Warum Intervallfasten für Frauen schädlich sein kann – und welche Vorteile Männer haben

Männer und Frauen reagieren unterschiedlich auf Intervallfasten. - Copyright: Pexels
Männer und Frauen reagieren unterschiedlich auf Intervallfasten. - Copyright: Pexels

Eine verbesserte Stimmung, Gewichtsverlust, mehr Energie: Intermittierendes Fasten, auch bekannt unter dem Begriff Intervallfasten, hat zahlreiche Vorteile. Bei der Ernährungsform isst man in einem bestimmten Zeitfenster und verzichtet in den restlichen Stunden oder Tagen komplett auf Nahrung. Die 16:8-Methode (16 Stunden Fastenzeit und acht Stunden essen im Wechsel) ist die typische Form. Es gibt inzwischen aber auch Abwandlungen wie 14:10 oder 5:2. Bei der letzteren Methode wechseln sich ganze Essens- und Fastentage miteinander ab.

Allerdings scheint Intervallfasten nicht für Männer und Frauen gleichermaßen geeignet zu sein. „Wenn Frauen versuchen zu fasten, aber es nicht richtig machen, kann es mehr schaden als nützen“, sagt die Ernährungsberaterin und Hormonexpertin Laura van de Vorst. Gemeinsam mit ihrer Mutter hat sie die Initiative und Plattform healthcoachFX.com gegründet, um Frauen individuell zu ihrer Ernährung und hormonellen Beschwerden zu coachen. Von extremeren Modellen wie 5:2 rät die Expertin daher allen Frauen ab.

Zu langes Intervallfasten kann bei Frauen zu Hormon-Chaos führen – das sind die Ursachen

Studien, welche die positiven Effekte von Intervallfasten belegen konnten, wurden überwiegend mit männlichen Teilnehmern durchgeführt. Kein Einzelfall: Frauen sind in der medizinischen Forschung häufig unterrepräsentiert. Dass Intervallfasten bei Frauen über einen sehr langen Zeitraum gesundheitliche und vor allem hormonelle Auswirkungen mit sich bringen kann, ist bislang wenig bekannt. Experimente mit Ratten kamen jedoch zu aufschlussreichen Ergebnissen. Die weiblichen Tiere wurden für zwölf Wochen auf eine intermittierende Diät gesetzt. Bereits nach zwei Wochen stellten die Forscher jedoch fest: Die Ratten litten – im Gegensatz zu den männlichen Tieren – vermehrt unter Schlafstörungen. Zudem waren ihre Eierstöcke geschrumpft.

Wie lassen sich diese Effekte erklären? Das Hormonsystem von Frauen reagiert deutlich sensibler auf innere und äußere Reize als das von Männern. Das hängt vor allem mit ihrem Menstruationszyklus zusammen. „Wenn der weibliche Körper ein ‘Hungersignal‘ registriert, zum Beispiel weil über einen längeren Zeitraum nichts gegessen wurde, werden vermehrt Stresshormone (Adrenalin und Cortisol) ausgeschüttet“, erklärt van de Vorst. Zugleich produziert der Körper weniger Östrogen und Progesteron, denn diese spielen eine entscheidende Rolle im Zyklus. Sie können einen Eisprung auslösen und somit eine Schwangerschaft ermöglichen.

Doch die Hormone Östrogen und Progesteron sind nicht nur wichtig für die Fruchtbarkeit. Das weibliche Sexualhormon Östrogen bestimmt mit über unseren Stoffwechsel, eine Gewichtsabnahme sowie kognitive Funktionen. Zudem sorgt es für eine gute Knochendichte, kräftige Haare und Nägel – und es kann unsere Stimmung und Energie verbessern.

Die Kombination aus verringertem Progesteron und hohem Cortisol (Stresshormon) kann Wassereinlagerungen begünstigen und Stimmungsschwankungen, prämenstruelle Beschwerden (PMS), Heißhunger sowie eine Gewichtszunahme bewirken.

