciaga-Teile gibt es noch? Und was sagen die User zu dem, was das Label zuletzt (lustigerweise) lanciert hat? Hier fünf weitere schräge Kollektions-Highlights und Kommentare aus dem Netz dazu.

1. Fetisch-Fashion

Ein für Balenciaga-Begriffe ganz normales Outfit bestehend aus Destroyed-Jeans, Rock mit Gürtelkette, Bluse und darüber einer Ganzkörperstrumpfhose, die auch Hände und Kopf bedeckt: Ja, das ist einigermaßen schräg. Findet auch elric.0, der sich wundert:

krissyyy.t spricht aus, was sich bestimmt viele über High-End-Fashion denken, und stellt ganz nüchtern fest:

2. Winter-Warm-up

Balenciagas umfangreicher Lagen-Look für die Herbst/Winter-Saison 18/19 umfasst sechs Schichten: Pullover, Hemd, Hoodie, Hemd, Jacke und noch eine Jacke. Mindestens sechs – wir sehen nicht, was sich unter dem Rollkragenpullover befindet.

lirwidyaputra fühlt sich bei diesem Anblick an das Packproblem erinnert, das Reisende oft haben:

Als hätte das Model die ganzen Klamotten aus seinem Koffer nehmen müssen und angezogen, um sie ohne Aufpreis zu transportieren.

marttonio macht ebenfalls einen Scherz über den Look:

sabirthapachhetri merkt an, dass das Model von ihrer Mutter inspiriert worden sei:

3. Asymmetrie und Anitpathie

Auch dieser schräg geknöpfte Mantel aus einer Herbst/Winter-Kollektion von Balenciaga ruft lustige Reaktionen hervor:

makeyyyzie fragt in der Hoffnung, sie könne aussehen, als würde sie einen Mantel von dem Luxus-Label besitzen:

smurphkitten hingegen stellt praktische Überlegungen an:

Wir können beruhigen: Der Mantel mit sogenannter dekonstruierter Knopfleiste lässt sich auch klassisch knöpfen.

4. Spannend

Als Jeans-Alternative gibt es von Balenciaga eine Fusion aus spitzen Spandex-Stiefeln und Denim-Treggings:

julie_jacobs_hayern fragt ihre Freundin:

Jede Frau, die sich mal in eine enge Hose gekämpft hat, weiß wie mühsam das ist. Für Balenciagas Stretch-Hosen-Boots könnte es sehr lange dauern, vermutet die Userin wohl.

5. Aller guten Dinge

jazzy_kins abonniert den Balenciaga-Kanal direkt, weil er ihn als Gute-Laune-Garant einstuft. Zu der oben gezeigten dreilagigen Hose kommentiert er:

Gucci macht es auch, aber anders

Balenciaga ist nicht das einzige Label, das Mode-Marketing dieser Art betreibt. Und: virale Hypes lassen sich auch anders triggern. Zum Beispiel Gucci (wie Balenciaga Teil des Konzerns Kering) löste dieses Frühjahr bei der Mailänder Modewoche mit einem Horroranblick einen Social-Media-Trend aus: Die Models trugen Repliken ihrer eigenen Köpfe im Arm.

Im Netz klemmten sich sofort Imitatoren echte Köpfe unter den Arm und verdeckten möglichst den dazugehörigen – natürlich lebendigen – Körper:

Memo: Augen offen halten nach Memes! Interessant sind der Anblick und die Reaktionen allemal, ob Scherz oder Schocker.