Brauchen wir den Internationalen Frauentag überhaupt?

Brauchen wir einen Tag, der den Frauen gewidmet ist? Ist der Papst katholisch? Ja, er ist es wirklich. Er ist außerdem ein Mann. Das ist Voraussetzung für den Job. Frauen sind davon ausgeschlossen, Papst werden zu können. Wahrscheinlich, weil sie bei all den traurigen Stellen in der Bibel weinen würden.

Obwohl es beim Internationalen Frauentag nicht speziell darum geht, eine Frau an die Spitze der Katholischen Kirche zu setzen, wäre es wirklich an der Zeit, oder? „Gott erschuf den Menschen nach seinem Ebenbild.“ Seufz. Das Geschlecht Gottes und der Menschheit steht in dieser patriarchalischen Gesellschaft nicht zur Debatte. Herrje, wäre Eva nicht so doof gewesen, wären wir Frauen vielleicht nicht in dieser schlechten Lage. Habe ich recht?!

Spaß beiseite: Ganz zweifellos brauchen wir einen Internationalen Frauentag, denn Frauen und Männer sind nicht gleichgestellt. Fakt. Ja, seit den Zeiten der starken Sufragetten haben wir viel erreicht, aber bis zur Gleichstellung haben wir noch einen langen Weg vor uns. Dem Weltwirtschaftsforum zufolge wird sich die gewaltige Geschlechterkluft in Hinblick auf Löhne und Jobchancen nicht vor dem Jahr 2186 schließen! 2186! Das ist in 169 Jahren. Bis dahin bin ich tot. Und Sie auch. Ich will, dass diese Zahl schrumpft, bevor ich meine sterbliche Hülle abstreife – und jede andere Frau sollte das auch so sehen.

Der Internationale Frauentag ist über 100 Jahre alt. Es ist ein weltweiter Gedenktag anlässlich der sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Leistungen von Frauen. Der Tag ruft auch zum Handeln auf, um die Gleichstellung der Geschlechter voranzutreiben. Obwohl der Fokus des Tages auf Frauen liegt, ist es keine männerfeindliche Veranstaltung. Beide Geschlechter leiden an den auseinanderklaffenden Geschlechteridealen. So wird von Frauen etwa noch immer erwartet, sich um die Kinder zu kümmern, während Väter, die zu Hause bleiben, stigmatisiert werden. Die meisten Gesellschaften sehen Väter als Ernährer und Frauen vorrangig als Versorgerinnen. Diese Rollenbilder werden aufrecht erhalten durch das geschlechterspezifische Lohngefälle, ungleiche Elternzeiten sowie durch Familienleistungen, die auf Mütter zugeschnitten sind.

Laut dem britischen Fatherhood Institute wenden britische Männer für jede Stunde, die eine Frau sich um die Kinder kümmert, lediglich 24 Minuten für diese Tätigkeit auf. Das liegt nicht daran, dass Vätern ihre Kinder weniger wichtig sind, man hält sie einfach davon ab, von der Gleichstellung der Geschlechter zu profitieren. Es funktioniert in beide Richtungen. Der Internationale Frauentage stellt tief verwurzelte soziale Normen wie diese in Frage, weil sie immer noch die Entscheidungen aller jungen Frauen und Männer beeinflussen.

Die Leistungen der Frauen vor uns werden nicht einfach nur gefeiert. Wir bauen auf dieser Tradition außerdem in einer Weise auf, die für unsere Generation Bedeutung hat: Gegen Polizeigewalt und Rassenkampf Stellung zu beziehen. Auf die Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufmerksam zu machen. Für Entscheidungsfreiheit in Sachen Fortpflanzung, für gleichgeschlechtliche Ehe und für Diversität in der Geschäftswelt und der Politik einzutreten und dem geschlechterspezifischen Lohngefälle entgegenzuwirken.

Auf kultureller Ebene gibt es noch immer eine große Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. In der Kunst wird die Arbeit von Männern bevorzugt. Die Errungenschaften von Frauen sind im Lehrplan unterrepräsentiert und in den Gremien sucht man vergeblich nach weiblichen Vorbildern. Unrealistische Schönheitsideale schädigen die psychische Gesundheit der Frauen und absurderweise ist es vollkommen zulässig, Brüste für die Werbung auszuschlachten, während Stillen in der Öffentlichkeit verpönt ist. Wir sind umgeben von Doppelmoral.

Nachdem das Internet die Bewegung für die Geschlechtergleichstellung verstärkt hat, ist der Diskurs lauter denn je. In einem Großbritannien nach dem Brexit und einem Amerika mit Donald Trump sind die Tage der Einigkeit besonders heilig. Und während wir in der westlichen Welt Fortschritte machen, wird unsere Arbeit erst zu Ende sein, wenn die Gleichstellung auf der ganzen Welt erreicht ist. Frauen stellen das halbe Potenzial der Welt dar. So lange die Probleme der Frauen nicht an Aktualität und Relevanz verlieren, so lange werden auch der Feminismus und Initiativen wie der Internationale Frauentage relevant bleiben.

Jasmine Jones