Die Ärzte: Witze über den Rammstein-Skandal sorgen für Kritik

Die Berliner Punkband machte bislang eher durch reflektierte Reaktionen von sich reden. Ihre Scherze über den Rammstein-Skandal bei einem Konzert in Luxemburg sorgt jetzt jedoch für Kritik. Wir erklären, warum Kurzvideos vom Konzert gerade viral gehen – und was die Fans darüber denken.

Die Ärzte auf einem Konzert in Oberhausen
Konzerte der Band Die Ärzte gehen vor allem mit viel Humor vonstatten. Beim aktuellen Liveauftritte in Luxemburg könnte die Band allerdings zu weit gegangen sein. (Hier: Symbolbild von einem Konzert in Oberhausen, Photo by Brill/ullstein bild via Getty Images)

Vorneweg: Der Ärzte-Song "Elke" wird seit einiger Zeit nicht mehr auf den Konzerten der Berliner Punkband gespielt. Warum? Weil der Klassiker über eine übergewichtige Frau Fatshaming betreibe und frauenfeindlich sei – das sagte Ärzte-Frontmann Farin Urlaub selbst. So reflektiert und am Puls der Zeit kennen wir Die Ärzte – und genau deshalb irritieren einige Videos vom jüngsten Konzert der Band nicht nur die eingefleischte Fangemeinde.

Was ist passiert? Bei ihrem Konzert in Esch an der Alzette tätigten Die Ärzte in Ansagen und Songs einige Aussagen, die für hochgezogene Augenbrauen sorgten. Neben Provokationen über die LGBTQIA+-Community waren dies vor allem ihre Reaktionen auf den Rammstein-Skandal.

"Homöopathische K.O.-Tropfen"

So hatte die Band nach den Vorwürfen gegen Till Lindemann ihren Song "Rock Rendezvous" umgeschrieben – und sangen: "Ich will dich f*****. Genau in diesem Backstageraum" oder "Wenn du nein sagst, das ist keine Option, trink von diesem Glas."

Auf der Bühne – so zeigt es ein Video, das inzwischen bei Youtube auf privat gestellt wurde – sagte Ärzte-Schlagzeuger Bela Be zudem, seine K.O.-Tropfen seien "homöopathisch". "Ich hab Schlimmeres als blaue Flecken", wird die Band zudem beim Konzert zitiert.

Weitere Videos, die zumindest Sequenzen des Konzerts in Esch zeigen, sind auf YouTube weiterhin online:

Der Hintergrund der Diskussionen freilich ist wenig zum Scherzen: Mehrere Frauen hatten in den vergangenen Wochen – teilweise anonym – Vorwürfe gegen Rammstein-Frontmann Lindemann erhoben. Die Frauen schildern Situationen, die sie teils als beängstigend empfunden hätten. Junge Frauen seien während Konzerten ausgewählt und gefragt worden, ob sie zur Aftershowparty kommen wollen. Dabei soll es nach Schilderungen einiger Frauen auch zu sexuellen Handlungen gekommen sein. Rammstein-Sänger Till Lindemann weist die Vorwürfe gegen ihn zurück.

Das Netz brodelt: Böhmermann-Tweet zu Rammstein geht viral

In den sozialen Netzwerken, in denen die Causa Rammstein weiterhin heiß diskutiert wurde, sorgen die Reaktionen der Ärzte vor allem für Kritik und Unverständnis: "Die sollen sich mit den Opfern solidarisieren und keine Witze darüber machen. Ey was ist mit so manchen Männern los", kommentierte eine Twitter-Nutzerin das mittlerweile privat gestellte Ursprungsvideos. Und weiter: "Entweder gehen nur Witze, es herunterspielen oder ignorieren. Ich bin so müde."

Den Humor nicht verstanden?

Demgegenüber stehen Kommentare, die die Kommentare der Ärzte als sarkastisch einordnen: "Keiner versteht mehr die Ärzte mit ihrem ironischen und so wichtigen Humor. Meanwhile: Die Ärzte lachen sich schlapp und ich lache mit", heißt es etwa auf YouTube unter dem Video, das weitere Szenen vom Konzert in Luxemburg zeigt.

Das Argument "Humor" wollen andere jedoch nicht gelten lassen: "Ich finde Humor ist bei diesen Dingen keine gute Herangehensweise, das kann auch sehr schnell falsch verstanden werden."

Christian Klenk, Chefredakteur der österreichischen Wochenzeitung Der Falter, reagiert auf die scheinbar ironischen Aussagen der Ärzte mit noch mehr Ironie: "Rammstein und Die Ärzte bei Dieter Nuhr wann?"

Aus dem Kontext gerissen?

Bei aller Kritik an den Aussagen monieren Fans jedoch auch den fehlenden Zusammenhang der vom Konzert gezeigten Videosequenzen. Die Aussagen der Band seien aus dem Kontext gerissen, nur wer das gesamte Konzert erlebt habe, könne das Verhalten der Ärzte korrekt einordnen. Demgegenüber stehen Threads, die eben diesen Kontext mit weiteren Videosequenzen herzustellen versuchen:

"Das Feixen um sexualisierte Gewalt und KO-Tropfen ist […] ganz deutlich und abscheulich. Macht’s nur geringfügig besser", twittert etwa Benjamin Bauer, Stadtrat der Grünen in Karlsruhe. Und ergänzt: "Btw. stelle ich nicht Rammstein und die Ärzte auf eine Stufe. Nur liegt die Schwelle meiner Ablehnung sicher nicht erst bei systematischer sexualisierter Gewalt gegen Frauen. Bei den Ärzten habe ich zudem die Hoffnung, dass hierzu noch eine verantwortungsbewusste Reaktion kommt." Die Ärzte selbst haben sich zum Streitfall noch nicht geäußert.

Mit Material der Deutschen-Presseagentur dpa.

VIDEO: Fans halten zu Rammstein