Form statt Farbe: Die Wintersaison 2024 setzt auf klare Silhouetten und starke Proportionen
Ein Blick auf die Laufstege der diesjährigen Herbst-/Winterkollektionen zeigt: Alle Zeichen stehen auf abstrakten Silhouetten – in farblicher Zurückhaltung. Während die Sommersaison vom lauten „Dopamine Dressing“ (knallige Farben und Color-Blocking) dominiert wurde, überzeugt die Wintermode der Runways durch übertriebene Konturen. Umrisse sind die stillen – aber keinesfalls zu unterschätzenden – Protagonisten der Saison. Als Farbcode gilt: Je schlichter, desto besser. Minimalismus ist en vogue. Wurde er in der Vergangenheit oft mit Eintönigkeit assoziiert, überzeugen die Laufstegkollektionen im Winter 2024 vom Gegenteil.
Gegensätze finden zueinander, neue Proportionen sorgen als Modetrend für Spannung
Dass Kontraste ein unverzichtbares Element der Mode sind, ist unumstritten. Ein harmonisches Gesamtbild entsteht erst durch die perfekte Balance verschiedener Komponenten. Farbe erweist sich dabei als ideales Mittel, um Spannung zu erzeugen – aber bei weitem nicht als einziges. Kontrastiert wird diese Saison vor allem durch Form statt Farbe. Nicht weniger wirkungsvoll, aber deutlich eleganter, überzeugen avantgardistische Silhouetten. Oder, um es im TikTok-Jargon zu sagen: „If an outfit is not interesting through color, then it has to be interesting through shape.“ Kurzum: Fehlt die Farbe, bedarf es an extravaganter Form. Besonders eine neu interpretierte Silhouette rückt dabei in den Vordergrund. Während die vergangenen Saisons – trotz Oversized-Trend – von einer schmalen, körpernahen Linie geprägt waren, zeigt sie sich nun auffallend weit und disproportional. Das wiederkehrende Element: dramatisch veränderte Proportionen.
Reproportionierung – von avantgardistisch bis subtil
Ein Label, das die Kunst der Exzentrik wie kein zweites beherrscht, zeigt auch in dieser Saison, wie man das Spiel mit Proportionen meisterhaft in Szene setzt: Alexander McQueen. Fast schon hysterisch in seiner Silhouetten-Führung, setzt Kreativdirektor Seán McGirr in der Herbst-/Winterkollektion 2024/25 auf markante Gegensätze. Ein enger Bleistiftrock wird mit einem übergroßen Pullover kombiniert, dessen monströse Schulterpolster in einen Rollkragen übergehen. Ein Cardigan entwickelt eine deckenartige Größe. Die Farbpalette hält sich – natürlich – dezent zurück.
Besonders avantgardistisch zeigt sich Comme des Garçons. Radikal überzogen, präsentiert Designerin Rei Kawakubo in ihrer Herbst/Winter-Kollektion 2024/25 tragbare Absurditäten. Nicht unbedingt alltagstauglich, aber artifiziell, beweist sie damit abschließend einmal mehr: Ausdrucksstarke Silhouetten und neu definierte Proportionen sind mindestens ebenso kraftvoll wie Farbe.
Proportionen im Wandel: Diese Labels präsentieren den Modetrend auf dem Laufsteg
Deutlich subtiler, aber dennoch eindrucksvoll zeigt sich das Spiel der Proportionen in den Kollektionen von Duran Lantik, Alaïa, Mugler, Carven und Khaite. Übergroße Schultern treffen auf zarte Röcke und figurbetonte Strumpfhosen. Beinahe bodenlange Ärmel kontrastieren mit Hosen in „Hochwasser-Länge“. Auffällig breite Hüften begegnen schmalen, zurückhaltenden Tops.
So tragbar ist der Modetrend im Winter 2024/25 im Alltag
Auch Modehäuser wie Prada, Louis Vuitton, Fendi und Loewe, die für ihre ausgeprägte Stilsicherheit bekannt sind, setzen den Wandel der Proportionen auf zurückhaltende Weise in Szene und befördern ihn mit seiner zeitgenössischen Relevanz von den Laufstegen in den Alltag. Denn: Das Spiel mit Proportionen harmoniert wunderbar mit vielen Klassikern, die nun auf neue, unerwartete Weise kombiniert werden. Eine enge Hose zu einer voluminösen Jacke? Ein schmaler Rock gepaart mit einem übergroßen Pullover? Klobige Boots zum „Kleinen Schwarzen“? Teile, die wir vielleicht alle – in dieser oder ähnlicher Form – bereits in unseren Kleiderschränken haben.