Experten( )Wissen: So lässt sich die Kita-Eingewöhnung leichter gestalten

Die Psychologin Katharina Meier-Batrakow im Interview

Wenn das Kind mit der Kita startet, beginnt für die ganze Familie eine sehr aufregende Zeit: Eine neue Umgebung muss erst kennengelernt, zu weiteren Bezugspersonen eine Bindung aufgebaut und sich an den veränderten Tagesrhythmus gewöhnt werden – das kann vor allem am Anfang für alle Beteiligten eine Herausforderung sein. Wir haben mit der klinischen Psychologin Katharina Meier-Batrakow darüber gesprochen, wie der Start in das Kapitel Kita gelingt und die besten Tipps zusammengefasst.

In der Kita erwartet die Kleinen viel Spaß mit anderen Kindern. Am Beginn steht allerdings die Eingewöhnung – doch mit ein bisschen Vorbereitung und den hilfreichen Tipps unserer Expertin, gelingt diese ganz behutsam. (Bild: Getty Images)
In der Kita erwartet die Kleinen viel Spaß mit anderen Kindern. Am Beginn steht allerdings die Eingewöhnung – doch mit ein bisschen Vorbereitung und den hilfreichen Tipps unserer Expertin, gelingt diese ganz behutsam. (Bild: Getty Images)

Das Leben mit Kindern ist geprägt von vielen ersten Malen, vom immer wieder Nachjustieren der Rahmenbedingungen und vom Loslassen: Denn wenn die Kleinen größer werden, wird auch der Radius, in dem sie sich bewegen, immer weiter – und den Schritt vom Baby zum Kleinkind spüren Eltern spätestens dann, wenn der Kita-Start vor der Tür steht.

Dass dem Thema Kita und Eingewöhnung mit gemischten Gefühlen entgegengeblickt wird, ist vollkommen normal: Schließlich warst du mit deinem Kind in den vergangenen Monaten (oder auch Jahren) ein eingespieltes Team, ganz nah dran am Leben und Alltag deines Kindes und wusstest immer und zu jeder Zeit, was er*sie macht – und braucht.

Die gute Nachricht ist: Den Übergang in dieses neue Kapitel könnt ihr als Familie proaktiv gestalten – so, dass das Loslassen und das Eingrooven im neuen Alltag möglichst entspannt abläuft. Und falls es mal nicht so gut klappt oder viele Tränen fließen, wollen wir an dieser Stelle unbedingt erwähnen: Alles vollkommen okay. Wie so oft im Leben, verläuft auch dieser Prozess der Abnabelung bei jeder Familie in ihrem ganz eigenen Tempo, Phasen werden sich möglicherweise abwechseln – mal rennt das Kind freudig in die Arme der*des Pädagog*in, mal hat es vielleicht weniger oder gar keine Lust auf die Kita, obwohl es die Wochen zuvor sehr gerne hingegangen ist.

Katharina Meier-Batrakow, M. Sc. Psychologin, unterstützt Familien in allen denkbaren
Katharina Meier-Batrakow, M. Sc. Psychologin, unterstützt Familien in allen denkbaren "Projektphasen" – von Schwangerschaft, Babyschlaf über Autonomiephase bis zu pubertären Konflikten. (Bild: Sergej Willer)

Wir haben mit Psychologin Katharina Meier-Batrakow darüber gesprochen, wie Familien der behutsame Übergang in diesen neuen Lebensabschnitt gelingt.

Yahoo Life: Wie merke ich, ob mein Kind bereit ist für die Kita – oder ob es noch etwas Zeit braucht?

Katharina Meier-Batrakow: Es gibt keine pauschalen Merkmale, an denen man erkennen kann, ob ein Kleinkind bereit für die Krippe ist. Sicherlich ist es von Vorteil, wenn das Kind beginnt, die Umwelt zu erkunden, vielleicht schon andere Kinder und Bezugspersonen kennt und Trennungen von der Hauptbezugsperson bereits erlebt hat, sich von einer anderen Person trösten lässt. Doch nicht immer haben Eltern auch die Wahl, wann sie ihr Kind betreuen lassen. Noch viel wichtiger ist dann eine behutsame Eingewöhnung.

Wie bereite ich den Start in der Kita am besten vor – ganz praktisch, aber auch auf emotionaler Ebene?

Die Vorbereitung liegt eher bei den Erwachsenen: Was erwarte ich von der Betreuung, von den Bezugspersonen dort, was ist mir wichtig, was möchte ich unbedingt fragen. Wie stehe ich überhaupt selbst dazu, dass mein Kind betreut wird. Wenn das Kind schon etwas versteht und sprechen kann, könnte man auch gemeinsam Bücher ansehen und beschreiben, was das Kind erwarten wird – natürlich möglichst positiv formuliert.

Was kann ich als Elternteil tun, wenn beim Abgeben sehr viele Tränen fließen oder das Kind sich möglicherweise gar nicht von mir lösen möchte?

