Erkältet zur Arbeit? Gar nicht so problematisch wie viele denken

Ein radikaler Vorschlag zur Senkung der Krankheitskosten steht im Raum: Kein Gehalt am ersten Krankheitstag. Ein Top-Mediziner erklärt, warum diese Maßnahme nicht nur unsozial, sondern auch ineffektiv ist.

Die Fakten sind bekannt: Arbeitgeber und Krankenkassen zahlen jährlich rund 96 Milliarden Euro für krankheitsbedingte Ausfälle. Der Chef der Allianz, Oliver Bäte, schlägt vor, durch den Wegfall des Gehalts am ersten Krankheitstag 40 Milliarden Euro einzusparen. Das klingt plausibel – ist es aber nicht.

Kranke Menschen pauschal zu bestrafen, halte ich für den falschen Ansatz. Wer schwer chronisch erkrankt ist und trotzdem arbeitet, leistet oft mehr, als viele gesunde Menschen es tun. Solche Menschen für den ersten Krankheitstag zu belasten, ist schlichtweg ungerecht.

Was der Vorschlag übersieht

Natürlich gibt es Missbrauch. Wir alle kennen Kollegen, die sich montags oder freitags auffällig oft krankmelden. Aber diese Fälle sind nicht die Regel. Der Vorschlag trifft vor allem diejenigen, die kämpfen – die trotz Beschwerden arbeiten und für ihre Gemeinschaft Verantwortung übernehmen.

Die Realität der Krankschreibung

In einer idealen Welt bräuchten wir keine Krankschreibungen. Wer krank ist, bleibt zu Hause. Wer arbeiten kann, geht ins Büro. Doch so einfach ist es nicht. Überfüllte Praxen, wenige Minuten pro Patient und die Unsicherheit, wann jemand tatsächlich arbeitsfähig ist, machen das System fehleranfällig. Auch die erleichterte telefonische Krankmeldung hat Schwächen gezeigt: Sie wurde teils missbraucht, weil Vertrauen allein nicht ausreicht.

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Erkältung und Arbeit – kein Widerspruch

Mediziner: Wer erkältet zur Arbeit geht, gefährdet weder Gesundheit noch Kollegen
Mediziner: Wer erkältet zur Arbeit geht, gefährdet weder Gesundheit noch Kollegen

Wer mit einer leichten Erkältung zur Arbeit geht, handelt in den meisten Fällen verantwortungsvoll. Eine Maske und Abstand reichen aus, um Kollegen nicht zu gefährden. In den allermeisten Berufen droht auch keine Gefahr für die eigene Gesundheit. Die Angst vor einer verlängerten Krankheitsdauer ist oft unbegründet.

Warum wir anders denken müssen

Was wir brauchen, ist keine Bestrafung der Kranken, sondern eine Stärkung der Eigenverantwortung und Freude an Leistung. Menschen, die sich wertgeschätzt fühlen, übernehmen eher Verantwortung – für sich, ihre Arbeit und ihre Gesundheit.

Was wir brauchen, ist keine Bestrafung der Kranken, sondern eine Stärkung der Eigenverantwortung und Freude an Leistung. Menschen, die sich wertgeschätzt fühlen, übernehmen eher Verantwortung – für sich, ihre Arbeit und ihre Gesundheit.

*Dieser Inhalt wurde vom FOCUS online EXPERTS Circle bereitgestellt. Die Experten verfügen über fundiertes Fachwissen in ihren jeweiligen Gebieten. Sie sind nicht Teil der Redaktion. FOCUS online gehört wie CHIP zur BurdaForward GmbH. Mehr erfahren.

Prof. em. Dr. Dr.h.c. Peter Paul Nawroth war nach Tätigkeit an der Columbia University und anderen Universitäten Direktor der Inneren Medizin I und Klinische Chemie Heidelberg. Mehrere Jahre war er im Vorstand des Universitätsklinikums tätig. Er erhielt ein Heisenberg-Stipendium und eine Schilling Professur. Er erhielt mehrere Ehrungen, wie den Camillo-Golgi Preis der Europäischen-, die Langerhans Lecture der Deutschen-Diabetes Gesellschaft. Er war Sprecher eines Sonderforschungsbereiches mit dem Schwerpunkt "Folgeschäden des Diabetes".

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