Dieses Boomer-Paar verkaufte sein Restaurant, um die Rente auf einem Hausboot zu genießen

Bruno und Elfriede Ranner leben seit einem halben Jahr auf ihrem Boot, mit dem sie über die Flüsse Deutschlands fahren. - Copyright: Bruno und Elfriede Ranner/Collage von Dominik Schmitt für Business Insider
Bruno und Elfriede Ranner leben seit einem halben Jahr auf ihrem Boot, mit dem sie über die Flüsse Deutschlands fahren. - Copyright: Bruno und Elfriede Ranner/Collage von Dominik Schmitt für Business Insider

Langsam schlängelt sich die Esperanza entlang der Weinberge durch die Mosel. Bruno und Elfriede Ranner sitzen in ihrem Außensteuerstand und blicken voller Bewunderung hinauf zu den steilen Hängen, wo die Reben auf dem Schotterboden wachsen. Sie beobachten von ihrem Boot aus die Winzerinnen, Winzer und die Erntehelfenden, wie sie mit Einschienenbahnen mühsam die hoch gelegenen Gärten erklimmen. Hier, inmitten malerischer Landschaften, genießen sie die Ruhe. Nur der Dieselmotor dröhnt im Hintergrund.

„Es gibt nichts Schöneres, als am Wasser zu sein“, sagt Bruno Ranner. Der 62-jährige Pensionär und seine Ehefrau Elfriede, 59, reisen als Nomaden auf ihrer eigenen kleinen Yacht über die Kanäle und Flüsse Deutschlands. Ihre Heimat im österreichischen Örtchen Attnang-Puchheim zwischen Linz und Salzburg haben sie im Oktober 2023 hinter sich gelassen. Seitdem leben sie auf ihrem Hausboot, der Esperanza.

Seit zwölf Jahren träumte das Ehepaar vom Fluss-Abenteuer

20 Jahre lang führten Bruno, seines Zeichens Koch und ausgebildeter Wein-Sommelier, und Elfriede Ranner dort den Gasthof Stopplziaga. So sehr sie auch an den Stammtisch-Abenden im eigenen Lokal hingen, hegten sie den Traum, eines Tages gemeinsam aufzubrechen und ein Leben auf Reisen zu beginnen. Ihr Boot stand immerhin parat.

Allerdings hielten die geschäftlichen Verpflichtungen sie auch dann noch in der Heimat, als ihre zwei Töchter bereits erwachsen und selbst Eltern geworden waren. Das Restaurant endlich verpachten und auf die Esperanza übersiedeln – dieser Wunsch riss nicht ab.

Lange fieberte das Ehepaar daher sehnsüchtig jenem Tag entgegen, an dem eine Gastronomin oder ein Gastronom ihr Restaurant pachtet und sie in ihr Abenteuer starten können. Der Champagner, mit dem sie anstoßen wollten – ein edler Roederer Cristal für 240 Euro – lagerte seit vier Jahren bereit. Im Sommer 2023 endlich stand die Nachfolge für ihr Gasthaus fest und die Ranners ließen den Korken knallen. „Das war die pure Freude“, so Bruno Ranner. Ihre Wohnung vermieteten sie sogleich möbliert. Mit an Bord nahmen sie nur Kleidung „und ein paar unverkäufliche Flaschen Wein“.

Ihr Boot kauften die Ranners vor zwölf Jahren. Es gewährt ihnen die Freiheit, jederzeit neue Orte anzusteuern und fremde Regionen zu erkunden. - Copyright: Bruno und Elfriede Ranner
Ihr Boot kauften die Ranners vor zwölf Jahren. Es gewährt ihnen die Freiheit, jederzeit neue Orte anzusteuern und fremde Regionen zu erkunden. - Copyright: Bruno und Elfriede Ranner

Ihren Traum vom Leben auf dem Wasser haben sie schon lange. Dass sie erstmals den Anker vor der damals noch jugoslawischen Insel Krk gelichtet hatten, liegt inzwischen 35 Jahre zurück. Gemeinsam mit Freundinnen und Freunden segelten sie durch die Adria. „Das hat uns quasi infiziert mit dem Segelvirus“, erinnert sich Bruno Ranner. „Die Liebe zum Wasser war geweckt.“

Der Familienvater besuchte fortan Segelkurse, machte verschiedene Bootsführerscheine und navigierte anfangs zumeist durch das Mittelmeer. Im Sommer 2012 mieteten Bruno und Elfriede dann erstmals ein Hausboot und reisten vom Müritz-See in Mecklenburg-Vorpommern aus nach Schwerin. „Damals haben wir beschlossen: Das kaufen wir uns für die Rente.“

Monatlich kostet das Leben auf dem Boot 2000 Euro

Ein Jahr später kreuzten sie mitsamt der ganzen Familie durch die Havel bei Berlin und erblickten beiläufig die Esperanza. Kurzerhand kauften sie das 13 Meter lange und vier Meter breite Boot laut eigenen Angaben für 100.000 Euro. Anschließend begannen die neuen Eigner, es über neun Jahre hinweg etappenweise gen Süden und die Donau flussabwärts bis nach Passau zu überführen. „Dort lag das Boot im Hafen“, berichtet Bruno Ranner. „Wir haben an unseren freien Wochenenden daran rumgebastelt und einfach nur das Bootsleben genossen, wie in einem Ferienhaus.“

