Bauchkrämpfe und Hautrötungen: Trotzdem bleibt diese Störung oft unentdeckt

Bauchkrämpfe, rote Flecken oder Herzklopfen – die Symptome einer Histaminunverträglichkeit sind zahlreich. Welche Ursachen dahinterstecken und was man dagegen tun kann, erfahren Sie hier.

Wiederkehrende Bauchschmerzen und Verdauungsprobleme nach dem Essen? Viele Menschen vermuten zunächst eine Unverträglichkeit gegenüber Gluten oder Laktose. Dabei ist Histamin ein weiterer wichtiger Faktor, der sowohl in vielen Lebensmitteln als auch im menschlichen Körper vorkommt, wie NDR berichtet. Wenn das Gleichgewicht zwischen produziertem Histamin und dessen Abbau gestört ist, spricht man von einer Histaminintoleranz – und nicht, wie oft fälschlicherweise angenommen, von einer Allergie. Bei einer Histaminstörung bleibt zu viel Histamin im Körper, was bei den Betroffenen Beschwerden verursacht.

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Was bewirkt Histamin im Körper?

Histamin ist ein biogenes Amin, das eine wichtige Rolle in verschiedenen Prozessen im Körper spielt. Es wird vor allem von bestimmten Zellen, wie Mastzellen und Basophilen, freigesetzt. Seine Wirkung erfolgt über die Bindung an Histaminrezeptoren, von denen es vier Typen gibt (H1, H2, H3, H4):

  • Entzündungs- und Immunreaktion: Histamin erweitert die Blutgefäße, wodurch die Durchblutung und der Zugang von Immunzellen zum betroffenen Gewebe erhöht werden. Es erhöht die Durchlässigkeit der Gefäße, sodass Flüssigkeit in das Gewebe austritt, was zu Schwellungen führt. Auch bei Kontakt mit Allergenen wird Histamin freigesetzt und löst so Symptome wie Juckreiz, Schwellung, Rötung und Schleimproduktion aus - dies ist ein Teil der Abwehrreaktion des Körpers.

  • Regulation des Magen-Darm-Trakts: Über die H2-Rezeptoren stimuliert Histamin als Gewebshormon (Botenstoff) die Produktion von Magensäure in den Belegzellen des Magens. Dies ist wichtig für die Verdauung, kann aber bei Überproduktion zu Problemen wie Sodbrennen oder Magengeschwüren führen.

  • Funktion des Nervensystems: Histamin wirkt als Neurotransmitter im Gehirn und reguliert Wachheit, Schlaf-Wach-Rhythmus und Appetit. Ein Mangel oder Überschuss an Histamin kann beispielsweise mit Schlafstörungen oder Kopfschmerzen zusammenhängen.

Symptome bei einer Histaminunverträglichkeit: Worauf muss geachtet werden?

Eine Histaminunverträglichkeit (HIT) entsteht, wenn der Körper überschüssiges Histamin nicht ausreichend abbauen kann, was meist auf eine eingeschränkte Aktivität des Enzyms Diaminoxidase (DAO) zurückzuführen ist. Dadurch reichert sich Histamin im Körper an und führt zu unterschiedlichsten Symptomen, die mehrere Organsysteme betreffen können. Häufig treten Hautreaktionen wie Rötungen, Hitzewallungen, Juckreiz oder Nesselsucht auf, oft begleitet von Schwellungen im Gesicht, an den Augenlidern oder Lippen. Auch der Magen-Darm-Trakt reagiert empfindlich, was sich in Blähungen, Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall äußern kann, häufig unmittelbar nach dem Verzehr histaminreicher Nahrung.

Zusätzlich können Herz-Kreislauf-Symptome wie Herzrasen, Blutdruckschwankungen, Schwindel oder Benommenheit auftreten. Manche Betroffene berichten über Atemprobleme, eine verstopfte oder laufende Nase, wiederholtes Niesen oder asthmatische Beschwerden. Neurologische Symptome wie Kopfschmerzen, Migräne, Schlafstörungen, Reizbarkeit und Erschöpfung sind ebenfalls häufig. Bei Frauen kann sich eine Histaminunverträglichkeit zudem auf den Menstruationszyklus auswirken, etwa in Form verstärkter Regelschmerzen oder eines unregelmäßigen Zyklus.

Schuld sind Lebensmittel, Medikamente und andere Krankheiten

Zu den typischen Auslösern gehören histaminreiche Lebensmittel wie gereifter Käse, Rotwein, geräuchertes Fleisch, Fischkonserven, Tomaten, Sauerkraut, Spinat und Avocados. Auch sogenannte Histaminliberatoren, die die Freisetzung von Histamin fördern, wie Erdbeeren, Schokolade, Zitrusfrüchte und Alkohol, können Symptome verschlimmern. Darüber hinaus gibt es Substanzen, die die DAO-Aktivität hemmen, beispielsweise Alkohol oder bestimmte Medikamente wie Aspirin, Ibuprofen, blutdrucksenkende Mittel oder Antidepressiva.

Beobachtungen zeigen, dass die Unverträglichkeit oft bei mehreren Familienmitgliedern besteht, sodass auch von einer genetischen Disposition ausgegangen werden kann. Manchmal liegt auch parallel die Stoffwechselstörung Hämopyrrollaktamurie vor, welche über den Urin nachweisbar ist. Betroffene scheiden hier täglich durch die Bildung von Hämopyrrollaktamen (HPL) Zink, Mangan und Vitamin B6 mit dem Urin aus und damit Mikronährstoffe, die unter anderem für die Bildung der histaminabbauenden Enzyme benötig werden. Zudem können weitere Darmerkrankungen oder andere Autoimmunerkrankungen wie Zöliakie im Zusammenhang mit einer Histaminintoleranz stehen.

