Kfz-Versicherung wechseln: Tipps und Auswirkungen neuer Einstufungen

Gerade kamen die neuen Typen- und Regionalklassen der Kfz-Versicherer heraus. Bei höheren Einstufungen werden die Policen teurer. Davor kann ein Wechsel schützen.

Ein rotes und ein blaues Auto
Ein rotes und ein blaues Auto

Die gute Nachricht zuerst: Die Kfz-Versicherung wird für mehr als vier Millionen Menschen im kommenden Jahr billiger, zumindest wenn es nach der Regionalklasse geht – gleichzeitig wird sie jedoch für ebenso viele Menschen teurer. Grund hierfür ist die jährliche Neuberechnung der Schadensbilanzen durch den Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV). Wir erklären, wie sich die Prämien zusammensetzen, wann sich eine Kündigung lohnt und welche Rechte Sie bei einer Erhöhung der Prämien haben.

Warum ändern sich die Beitragshöhen jährlich?

Die Höhe der Kfz-Versicherungsprämien hängt von mehreren Faktoren ab. Ein wichtiger Faktor ist der Bezirk, in dem einAuto zugelassen ist, die sogenannte Regionalklasse. Diese gibt es für die Kfz-Haftpflicht- sowie für die Voll- und Teilkasko-Versicherung. Je nach Schadenshäufigkeit und -höhe werden diese Regionalklassen angepasst: Kommt es in einer bestimmten Region zu vermehrten Unfällen, wird die Versicherung in dieser Regionalklasse teurer.

Gleiches gilt für die sogenannten Typklassen. Ein unabhängiger Treuhänder überprüft jedes Jahr die Schadensverläufe aller rund 33000 Fahrzeugmodelle auf dem deutschen Markt. Anhand dieser Daten werden Neueinstufungen für jene Autotypen vorgenommen, für die weniger Schäden gegenüber den Vorjahren gemeldet und entschädigt wurden – oder eben umgekehrt. Die Neueinstufung ist nach Veröffentlichung ab sofort für Neuverträge gültig und für bestehende Verträge zur Hauptfälligkeit. In der Regel ist das der 1. Januar des folgenden Jahres. In der Kaskoversicherung werden darüber hinaus örtliche Besonderheiten wie Diebstahlhäufigkeit, Hagel- und Glasschäden, Fahrzeugbrände oder die Anzahl der Wildunfälle berücksichtigt.

Außerdem beeinflusst beispielsweise die persönliche Schadenfreiheitsklasse die Höhe der Prämie. Seit einiger Zeit verweisen die Versicherungsunternehmen auch auf gestiegene Kosten für Reparaturen: Material, Ersatzteile und die Arbeitszeit in Werkstätten sind deutlich teurer, als sie es noch vor wenigen Jahren waren.

Wann lohnt sich ein Wechsel der Kfz-Versicherung?

Der Wettbewerb ist, auch wegen der genannten höheren Kosten, hart in der Versicherungsbranche. Neukunden werden deshalb oft mit günstigen Tarifen angelockt. Aus diesem Grund kann sich ein regelmäßiger, vielleicht sogar jährlicher Wechsel der Kfz-Versicherung finanziell lohnen. Wer einen Vertrag kündigen möchte, muss dies in der Regel schriftlich oder per E-Mail tun und die Kündigungsfrist beachten. Die meisten Verträge sind zum 31.Dezember kündbar. Um das zu nutzen, muss der Versicherung die Kündigung bis zum 30.November vorliegen. Um einen Nachweis für die Kündigung zuhaben, sollte um Bestätigung des Eingangs gebeten werden. Bei E-Mails lohnt es sich, die versendete Mail im Postausgang zu behalten und eine Lesebestätigung anzufordern.

Bei manchen Anbietern gelten jedoch auch andere Fristen, deshalb am besten einen Blick in den eigenen Vertrag werfen. So laufen viele Verträge ein Jahr lang. Werden sie unterjährig, also etwa am 30.April abgeschlossen, kann zum 1. Mai des folgenden Jahres gekündigt werden. Wer beim bestehenden Versicherer bleiben möchte, bekommt auf Nachfrage eventuell einen Rabatt eingeräumt.
Sonderfälle Neben der »ordentlichen Kündigung« können Autofahrer nach einer Beitragserhöhung oder einem Schadensfall außerordentlich kündigen. Auch wenn das Auto stillgelegt wird, kann der Versicherungsschutz selbstverständlich gekündigt werden. Dann muss der Assekuranz allerdings ein Nachweis der Stilllegung vorgelegt werden.