Bei diesen Symptomen sollten Frauen mit dem Intervallfasten aufhören

Laura van de Vorst empfiehlt, bei den folgenden Symptomen hellhörig zu werden – sie deuten auf hormonelles Ungleichgewicht hin. Falls ihr mindestens ein Anzeichen bemerkt, solltet ihr das Intervallfasten abbrechen.

  • Eure Periode wird unregelmäßig oder bleibt ganz aus.

  • Ihr schlaft schlecht oder habt Probleme, einzuschlafen.

  • Ihr bemerkt Veränderungen im Stoffwechsel oder bei der Verdauung.

  • Ihr leidet unter Haarausfall oder brüchigen Nägeln.

Die Vorteile von Intervallfasten für Frauen und Männer

Doch nicht jede Frau und jeder Mann reagiert auf die gleiche Weise aufs Intervallfasten. Vor allem Männer profitieren von vielen Vorteilen, wenn sie regelmäßig 14 bis 16 Stunden aufs Essen verzichten. „Intervallfasten ist allen voran mit einer verbesserten Insulinsensitivität verbunden. Dies kann dem Hormonhaushalt, aber auch der allgemeinen Gesundheit, zugutekommen“, sagt die Hormonexpertin. Die Insulinsensitivität zeigt an, wie sensibel bestimmte Organe auf das Hormon Insulin reagieren. Wer besonders sensitiv ist, benötigt nur wenige Mengen an Insulin, um seinen Blutzuckerspiegel zu senken. Und ein stabiler Blutzuckerspiegel ist wichtig, damit unser Stoffwechsel reibungslos funktioniert und die Fettverbrennung angeregt wird. Somit kann Fasten – wenn ihr es gut vertragt – auch einen Gewichtsverlust begünstigen.

„Forschungsergebnisse haben auch gezeigt, dass der menschliche Stoffwechsel Essenspausen und wenige Mahlzeiten besonders gut verträgt. Zu viele Snacks und Mahlzeiten belasten unser Immunsystem und unsere Stoffwechselhormone“, erklärt van der Vorst. Darüber hinaus kann Fasten das Risiko für chronische Erkrankungen senken. Ein weiteres Plus: Die Zellreinigung, auch Autophagie genannt, wird gefördert. Dabei baut der Körper nicht benötigte und krankhafte Zellbestandteile ab und verwertet sie anderweitig. Der Prozess kann sogar Depressionen vorbeugen und steht in Verbindung mit einer höheren Lebenserwartung.

Tipps für Frauen – darauf solltet ihr beim intermittierenden Fasten achten

Auf die vielen Vorteile des Intervallfastens müssen Frauen aber nicht verzichten. Auch sie können Intervallfasten betreiben, jedoch sollten sie besonders gut auf die Signale ihres Körpers achten. Wichtig ist, während der Essensphasen ausgewogen und nährstoffreich zu essen. Das bedeutet, komplexe Kohlenhydrate (Vollkornprodukte, Obst), hochwertige Fette wie Nüsse oder Olivenöl sowie ausreichend Proteine (Fleisch, Fisch, Milchprodukte oder vegane Alternativen wie Tofu, Hülsenfrüchte) zu essen.

Laura van der Vorst gibt Frauen die folgenden Tipps an die Hand, wie sie die Fastenmethode umsetzen können, ohne an hormonellen Problemen zu leiden.

  • Fastet nicht länger als 14 Stunden. Modelle wie 5:2 sind daher für Frauen nicht zu empfehlen. Bei vielen Frauen reicht ein Fasten-Intervall von zwölf Stunden völlig aus (zum Beispiel 19:30 bis 7:30 Uhr).

  • Macht zu den Fasten-Zeiten kein intensives Training, aber achtet auf leichte Bewegung.

  • Macht vor allem während der Periode keine zu langen Fastenpausen.

  • Trinkt genügend Wasser.

  • Achtet auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung.

  • Brecht das Fasten ab, wenn ihr hormonelle Symptome bemerkt.

Dieser Artikel erschien erstmals im Juli 2022. Er wurde erneut überprüft und aktualisiert.