Welche Lebensmittel sollten jetzt auf die Tabu-Liste?

Die Histaminintoleranz ist eine komplexe und bislang nicht vollständig erforschte Erkrankung. Entsprechend variieren auch die Listen histaminhaltiger Lebensmittel, die im Zusammenhang mit dieser Problematik veröffentlicht werden.

Generell gilt: Je frischer ein Lebensmittel ist, desto niedriger ist sein Histamingehalt. Daher sollten Lebensmittel möglichst frisch zubereitet und direkt oder gut gekühlt verzehrt werden.

Lebensmittel, die durch Bakterien, Hefe oder Alkohol einem Gärungs-, Reifungs- oder Fermentationsprozess unterzogen wurden, enthalten häufig hohe Mengen an Histamin. Dazu zählen auch Fertigprodukte, Konserven und Lebensmittel mit langer Lagerzeit. Weitere potenzielle Auslöser bei einer Histaminintoleranz sind gepökeltes, geräuchertes, getrocknetes oder stark zerkleinertes Fleisch, wie es beispielsweise in manchen Brotaufstrichen vorkommt – dasselbe gilt bei Fisch. Ebenfalls können Innereien und Eigelb Beschwerden hervorrufen.

Auch bestimmte Gemüsesorten wie Sauerkraut, Tomaten, Auberginen, Spinat und Avocados sowie Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen und Soja sollten bei einer Histaminintoleranz gemieden werden. Zusätzlich gehören Zitrusfrüchte, Bananen, Ananas, Kiwi, Erdbeeren, Papaya und Nüsse zu den Histaminliberatoren und somit zu den problematischen Lebensmitteln. Nicht zu vergessen sind Kakao, Alkohol, schwarzer Tee, Schokolade und scharfe Gewürze, die ebenfalls eine Rolle spielen können.

Zudem könnten Lebensmittel, die reich an biogenen Aminen sind, wie Bier, Spätlese-Weine oder bestimmte Käsesorten, bei Betroffenen ein Problem darstellen und sollten besser vermieden werden.

Was tun bei einem Verdacht auf eine Histaminintoleranz?

Bei einem Verdacht auf Histaminintoleranz sollten folgende Schritte unternommen werden, um die Symptome abzuklären und die Diagnose zu sichern:

1. Symptome beobachten und dokumentieren

Führen Sie ein Ernährungs- und Symptomtagebuch, um Zusammenhänge zwischen bestimmten Lebensmitteln und Beschwerden zu erkennen. Notieren Sie, was Sie essen und wann Symptome wie Kopfschmerzen, Hautreaktionen oder Verdauungsprobleme auftreten. Der Verzicht ist ein Lernprozess und klappt mit der Zeit immer besser. Hier hat der Körper auch die Chance, sich von dem "Zuviel" an Histamin zu erholen.

2. Eliminations- und Provokationsdiät

Eine Eliminationsdiät hilft, mögliche Auslöser zu identifizieren. Dabei werden histaminreiche Lebensmittel sowie Histaminliberatoren für etwa zwei bis vier Wochen gemieden. Wenn die Symptome nachlassen, können schrittweise einzelne Lebensmittel wieder eingeführt werden, um herauszufinden, welche Beschwerden auslösen.

3. Arztbesuch und Diagnostik

Ein Besuch bei einem Arzt oder einer Ärztin oder auch einem Allergologen oder einer Allergologin ist essenziell, um andere Erkrankungen auszuschließen. Folgende Untersuchungen können hilfreich sein:

  • Bluttests, um den Histaminspiegel oder die DAO-Aktivität zu bestimmen.

  • Ausschluss von Allergien, z. B. durch einen Prick-Test oder IgE-Bestimmung.

  • Magen-Darm-Untersuchung, falls andere Ursachen wie Lebensmittelunverträglichkeiten vermutet werden.

4. Beratung durch Ernährungsexpert*innen

Ein Ernährungsberater oder eine Ernährungsberaterin kann unterstützen, eine ausgewogene Ernährung zu planen, die histaminarm ist und dennoch alle notwendigen Nährstoffe liefert.

5. Medikamentöse Unterstützung

In ärztlicher Absprache können Medikamente helfen, z. B.:

  • Antihistaminika, um akute Beschwerden zu lindern.

  • DAO-Enzympräparate, die helfen, Histamin besser abzubauen.

6. Langfristige Anpassungen

Reduzieren Sie den Verzehr von histaminreichen Lebensmitteln und achten Sie darauf, frische Lebensmittel zu bevorzugen. Auch Stressmanagement und das Vermeiden von Alkohol und histaminfreisetzenden Medikamenten (wenn möglich) können helfen.

Die Intensität der Reaktion auf Histamin kann von verschiedenen Faktoren abhängen, wie den Jahreszeiten, der Lebensphase oder der individuellen Tagesverfassung. Im Frühjahr und Sommer, wenn Pollen in der Luft sind, kann die Histaminempfindlichkeit auch bei Menschen ohne Pollenallergie zunehmen. Darüber hinaus können extreme Temperaturen, wie große Hitze oder Kälte, die körpereigene Histaminausschüttung fördern und dadurch Beschwerden begünstigen.

Hinweis: Es ist wichtig, bei Verdacht auf Histaminintoleranz nicht auf eigene Faust dauerhaft auf viele Lebensmittel zu verzichten, sondern professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um Mangelerscheinungen zu vermeiden.


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