Henry Hübchen: "Den Tod verdränge ich"

Das Verhältnis zwischen Isak (David Rott, li.) und seinem Vater Thore (Henry Hübchen,) ist eisig

Als Isak (David Rott) nach langer Zeit sein Elternhaus im norwegischen Bergland besucht, herrscht frostige Stimmung: Das Verhältnis zu seinem Vater Thore (Henry Hübchen) ist seit langem angespannt. Als Isaks Bruder Jonas (Lukas Prisor) bei einem Lawinenunglück verunglückt, wird die ganze Familie auf eine Zerreißprobe gestellt.

Tod, Verlust und die Suche nach der eigenen Identität - der Film "Unterm Eis" (6.2., 20.15 Uhr, das Erste) beschäftigt sich mit schwierigen Themen. Henry Hübchen (67, "Da geht noch was") befasst sich nur ungern mit dem Tod. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news äußert der Schauspieler dennoch seine Gedanken zu dem Thema.

Lassen Sie uns über den Tod sprechen...

Henry Hübchen: Oh Mann, den Tod verdränge ich. Damit habe ich mich nicht beschäftigt.

Haben Sie Angst vor dem Tod?

Hübchen: Im Moment grade nicht. Mir geht es so wie mit 20 oder 30 Jahren. Da hatte ich das Gefühl, ich würde ewig leben.

Wenn man nahestehende Menschen verliert, setzt man sich doch automatisch mit dem Tod auseinander.

Hübchen: Klar sind schon Freunde, Bekannte oder Kollegen von mir gestorben. Das Komische ist, dass ich das dann auch wieder vergesse. Der Alltag und das Leben verdrängen diese Ereignisse. Das Leben geht weiter, und irgendwann erinnert man sich nicht mehr daran, obwohl es einen sehr berührt hat. Das ist traurig, aber es ist die Wahrheit.

Wie gehen Sie mit Trauer um?

Hübchen: Da habe ich kein Patentrezept. Als meine Eltern gestorben sind, ging es mir bei meiner Trauer weniger um mich, sondern um das, was meine Eltern nicht mehr erleben. Ich habe mich damit getröstet, dass sie ein gutes Leben hatten. Bei meinem Vater war es schon grandios, dass er den Krieg überlebt hat. Er hätte wie so viele andere junge Männer damals mit 25 sterben können, lebte aber bis zum Alter von 76 Jahren. Als ich an seinem Krankenbett saß und seine letzten Atemzüge miterlebte, war das ein versöhnlicher Gedanke.

Haben Sie eine Vorstellung davon, was nach dem Tod passiert?

Hübchen: Ich gehe davon aus, dass gar nichts passiert. Staub zu Staub. Ich bin nicht religiös und hänge keinem Glauben an. Ich bin höchstens mal abergläubisch.

Also kein tröstlicher Gedanke an ein Leben danach?

Hübchen: Das ist eben so. Und das Beruhigende ist, dass keiner von uns davon verschont bleibt. Das passiert überall. Wenn ich mir die Nachrichten anschaue und sehe, was im Irak oder in Syrien passiert, dann spielt mein eigener Tod gar keine Rolle mehr.

Sie konzentrieren sich also lieber auf das große Ganze?

Hübchen: Meine Sorge ist eher, wie sich die zukünftigen Generationen entwickeln werden. Sterben müssen wir alle. Die Frage ist, ob dieser ganze Erdball auch stirbt und spätere Generationen gar keine Chance mehr auf ein Leben haben. Wir sind die einzige Spezies, die sich wahrscheinlich selbst ausrottet. Das ist eine Katastrophe.

Das klingt ganz schön pessimistisch. Sind Sie Pessimist?

Hübchen: Ich würde sagen, ich bin ein pessimistischer Optimist.

Es gibt heutzutage den Begriff der "Bucket List". Gibt es Dinge, die Sie in Ihrem Leben unbedingt noch machen oder erleben wollen?

Hübchen: Die gibt es bestimmt, aber nicht auf einer Liste. Die wäre endlos, und dann müsste ich ja wieder selektieren. Eine solche Liste habe ich weder heute noch mit 18 Jahren geführt. Ich habe einfach in den Tag hineingelebt. Ich bin durch das Leben marschiert, und wenn es einen Scheideweg gab, habe ich mich für eine Richtung entschieden.

Also kein Freund von Plänen?

Hübchen: Einen Lebensplan habe ich bis heute nicht - nicht einmal einen Tagesplan. Ein bisschen leide ich darunter, dass ich nicht strukturiert bin. Aber mit dieser relativen Planlosigkeit bin ich trotzdem bisher ganz gut gefahren.

Sind Sie mit Ihren Entscheidungen immer zufrieden gewesen?

Hübchen: Nein, natürlich nicht. Ich habe oft revidiert, ganz klar. Aber ich hatte eben nie eine wirkliche Zielsetzung. Ich hatte auch nie das Ziel, Schauspieler zu werden. Dann bin ich es aber geworden. Ich hatte nie das Ziel, für ein bestimmtes Projekt engagiert zu werden oder irgendwann in Hollywood zu landen. Ich will arbeiten und bei der Arbeit Spaß haben. Natürlich will ich auch, dass meine Arbeit bemerkt wird und Wertschätzung erlangt. Das ist ein schönes Gefühl. Das kann man aber in anderen Berufen auch haben.

Es gibt natürlich auch immer Kritiker und Neider. Geht Ihnen Kritik nahe?

Hübchen: Im Grunde genommen bin ich selbst mein größter Kritiker. Und richtig zufrieden bin ich nie. Insofern gefällt es mir schon, wenn ich von anderen Wertschätzung bekomme. Ich bekomme auch Wertschätzung für Sachen, die ich gemacht habe, die ich relativ blöd finde. Aber das ist immer noch besser, als Prügel zu bekommen.