Ein besonderes Augenmerk legten die Ranners auf ihre Küche. Bis auf eine Spülmaschine statteten sie die voll aus – mit Herd, Ofen, Spüle, hölzerner Arbeitsplatte und einem kleinen Tisch, auf dem sie ihre Mahlzeiten liebevoll zwischen Blumengestecken und Kerzen anrichten. Ihre Elektrogeräte versorgen die Ranners mit Strom, den die Solaranlage an Deck liefert. Verdecken Wolken die Sonne, verbinden sie ihr Boot über ein 30 Meter langes Kabel mit den Steckdosen der jeweiligen Yachthäfen, an denen sie liegen. Den 1000 Liter fassenden Frischwassertank, aus dem sich Spüle und Dusche speisen, füllen sie alle drei Wochen auf.

Die Gastronomin und der Gastronom legen großen Wert auf gutes Essen. - Copyright: Bruno und Elfriede Ranner
Die Gastronomin und der Gastronom legen großen Wert auf gutes Essen. - Copyright: Bruno und Elfriede Ranner

Laut eigenen Angaben belaufen sich die monatlichen Kosten für wechselnde Liegeplätze, Diesel und Strom auf 2000 Euro. Hinzu kämen jährlich 1200 Euro für die Bootsversicherung. Den Treibstoff zapften sie an Tankstellen. „Dann lade ich meine Dieselkanister auf den Fahrradanhänger und fahre zwei-, drei-, viermal hin und her und fülle Diesel ab“, so Bruno Ranner.

Manchmal funktioniere die Steuerung des Boots nicht richtig oder einer der Motoren laufe unerwartet auf Vollgas. Solche Probleme löse er dann zumeist selbst, berichtet Bruno Ranner mit einem Anflug von Stolz in seiner Stimme: „Ich bin nicht ganz ungeschickt.“ Während er das Boot warte und außen putze, kümmere Elfriede sich um alle Aufgaben, die im Innenraum anfallen.

Alltag auf dem Flussboot: "Wie ein echter Seemann, der Sturm und Wellen trotzt"

Seit nunmehr einem halben Jahr erkunden sie Städte, legen Touren mit ihren Fahrrädern ein und kosten in Restaurants lokale Spezialitäten. „Wir verspüren eine große Freiheit“, so Bruno Ranner. „Wann immer uns der Sinn danach steht, legen wir mit dem Boot an – und reisen weiter, wenn es uns nicht gefällt.“ Auf dem Wasser fühle er sich der Natur nahe wie sonst nirgends. „Wenn wir unterwegs einen schönen, abgelegenen Liegeplatz gefunden haben, sehen wir abends wunderbare Sternenhimmel, manchmal sogar eine Sternschnuppe.“ Nicht selten wögen die leichten Wellen ihn und seine Frau dann in den Schlaf.

Während ihr Boot im Yachthafen liegt, unternehmen die Ranners Tagesausflüge, wie hier nach Frankfurt am Main. - Copyright: Bruno und Elfriede Ranner
Während ihr Boot im Yachthafen liegt, unternehmen die Ranners Tagesausflüge, wie hier nach Frankfurt am Main. - Copyright: Bruno und Elfriede Ranner

Auch die Wetterlagen erleben sie intensiv. An Deck genießen sie an warmen Tagen die Sonnenstrahlen. „Und auch wenn es mal nicht so schön ist, fühlt es sich wunderbar an, sich dick in die Regenkleidung einzumummeln.“ Auf dem Steuerstand fühle Bruno Ranner sich in solchen Momenten „wie ein echter Seemann, der Sturm und Wellen trotzt. Das hat schon was.“

Sehnsucht nach den Weinregionen Frankreichs

Auf ihren Routen treibt die Aussteiger stets der Wein an. Denn über die Flüsse reisten sie auch aus dem Grund, dass „sich links und rechts Weingebiete erstrecken“. Eine Tour nach Frankreich mit der Esperanza steht darum fest auf ihrer To-do-Liste. „Die Champagne ist mit dem Boot erreichbar, genauso wie Burgund und die Rhone“, so Bruno Ranner. "Und wenn es irgendwie gelingt, dann möchten wir die Dordogne so weit wie möglich hochfahren bis ins Bergerac. Dort sollen die Weine auch sehr gut sein."

Längst sehnen sich die ehemaligen Restaurantbetreibenden nach der französischen Lebensart: „Dort legen die Menschen mehr Wert auf Lebensmittel und die Märkte sind weitaus besser bestückt.“ Für entsprechende kulinarische Abenteuer sei er bestens vorbereitet: „Ich habe ein hervorragendes Küchenmesser gekauft, das gut in der Hand liegt. Auf das könnte ich nicht mehr verzichten.“

Ob das beengte Leben an Bord ihre Ehe herausfordere? Bruno Ranner wiegelt lachend ab: „Wir arbeiten seit 20 Jahren zusammen und wir sind seit 38 Jahren verheiratet. Die Konflikte, die wir haben, etwa wenn ich mal eine Zigarre zu viel rauche, klären sich schnell wieder.“

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