Geldverdiener und Hausfrauen: Geschlechterstereotype halten sich laut Umfrage

Geschlechterstereotype Eurobarometer

In Europa bestehen immer noch Geschlechterstereotype, die Frauen auf die häusliche Rolle beschränken. Das zeigt eine neue Umfrage

GettyImages, Debrocke/ClassicStock

Wenn er von der Arbeit kommt, steht sie schon in der Schürze am Herd und hat ihm sein Lieblingsessen gekocht. Das Haus ist blitzeblank geputzt und gemütlich, die Kinder liegen schon zufrieden im Bett. Nein, das ist keine Schwarz-Weiß-Idylle aus einem 50er-Jahre-Film und auch nicht die „Tradwife Aesthetic“ verblendeter Instagrammerinnen. Diese Rollenverteilung ist für fast die Hälfte der Menschen in Europa anscheinend die absolute Idealvorstellung einer Familie.

Denn die kürzlich veröffentlichte Eurobarometer-Umfrage zeigt, dass in Europa immer noch Geschlechterstereotype bestehen, die Frauen auf die häusliche Rolle beschränken. Und auch weitere Geschlechterklischees und Rollenbilder sind immer noch weit verbreitet, wie die Umfrage unter rund 26.600 Menschen in der EU ergeben hat.

Frauen zurück an den Herd?

Das alte Klischee von der Frau, die in den eigenen vier Wänden bleibt, scheint seit dem 21. Jahrhundert nie aus der Mode gekommen zu sein. Fast die Hälfte aller männlichen Befragten, aber etwas weniger der weiblichen, sieht die wichtigste Rolle des Mannes im Geldverdienen. Dass dagegen die wichtigste Aufgabe einer Frau ist, sich um ihr Heim und ihre Familie zu kümmern, sehen 40 Prozent der Europäer so. Gleichzeitig hält rund die Hälfte der Befragten Männer von Natur aus für weniger geeignet als Frauen, den Haushalt zu machen.

Und was, wenn die Frau doch ihr eigenes Geld verdienen will? Auf die Frage „Wird das Familienleben insgesamt beeinträchtigt, wenn die Mutter einen Vollzeitjob hat?“, antwortete die Mehrheit der Europäer*innen (51 %) mit: „Ja“. Rund die Hälfte aller Umfrageteilnehmenden hält Männer in der Politik für ehrgeiziger als Frauen. So denken etwa zwei Drittel, dass Frauen Entscheidungen eher auf Grundlage ihrer Gefühle treffen als Männer.

Langer Weg bis zur Chancengleichheit

Die Eurobarometer-Umfrage ist deshalb so frustrierend, weil sie zeigt, wie schwer es uns fällt, alte Vorstellungen zu überwinden. Wenn sexistische Klischees so tief in uns verwurzelt sind, ist es auch kein Wunder, dass es politisch so langsam mit der Gleichberechtigung voran geht und feministische Bestrebungen ständig ausgebremst werden.

Aber die gute Nachricht ist: Nicht jede*r steckt in den Vorstellungen der 50er-Jahren fest. EU-weit sagen 89 Prozent der Männer und 91 Prozent der Frauen, für beide Geschlechter sei finanzielle Unabhängigkeit gleich wichtig. Drei Viertel der Europäer*innen sind überzeugt, dass Männer von der Gleichstellung von Frauen profitieren. Fast die Hälfte aller in der EU Befragten ist für die Einführung von Maßnahmen wie Quoten, um mehr Frauen in die Politik zu bewegen und der Unterrepräsentation von Frauen entgegenzuwirken.

„Geschlechterstereotype betreffen uns alle, aber es ist unfair, dass diese Vorurteile weiterhin das Berufs- und Privatleben unserer Mitmenschen beeinflussen. Die Umfrage zeigt sowohl, wie weit wir gekommen sind, als auch, wie weit wir noch gehen müssen“, sagt EU-Gleichstellungskommissarin Hadja Lahbib.