Internationaler Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft: 3 Astrophysikerinnen, die für eine neue Generation von Wissenschaftlerinnen stehen
Unser Digitalcover zum „Internationalen Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft“
Alva Skog,Bis heute entscheiden sich deutlich weniger Frauen als Männer für ein Studium im MINT-Bereich (der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik umfasst). Laut Statistischem Bundesamt lag der Anteil von Studienanfängerinnen im Jahr 2022 bei 35 Prozent. Warum ist das so?
Die Herausforderungen von Frauen in der Wissenschaft: Vorurteile, die sich bis heute halten
Grundsätzlich haben Frauen heute die gleichen Chancen und Möglichkeiten wie Männer. In der Realität müssen sie sich, gerade in männerdominierten Bereichen, trotzdem teilweise gegen geschlechtsspezifische Vorurteile durchsetzen.
Die RWTH Aachen University, eine der führenden technischen Hochschulen in Europa, hat genau das untersucht. Weniger rationales und logisches und mehr gefühlsgeleitetes Denken, weniger Ehrgeiz und Führungsschwäche sind unter anderem Vorurteile, mit denen sich Frauen in der Wissenschaft konfrontiert sehen. Trotz dieser Herausforderungen gibt es heutzutage zahlreiche Wissenschaftlerinnen, die ihren Weg gehen und höchst erfolgreich forschen. Die folgenden drei Astrophysikerinnen stehen für eine neue Generation von Wissenschaftlerinnen – und motivieren dazu, unabhängig von äußeren Gegebenheiten genau das zu machen, wofür man brennt.
Frauen in der Wissenschaft: 3 Astrophysikerinnen, die für eine neue Generation von Wissenschaftlerinnen stehen
1. Dr. Manami Sasaki
Die Astrophysikerin forscht an der Universität Bamberg im Bereich Physik. Sie wertet die Daten aus, die Weltraumsatelliten der NASA und der ESA sowie das von Bamberger Forschungsteams mitentwickelte Röntgenteleskop eROSITA auf die Erde senden. „Astrophysik ist ein sehr internationales Forschungsfeld, da man ohne Kollaborationen zwischen mehreren Instituten, die über die ganze Welt verteilt sind, keine großen Teleskope – ob auf der Erde oder im Weltraum – bauen und betreiben kann. Man lernt viele interessante Leute und Kulturen kennen und bekommt mit, wie Wissenschaftspolitik betrieben wird oder Agenturen wie NASA oder ESA funktionieren.“
Es wäre schön, wenn in die Faszination für Physik bei Mädchen schon früh geweckt und gefördert werden könnte.
Dr. Manami Sasaki, Astrophysikerin
Schon als Kind wusste die Wissenschaftlerin, dass sie sich mit dem Universum beschäftigen möchte: „Mich hat das Weltall schon immer fasziniert. Als Kind habe ich nachts im Garten gestanden und den Sternenhimmel bewundert.“ Mit ihrem Interesse an Mathematik und Naturwissenschaften war sie in der Schule eine Außenseiterin. „Universitäten und Forschungsinstitute unterstützen Frauen im MINT-Bereich mittlerweile sehr gut. Es wäre schön, wenn in die Faszination für Physik bei Mädchen schon früh geweckt und gefördert werden könnte.“ Die Astrophysikerin beweist übrigens auch, dass sich Mutterschaft und Wissenschaft nicht ausschließen: Während eines Forschungsaufenthalts in den USA bekam sie ihren ersten Sohn, zwei Jahre später eine Tochter. „Mir war wichtig, die erste Zeit mit meinen Kindern zu verbringen. Daher blieb ich drei Jahre zu Hause. Das war im Wissenschaftsbetrieb machbar.“
2. Dr. Dominika Wylezalek
Die Wissenschaftlerin interessiert sich für den Einfluss supermassereicher Schwarzer Löcher auf Galaxien. Seit 2020 forscht sie als Gruppenleiterin am Astronomischen Rechen-Institut an der Universität Heidelberg. Mit einem Forscherteam durfte sie 2021 als eine der ersten Astrophysikerinnen mit dem neuen James-Webb-Weltraumteleskop das Weltall untersuchen. Schon als Mädchen fragte Dr. Wylezalek sich, wo die Grenzen des Alls sind – und was sich dahinter befindet. „Obwohl ich das Universum heute sehr viel besser verstehe als vor 30 Jahren, bin ich mir mehr denn je darüber bewusst, wie viel wir immer noch nicht wissen und wie viel noch darauf wartet, entdeckt und verstanden zu werden.“
Viele Menschen sind sehr überrascht, wenn sie erfahren, was ich mache.
Dr. Dominika Wylezalek, Astrophysikerin an der Universität Heidelberg
Direkt diskriminiert wurde Dr. Wylezalek als Frau in der Forschung nie, „aber es ist offensichtlich, dass es immer noch viele bewusste und unbewusste Vorurteile gibt“, so die Wissenschaftlerin. „Viele Menschen sind zum Beispiel sehr überrascht, wenn sie erfahren, was ich mache.“ Sie rät Studierenden, sich frühzeitig nach Mentor*innen und Berater*innen umzuschauen: „Ich hatte das große Glück, im Laufe meiner Karriere wunderbare Mentor*innen gehabt zu haben, die großartige Lehrer*innen waren – mir aber auch enorm dabei geholfen haben, mich in der Welt der Wissenschaft zurechtzufinden.“
3. Dr. Lisa Kaltenegger
Die gebürtige Österreicherin forscht und lehrt an der Cornell University in den USA und geht der Frage nach: Sind wir allein im All? Als eine der renommiertesten Wissenschaftlerinnen war sie an der Entdeckung der Exoplaneten „Kepler 62e“ und „Kepler 62f“ beteiligt. Heute berät sie die US-Raumfahrtbehörde NASA.
Mit den Vorurteilen gegenüber Frauen in der Wissenschaft wurde sie erst spät konfrontiert, wie sie im SWR1 Format „SWR 1 Leute“ erzählt hat: „Ich hatte von Anfang die Idee, dass ich machen kann, was ich mag. Meine Eltern haben mir immer das Gefühl gegeben, dass mir die Welt offensteht. Das ist auch, was ich meiner Tochter mitgeben möchte. Ich bin erst spät an die Das-ist-aber-nichts-für-ein-Mädchen-Grenze gestoßen. Etwas, das sie jungen Frauen mit ihrem jüngst erschienenem Buch „Alien Earths: Auf der Suche nach neuen Planeten und außerirdischem Leben“ zeigen möchte: „Es gibt auch in der Spitzenforschung Frauen, die mit kreativen Mitteln forschen und zusammenarbeiten. Oft bekommt man das Bild, entweder logisch oder kreativ sein zu können. Und wenn man kreativ unterwegs ist, sei die Wissenschaft nichts für einen. Was überhaupt nicht stimmt“, so Dr. Lisa Kaltenegger.