Kann man die Höhe der Versicherungsbeiträge beeinflussen?

Neben einem Wechsel des Anbieters können einzelne Versicherungselemente angepasst und so gespart werden. Dazu zählt zuallererst eine Kontrolle der wirklich gefahrenen Kilometer. Sind im Vertrag 10000 Kilometer Fahrleistung angegeben, kostet das 16 Prozent mehr, als wenn 5000 Kilometer gefahren werden. Tipp: Viele Versicherungen akzeptieren auch im laufenden Jahr noch eine Anpassung der Laufleistung, reduzieren dann die Versicherungssumme.

Auch ob jährlich oder beispielsweise monatlich bezahlt wird, macht eine Menge aus. Zahlen Versicherungsnehmer monatlich, kostet sie das im Jahr etwa acht Prozent mehr, als wenn sie jährlich zahlen würden. Wer halbjährlich die Beträge einziehen lässt, zahlt immer noch durchschnittlich vier Prozent drauf, haben Untersuchungen ergeben. Tipp: Sparen Sie das Geld dafür zum Beispiel auf einem Tagesgeldkonto an, bekommen Sie sogar noch Zinsen.

Je kleiner der Personenkreis der Fahrenden ist, desto preiswerter wird es. Theoretisch spart ein Alleinfahrer am meisten. Bei einigen Versicherungen gibt es aber mit Partner Ausnahmen: Manche bieten Paaren kleine Rabatte. Das ist jedoch von Anbieter zu Anbieter verschieden und sollte genau erfragt werden.

Wie kann man mit einem Fahranfänger im Vertrag sparen?

Grundsätzlich gilt: Dürfen Fahranfänger hinter das Steuer, verdoppeln sie im Schnitt den Beitrag nahezu, haben Studien ergeben. Dabei definieren die Anbieter ganz unterschiedlich, wie lange ein Fahrer als »jung« gilt. Bei einigen ist der 25. Geburtstag ausschlaggebend, bei anderen eine bestimmte Anzahl von Jahren Fahrpraxis. Sparfüchse sollten deshalb im Blick behalten, wie lange der Nachwuchs wirklich mit der Familienkutsche fährt: Verlässt er das Nest Richtung Studium, eigene Wohnung oder Auslandssemester, sollte der Nachwuchs auch wieder aus dem Vertrag gestrichen werden. Tipp: Kommt Junior in den Ferien nach Hause, kann er für einen begrenzten Zeitraum wieder in den Vertrag aufgenommen werden. Anruf oder E-Mail reichen meist. Lassen Sie sich den Versicherungsschutz aber unbedingt bestätigen. Das ist auch für Kind oder Enkelkind wichtig. Wenn sie beim Kauf des ersten eigenen Autos nämlich regelmäßige Fahrpraxis nachweisen können, wird auch die erste eigene Versicherung preiswerter.

Fahranfänger können sich außerdem Schadenfreiheitsklassen (SF-Klassen) übertragen lassen, zum Beispiel von Verwandten. Wichtig: Diese verlieren die SF-Klassen endgültig, für die Entscheidung gibt es kein Zurück. Um Streit zu vermeiden, sollte diese Option also nur genutzt werden, wenn klar ist, dass der Rabatt selbst nicht mehr benötigt wird. Das kann der Fall sein, wenn Oma und Opa aus Altersgründen nicht mehr Auto fahren wollen oder die Eltern zum Eintritt in die Rente den Zweitwagen abgeben. Das funktioniert übrigens auch, wenn der Inhaber der SF-Klasse verstorben ist und die Kinder das Auto geerbt haben. Mit einer Sterbeurkunde kann der Rabatt übernommen werden.

Zahlreiche Versicherungen bieten außerdem Rabatte an, wenn begleitetes Fahren ab 17 nachgewiesen werden kann oder schon das Auto der Eltern beim gleichen Anbieter abgesichert ist. Sogar der Nutzungsvertrag mit einem Carsharing-Anbieter weist Fahrpraxis nach. Bestätigt der Anbieter dies schriftlich, kann das bei der Versicherung für eine Einordnung in eine bessere SF-Klasse sorgen. Vorsicht beim Preisvergleich im Internet, dort sind solche Konditionen oftmals nicht abrufbar. Besser ist eine Anfrage beim Anbieter.

