Better Life: Wie Puzzeln älteren Menschen helfen kann

Puzzeln - ein schöner Zeitvertreib für Kinder, Erwachsene und Senior*innen und eine echte Geduldsprobe. Dabei bringt die Freizeitbeschäftigung auch zahlreiche gesundheitliche Vorteile für das hohe Alter mit sich. Welche das sind – und warum Weinen beim Puzzeln auch völlig okay ist.

Studien zeigen: Puzzles beanspruchen eine Vielzahl von kognitiven Fähigkeiten und können dazu beitragen, diese bis ins hohe Alter zu bewahren. (Symbolbild: Getty Images)
Studien zeigen: Puzzles beanspruchen eine Vielzahl von kognitiven Fähigkeiten und können dazu beitragen, diese bis ins hohe Alter zu bewahren. (Symbolbild: Getty Images)

Eigentlich braucht man für das erfolgreiche Lösen eines Puzzles nur zwei Dinge: einen Hammer und Mut zur Lücke. Geduld ist was für Anfänger*innen! Dass das natürlich nicht der Sinn eines Puzzles ist, sollte klar sein.

Gerade während der Lockdowns waren Puzzles total im Trend: In den Corona-Jahren ist die Nachfrage nach Brettspielen und Puzzles laut SPIELEVERLAGE E.V. stark gestiegen. Mit knapp 50 Prozent Wachstum, waren insbesondere Erwachsenenpuzzles sehr beliebt – aber auch Kinderpuzzles verbesserten sich im Jahr 2020 im Umsatz um 15 Prozent.

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Das Puzzle (engl. Rätsel, Verwirrung) gibt es aber natürlich nicht erst seit gestern – bereits 1763 begann der vermeintliche Schöpfer der Puzzles, John Spilsbury, das Rätselspiel zu vermarkten. "Vermeintlicher Schöpfer" deshalb, weil nicht ganz klar ist, was unter einem "Puzzle" zu verstehen ist.

Per Deutscher Definition handelt es sich dabei laut Duden um "viele in einem Geduldsspiel [nach einer Vorlage] richtig zusammenzusetzende einzelne Stücke eines Bildes." Spilsbury begann erstmals damit, zerschnittene Weltkarten auf Holzplättchen zu kleben und als "Puzzle" zu verkaufen.

Bereits 1763 wurde das
Bereits 1763 wurde das "Puzzle" von John Spilsbury vermarktet - er zerschnitt Weltkarten und klebte sie auf Holzplättchen. (Symbolbild: Getty Images)

Anfang des 20. Jahrhunderts stellte man dann den Produktionsprozess um: Von Handarbeit zur Massenproduktion. Die Spiele konnten so preiswerter angeboten und die Popularität gesteigert werden.

Bis zum heutigen Zeitpunkt hat sich an der Herstellung nichts geändert: Ein auf Pappe gedrucktes Motiv wird mithilfe einer Stanze in kleine Teile zerlegt. Wie lange man sich mit dem Puzzle beschäftigen möchte, hängt natürlich von der Anzahl der Teile und dem Schwierigkeitsgrad des Motives ab.

Dabei handelt es sich bei einem Puzzle nicht nur um einen schönen Zeitvertreib: Eine klinische Studie der Uni Ulm zeigt, dass Puzzles eine Vielzahl kognitiver Fähigkeiten beanspruchen und dazu beitragen könnten, diese bis ins hohe Alter aufrechtzuerhalten.

Studie zeigt: Puzzeln beugt dem geistigen Abbau im Alter vor

Anhand von 100 kognitiv gesunden Erwachsenen über 50 Jahren wurde die Studie durchgeführt. Über einen Interventions-Zeitraum von 5 Wochen haben die Teilnehmenden der Puzzle-Gruppe 30 Tage lang mindestens eine Stunde pro Tag Puzzles gelöst.

Laut Dr. Patrick Fissler von der Universität Ulm bestätigt die Studie, dass sowohl das Kurz- und Langzeitgedächtnis, als auch das "schlussfolgernde Denken", sowie die "mentale Rotation" und die visuell-räumliche Wahrnehmung durch das Puzzeln gefördert werden.

"Mentale Rotation" klingt zwar stark nach "Schwindel in der Achterbahn" mit darauffolgender Übelkeit, meint aber die Fähigkeit, Objekte im Geiste zu drehen. Sie stellt damit eine Komponente der räumlichen Objekterkennung dar.

Training des Gehirns im Alter: Konzentrationsfähigkeit steigern

Vor allem wenn Puzzles regelmäßig und langfristig ausgeübt werden, könnten sie einen Schutzfaktor gegen geistigen Abbau im Alter darstellen. Denn wie in jeder Disziplin gilt: Nur regelmäßiges Training hält dauerhaft fit!

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Der Vorteil ist ganz klar: Ein Puzzle stellt eine kostengünstige Freizeitbeschäftigung dar, die ohne die Notwendigkeit von digitalen Geräten durchgeführt werden kann und trotzdem zu positiven Ergebnissen führt. Gerade beim Übergang eines möglicherweise turbulenten Arbeitslebens in den Ruhestand, kann es zu einem Einbruch des mentalen Trainings kommen.

Lebenslanges Puzzeln kann die Wahrscheinlichkeit an Alzheimer zu erkranken reduzieren. (Bild: Getty Images)
Lebenslanges Puzzeln kann die Wahrscheinlichkeit an Alzheimer zu erkranken reduzieren. (Bild: Getty Images)

Das Ergebnis: Das Gedächtnis und die eigenen kognitiven Fähigkeiten können darunter leiden. Die lebenslange Puzzle-Erfahrung kann die Wahrscheinlichkeit an Alzheimer zu erkranken reduzieren oder kognitive Störungen einer Alzheimer-Erkrankung oder Beeinträchtigungen durch Demenz verzögern.

