Schulferien eigenmächtig verlängern?

Auch wenn Polizeikontrollen am Flughafen eher in den Bereich der Mythen gehören, und sogar gute Ideen für eine flexible Lösung existieren, sollten Eltern mit ihren schulpflichtigen Kindern nur während der unterrichtsfreien Zeit in Urlaub fahren.

Reisen mit Schulkindern – nur innerhalb der Ferien. (Foto: Thinkstock)
Reisen mit Schulkindern – nur innerhalb der Ferien. (Foto: Thinkstock)

Das Gerücht, die Polizei stehe am Münchener Franz-Josef-Strauß-Flughafen am Check-in-Schalter und kassiere Eltern mit schulpflichtigen Kindern ein, die vor Beginn der Ferien in den Urlaub fliegen oder lange nach deren Ende zurückkehren, hat eine Geschichte. Vor einigen Jahren wurden Beamten zum Münchner Flughafen geschickt, um Familien aus Nürnberg in Empfang zu nehmen, die die Sommerferien ohne Absprache mit der Schule verlängert hatten. Mitschüler hatten etwas ausgeplaudert, und diese Informationen gelangten bis zum damaligen Innenminister Günther Beckstein. Der wiederum wollte so eine Art Exempel statuieren — was ihm ja offenbar gelungen ist. In Bayern gingen die kuriosen Gerüchte sogar so weit, dass heimlich früher in den Urlaub fliegende Familien angeblich lieber von Salzburg aus starteten. „Also nein, wir haben eine Menge anderer Aufgaben im Bereich der Sicherheit", so Hans-Peter Kammerer vom Polizeipräsidium Oberbayern Nord Kopf schüttelnd, „Eltern mit schulpflichtigen Kindern zu kontrollieren, das gehört wirklich nicht dazu."

Regeln für Eltern: Ist Ihr Kind reif für die Schule?

Es gibt viele Ferien in Deutschland

Allerdings kann es natürlich an jedem Flughafen in Deutschland vorkommen, dass die Bundespolizei bei Passkontrollen unangenehme Fragen stellt, wenn sie den Ausweis eines Elfjährigen vorgelegt bekommt, der drei Tage vor Ferienbeginn auf dem Weg in die USA ist. Soweit sollten Sie es möglichst gar nicht erst kommen lassen. Klaus Wenzel, Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), erklärt allen Eltern geduldig, dass es doch genügend Ferien gibt in Deutschland, und dass eigentlich jede Familie ihre Reise auch innerhalb dieser Zeit planen könne. „Und die Ferientermine stehen fünf Jahre im Voraus fest", so Wenzel. „Viele Eltern könnten langfristiger planen, aber sie tun es nicht." Die Herbstferien in Nordrhein-Westfalen, die Pfingstferien in Bayern oder der frühe Sommerferien-Beginn einiger Bundesländer liegen eigentlich außerhalb der Hauptsaison.

Ferienverlängerung nur im Ausnahmefall möglich

Alle Jahre wieder stellen Eltern in Deutschland kurz vor den Ferien fest, dass sie eine Menge Geld sparen würden, wenn sie die geplante Reise einfach ein oder zwei Tage früher antreten würden. Verlockend, und wer unbedingt ein Schnäppchen machen will, kann entweder betteln oder lügen. Letzteres ist eine ausgesprochen schlechte Lösung, die sehr unangenehm für die Eltern und vor allem auch für ihre Kinder werden kann. Wer sich aufs Bitten verlegt, bekommt nur selten eine positive Antwort. Die Entscheidung, ob die Ferien früher begonnen oder später beendet werden dürfen, trifft die Schulleitung. „Allerdings wird sie einer Verlängerung der Ferien nur im Ausnahmefall zustimmen, es muss schon ein triftiger Grund vorliegen. Der runde Geburtstag der Großmutter, Goldene Hochzeit, eine wichtige Familienfeier", so Klaus Wenzel.

Franzosen sind lockerer

Mit dem Argument Geld zu sparen oder nicht im Stau zu stehen, kommt man in der Regel nicht durch. Außer eventuell in Bremen, dort steht pro Kind und Jahr ein Tag für solche Fälle zur Verfügung. Einzelne Schulen in Deutschland haben ähnliche Regelungen, aber der Normalfall ist das kategorische Nein. Warum eigentlich? Wieso dürfen zum Beispiel französische Kinder auch außerhalb der Ferien zum Teil sogar wochenlang verreisen, und deutsche nicht? „Weil die Franzosen das lockerer sehen als die Deutschen", so der Lehrerverband. In Deutschland sieht man das nicht locker. Da wird die Beantragung zusätzlicher Ferientage oftmals als Affront verstanden und barsch zurückgewiesen. Eines der Argumente für die grundsätzliche Ablehnung ist: Wenn das jeder machen würde, dann werden die Ferien ja immer länger. Dazu Klaus Wenzel: „Das Argument, dass das Schulende vor und der Schulanfang nach den Ferien ausfransen, ist sicher nicht falsch, aber es ist nicht das wichtigste. Es hat auch etwas mit Respekt für die Klasse und den Lehrer zu tun. Die Zeugnisausgabe am letzten Schultag und das letzte Beisammensein sollten allen wichtig sein. Auch ein neues Schuljahr beginnt nicht so gut für eine Klasse, wenn einige Schüler fehlen."

Die Lösung: Gutscheine für freie Tage

Das können die meisten Eltern sicher nachvollziehen, trotzdem bleibt die Frage, ob es wirklich ein Weltuntergang wäre, wenn die Kinder beispielsweise ihre Herbstferien um einen Tag verlängerten. „Ich könnte mir so eine Art Gutscheinlösung vorstellen", greift Klaus Wenzel die Idee mit dem Freie-Tage-Kontingent auf. „Man bekommt pro Kind und Jahr die Option, drei Tage zusätzlich zu den Ferien frei nehmen zu dürfen — unter der Bedingung, dass die verpassten Stunden nachgearbeitet werden. Allerdings sollten die Sommerferien davon ausgeschlossen sein, damit die Klassen ein Schuljahr gemeinsam beginnen und beenden können." Die Selbstverpflichtung zur Nacharbeit relativiere den Vorteil der freien Tage. Die Kinder würden so verantwortlich in die Entscheidung mit einbezogen, was didaktisch sicher sinnvoll wäre.

Bis sich jemand für eine solche Regelung im eigenen Bundesland stark macht, sollte man Urlaube mit schulpflichtigen Kindern aber auf die unterrichtsfreie Zeit beschränken. Wenn auch einige Bundesländer eine eigenmächtige Befreiung durch die Eltern nicht wirklich ahnden, können alle Bundesländer zumindest theoretisch Bußgelder verhängen, die in der Regel im dreistelligen Bereich liegen.