Kann ich die Regional- oder Typklasse beeinflussen?

Die Regionalklasse lässt sich nicht ändern: Das Auto woanders, beispielsweise am Wochenendgrundstück, zu melden, ist nicht erlaubt. An der Typklasse kann aber auf jeden Fall geschraubt werden. Schließlich gucken die Versicherer genau hin, mit welchen Modellen es besonders häufig kracht oder welche Typen öfter geklaut werden. Stärker motorisierte Modelle wie Audi A83.0 TDI oder Jeep Grand Cherokee 3.6 V6 sind in höheren Typklassen eingeordnet als niedrigmotorisierte oder ältere Modelle wie Ford Ka 1.2. Hier kann nur vor der Anschaffung verglichen und gespart werden. Wer eh gerade einen Autokauf plant, kann sich auf dieversicherer.de/versicherer/auto/typklassenabfrage über die aktuellen Typklassen informieren.

Wer jetzt eine Preiserhöhungsankündigung der Kfz-Versicherung im Briefkasten hat und wechseln möchte, sollte auf mindestens zwei Vergleichsportalen Preise und Konditionen genau unter die Lupe nehmen, präzise die einzelnen Parameter überprüfen und beim bisherigen Anbieter nach besseren Bedingungen fragen. Vielleicht lässt sich so eine Preiserhöhung vermeiden.

Bei der Kommunikation mit Versicherungen sollte man sich Zusagen immer schriftlich bestätigen lassen. So hat man im Streitfall Beweise.

Elke Weidenbach, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale NRW

Aufmerksame Kommunikation

Auf telefonische Zusagen der gegnerischen Versicherung lieber nicht verlassen

Der Fall

Erst schien alles ganz unkompliziert: Das Auto von Guter Rat-Leser Christian Wöhner wurde auf einem Parkplatz beschädigt. Die Schuldfrage war eindeutig, wurde von der gegnerischen Partei nicht infrage gestellt und die Versicherungsdaten ausgetauscht. Als sich Wöhner nun mit der gegnerischen Versicherung in Verbindung setzte, wurde er um einen Kostenvoranschlag für eine Reparatur gebeten. Dafür könne er selbst eine Werkstatt auswählen.

Das Problem

Ob er einer Begleichung der Reparaturkosten auf Basis dieses Kostenvoranschlags zustimmen würde, wurde Wöhner gefragt und auch gleich um seine Bankverbindung gebeten. Der Geschädigte bejahte und gab die Bankdaten weiter.
Keine Reaktion Doch nun wartete er vergebens auf das Geld. »Dass ich die Mehrwertsteuer nicht ersetzt bekommen würde, damit hatte ich gerechnet, das hatte ich irgendwo gelesen«, so Wöhner. Doch dass es über vier Wochen gar kein Geld gab, störte ihn. Immerhin ging es um eine Reparatur in Höhe von mehreren Tausend Euro.

Erneuter Kontakt

Erst auf mehrfaches Nachfragen im Servicecenter der Versicherung kam Bewegung in die Sache. Allerdings überwies sie weniger Geld als angenommen: Sie bezog sich bei der gezahlten Summe auf einen erheblich geringeren Kostenvoranschlag einer anderen Kfz-Werkstatt. Da Wöhner sich auf die telefonischen Aussagen der Servicemitarbeiter verlassen hatte und keine schriftliche Bestätigung für die getroffenen Verabredungen nachweisen konnte, blieb er auf der Differenz sitzen: »Mir fehlen jetzt knapp 1000 Euro, das ist echt ärgerlich.«

Kundenrecht

»Aus genau diesen Gründen ist es wichtig, sich solche Absprachen immer schriftlich bestätigen zu lassen und die Reparatur am besten erst durchführen zu lassen, wenn diese Bestätigung da ist«, sagt Elke Weidenbach, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale NRW. Sie empfiehlt außerdem, sich den Namen des Gegenübers nennen zu lassen.

Wartezeit

Dass Wöhner so lange auf sein Geld warten musste, sei dagegen normal. Vier bis sechs Wochen dauere eine Schadensregulierung im Durchschnitt. Schwere des Unfalls und Bearbeitungszeit bei der Versicherung beeinflussen die Geschwindigkeit der Auszahlung.