Tränen per se sind in einer Eingewöhnung häufig. Die Trennung fällt vielen Kindern schwer und diese Gefühle dürfen auch raus. Wichtig ist, dass das Kind hierbei aufgefangen wird und bereits eine gute Beziehung zu einem Erziehenden aufgebaut hat, sodass es sich zeitnah trösten und beruhigen lässt. Wenn sich das Kind noch gar nicht lösen mag, braucht es noch etwas Zeit, bis es sicher genug ist, auf Erkundungstour zu gehen. Hier immer wieder im Austausch mit den Erziehenden bleiben. Der enge Austausch mit den Pädagog*innen in der Einrichtung ist tatsächlich ausschlaggebend, um die Eingewöhnung und die weitere Zeit in der Kita für alle positiv zu gestalten. Kommunikation ist hier definitiv der Schlüssel, um gemeinsam das Beste für das Kind zu erreichen – vor allem, wenn es vielleicht an einer Stelle mal hakt.

Welche Probleme können bei der Eingewöhnung auftauchen und wie reagiere ich am besten darauf?

Ein Problem könnte sein, wenn das Kind mehr Zeit bei der Eingewöhnung braucht und es von Seiten der Einrichtung oder der Eltern zu Zeitdruck oder Stress kommt. Das spürt auch das Kind und kann die Situation verschärfen. Manchmal ist einfach Geduld gefragt und eine gute Kommunikation zwischen den Erwachsenen. Die neue Bezugsperson sollte sich auch Zeit und Mühe geben das Kind kennenzulernen und eine Beziehung aufzubauen – ein mögliches Problem kann hier sein, dass vielleicht die Chemie einfach nicht stimmt. Hier kann man dann sicherlich über einen Wechsel der Bezugsperson oder der Gruppe nachdenken. Wenn die Werte zwischen den Erwachsenen nicht übereinstimmen, dann ist manchmal auch ein Wechsel der Einrichtung nötig.

Welche Rituale sind empfehlenswert, um schwierige Verabschiedungsmomente, Übergänge oder ähnliches besser zu gestalten?

Am schönsten ist ein Ritual, das Eltern und Kind gefällt – es sollte also individuell geschaut werden, was passt. Ist es ein Kuss oder eine Umarmung und ein Winken, etwas Lustiges, wie MaPa aus dem Raum schubsen oder sich gegenseitig Herzen auf die Hand zu malen als Zeichen der Verbundenheit. Manchen Kindern hilft auch ein persönlicher Gegenstand, zum Beispiel ein Stofftier, um die Trennung zu überbrücken.

Unsere Top-Tipps zur Kita-Eingewöhnung

  • Das Thema Kita positiv konnotieren und versuchen, Vorfreude auf diesen neuen Lebensabschnitt aufzubauen.

  • Das Eingewöhnungsgespräch für alle offenen Fragen nutzen, aber auch danach eine offene und transparente Kommunikation mit den Pädagog*innen pflegen, um stets im Austausch zu bleiben.

  • Zeit einplanen: für die Eingewöhnung, für Bring- und Abholsituationen, die Nachmittage nach der Kita erstmal eher ruhig gestalten, damit all das Neue und Erlebte verarbeitet werden kann.

  • Fällt dem Kind oder dem Elternteil, das die Eingewöhnung übernimmt, das Loslassen extrem schwer, kann es helfen, wenn die Eltern tauschen und die Hauptbezugsperson die Eingewöhnung dem anderen überlässt.

  • In vielen Kitas ist es Usus, dass die Kleinen einen vertrauten Gegenstand von zu Hause mitbringen dürfen, der dem Kind Sicherheit gibt – das kann ein Stofftier oder Kuscheltuch, aber auch das Lieblingsspielzeug oder der Schal mit dem Geruch von Mama oder Papa sein.

  • Überlegt euch ein festes Abschiedsritual, auf das sich dein Kind verlassen kann; das gibt Struktur und Sicherheit. Vor allem eine deutliche Verabschiedung, ggfs. mit den immer selben Worten ("Ich hole dich nach dem Mittagessen wieder ab!"), ist wichtig, damit das Kind sich darauf einstellen kann. Heimliches Davonschleichen ist ein No-go, das nur für Unsicherheit und Ängste sorgt.

  • Tränen beim Abschied sind vollkommen normal – die Pädagog*innen benötigen hier einen Vertrauensvorschuss, dass sie sich mit Sicherheit um euer Kind kümmern, es trösten und durch die Situation begleiten. Fragt ggf., ob die Einrichtung euch bei Gelegenheit kurz anrufen kann, ob das Kind sich beruhigt hat, damit auch du selbst entspannt bist.

Unsere Expertin: Katharina Meier-Batrakow

Katharina Meier-Batrakow, M. Sc. Psychologin, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in Weiterbildung, Schlafberaterin und Autorin, ist selbst Mutter zweier Töchter und kennt die Momente des Abschieds aus eigener Erfahrung, kann die Freude, aber auch die Sorgen und Ängste, welche Eltern erfahren, also sehr gut nachvollziehen. Seit 2020 ist sie als psychologische Beraterin tätig, ihr Buch "Drei Jahre ohne Schlaf?!" sowie ihre Online-Präsenz auf Instagram soll Eltern Unterstützung und Hilfestellung geben.

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