Der geistige Anspruch des Puzzelns kann zudem bewirken, dass neuronale Netzwerke im Gehirn effizienter arbeiten. Das Gehirn wird durch die Puzzle-Stücke darauf trainiert, Formen und Farben zu erkennen - denn wie viele Abstufungen von blau es wirklich am verfluchten 2000-teiligen Sternenhimmel gibt, erkennt man erst, wenn man stundenlang auf besagten Himmel gestarrt hat.

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Das Gehirn merkt sich die Merkmale des Puzzles. Durch diese Vorgänge wird das Kurzzeitgedächtnis trainiert und die Konzentrationsfähigkeit gesteigert.

Puzzles verbessern Durchhaltevermögen und analytisches Denken

Wer die eigene Geduld trainieren möchte, kann dies ebenfalls mit dem Lösen von Puzzles tun. Zudem wird das analytische Denken durch die Kombination aus dem Sortieren der Teile und dem Suchen der passenden Lücken gesteigert. Zur Lösung des Puzzles wird ein Plan erstellt. Dieser kann aufgehen – muss aber nicht, wie unter anderem das Video der YouTuberin @mirrelativegal zeigt.

Aber steht man die kleinen Krisen während des Puzzle-Prozesses durch, kann dadurch die Frustrationstoleranz und das Durchhaltevermögen gesteigert werden. Und es hilft sicherlich auch, sich immer wieder zu sagen: Es ist nur ein Puzzle … es ist nur ein Puzzle.

Außerdem kann Weinen durchaus auch eine reinigende und erleichternde Wirkung haben – das zeigt zumindest eine Publikation von Forschenden rund um Asmir Gračanin von der Universität Tilburg in den Niederlanden. Demnach hilft Weinen bei der Erholung, also der psychologischen Homöostase.

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Also, ob man sich am Riemen reißt und das Puzzle durchzieht oder kurz für eine kleine Heulpause unterbricht: Früher oder später kommt die Entspannung. Und Mirella puzzelt auch heute noch sehr gerne und verkauft inzwischen sogar ihre eigenen – das Weinen hat dem Spaß am Puzzeln also keinen Abbruch getan.

Puzzeln zur Entspannung: Erreichen des Alpha-Zustands

Denn dass das Puzzeln grundsätzlich Spaß macht und vor allem entspannend wirkt, erklärt auch Prof. Dr. Iris-Tatjana Kolassa von der Universität Ulm (Leitung der Abteilung für Klinische & Biologische Psychologie):

Besonders interessant ist, dass vermutlich die fokussierte Aufmerksamkeit beim Puzzeln ideal zum Abschalten ist und für viele Menschen entspannend wirkt. Denn die Entspannung beim Puzzeln entsteht keineswegs durchs Nichtstun.

Denn beim Puzzeln muss man sich konzentrieren – und das lässt einen alles um sich herum vergessen. Andauernder Stress im Alltag kann zu negativen Effekten führen und die Neuronen schädigen.

Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass die Entspannung, die durch regelmäßiges Puzzeln hervorgerufen wird, die Neuronen schützt.

Das Gehirn wird während des Puzzelns von äußeren Reizen befreit. Das Ergebnis: Man befindet sich in der Entspannungsphase und ist gleichzeitig konzentriert, was auch das Lösen von sehr schwierigen Puzzles ermöglicht. (Foto: Getty Images)
Das Gehirn wird während des Puzzelns von äußeren Reizen befreit. Das Ergebnis: Man befindet sich in der Entspannungsphase und ist gleichzeitig konzentriert, was auch das Lösen von sehr schwierigen Puzzles ermöglicht. (Foto: Getty Images)

Das Gehirn wird für die Zeit des Puzzelns von äußeren Reizen befreit – stattdessen setzt sich Dopamin beim Lösen des Rätsels frei. Da während des Puzzelns beide Gehirnhälften gleichzeitig beschäftigt sind, tritt das Gehirn nach einer Weile in den sogenannten Alpha-Zustand.

Bewusstseinszustände können anhand der Verteilung typischer Schwingungsfrequenzen festgestellt werden. Man benutzt hier hauptsächlich Frequenzen zwischen 0,4 und 40 Hz – und zwar bei Bewusstseinszuständen während Aufmerksamkeits- und Ruhephasen.

Der Alpha-Bereich (8-12 Hz) entspricht dem Zustand leichter Entspannung. Er liegt im Elektroenzephalogramm (EEG) zwischen Tagesbewusstsein und Traum – ein Zustand, in dem das Gehirn ganzheitlich vernetzt arbeitet und bewusste, sowie unterbewusste Gehirnfunktionen miteinander verbunden sind. Man ist also entspannt und fokussiert zugleich.

Die Kombination aus Entspannung und geistigem Anspruch

Weil das Puzzeln auf einem gleichbleibendem Niveau fordert, kann man leicht in einen Flow geraten und es über einen längeren Zeitraum hinweg hinweg tun, ohne zu ermüden oder erneut in Stress zu geraten. Die Kombination aus geistigem Anspruch und Entspannung beim Puzzeln ist entscheidend für die geistige Fitness im Alter – und was machen da schon ein paar Stunden, die man über einem Puzzle grübelt.

Denn wenn es eine Sache gibt, die man im Ruhestand hat, dann ist es Zeit. Und für den Fall der Fälle, gibt es immer noch die einwandfreie Express-Lösung namens "Hammer".

Der Worst Case ist ja sowieso vielmehr das Fehlen des letzten Puzzle-Teils – aber bis es soweit ist, hat man sich schon so sehr in Geduld geübt, dass man diese nervenaufreibende Suche auch noch ohne Krisen durchsteht!

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