Eure Knie tun nach dem Sport immer weh? Ein Spezialist erklärt, worauf ihr achten müsst, um eure Gelenke zu schonen

„Nur falsches Laufen schadet den Gelenken“, sagt der Kniespezialist - Copyright: picture alliance / Zoonar | Channel Partners
„Nur falsches Laufen schadet den Gelenken“, sagt der Kniespezialist - Copyright: picture alliance / Zoonar | Channel Partners

Plötzliche auftretende Knieschmerzen können viele Hintergründe mit sich bringen, doch Bewegung ist keiner davon. Das Laufen an sich schadet dem Knie nämlich nicht direkt – jedoch gibt es verschiedene Auslöser, die zu Problemen führen können.

Der Kniespezialist Sven Ostermeier ist leitender Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin der orthopädischen Gelenk-Klinik in Gundelfingen bei Freiburg und erklärt in einem Interview mit der „Welt“: „Laufen schadet den Gelenken nicht. Nur falsches Laufen schadet den Gelenken“.

Hier erfahrt ihr, wie ihr eure Knieschmerzen beim nächsten Mal richtig einordnet, welche kleinen Aspekte bei der Vorbeugung helfen und was zu tun ist, wenn eure Beschwerden länger als drei Tage anhalten.

Meist verursachen Sehnenansätze die Schmerzen

Der häufigste Fehler, den ihr beim Sport machen könnt, ist eure Muskelansätze zu überlasten, wodurch ein Überlastungssyndrom entsteht, so Ostermeier im Gespräch mit „Welt“-Reporterin Melanie Haack.

Die häufigsten Beschwerden entstünden bei dem sogenannten Läufer- oder Springerknie, wobei das Läuferknie die gängigste Beschwerdeform ist. Beide setzten jedoch im Bereich der Sehnenansätze an, welche das Kniegelenk stabilisieren sollen. So auch der Tractus iliotibialis. Er setzt am Darmbein an und zieht über die Außenseite des Oberschenkels und über das Kniegelenk zum oberen Ende des Schienbeins. Er spielt somit eine wichtige Rolle in der Stabilisierung der gesamten unteren Gliedmaßen, so Ostermeier.

Der Kniespezialist sagte der „Welt“, dass es genau diese Sehnenansätze sind, die zu einem Überlastungssyndrom im Knie führen können.

Fehlstellungen im Bein können Knieschmerzen begünstigen

Laut Ostermeier entstehen Schmerzen in den meisten Fällen nicht durch eine fehlende Muskulatur, sondern durch eine unangemessene Belastung. Beispielsweise wenn ihr eurem Knie zu viel auf einmal zumutet, obwohl dieses für einen bestimmten Belastungsgrad überhaupt nicht angepasst ist. Auch eine Schwäche der Hüfte, sowie des seitlichen Gesäßmuskels können zur Überlastung der Knie beitragen.

Kniespezialist Prof. Dr. Sven Ostermeier  - Copyright: thomas hansmann.fotograf/Orthopädischen Gelenk-Klinik
Kniespezialist Prof. Dr. Sven Ostermeier - Copyright: thomas hansmann.fotograf/Orthopädischen Gelenk-Klinik

Bei dem Läuferknie äußern sich die Schmerzen vorwiegend an der Außenseite des Knies während der Belastung. Es entsteht ein Stechen oder Ziehen und es kann zu einer Verletzung am Außenmeniskus kommen. Ebenso könnte sich ein Knorpelschaden bis hin zu Arthrose im äußeren Gelenkspalt abzeichnen. Vor allem, wenn ihr eine zusätzliche Fehlstellung, also ein X-Bein habt, ist das Risiko einer Verletzung höher, sowie bei der Verwendung des falschen Schuhwerks.

Die richtige Körperhaltung führt längerfristig zu weniger Knieschmerzen

Die Kniegelenke sind eines der am meisten beanspruchten Gelenke im Körper und genau für diese Belastung ausgelegt, so Ostermeier im „Welt“-Interview. Besonders auf der Knorpeloberfläche hinter der Kniescheibe befinde sich sinngemäß die größte Dicke von allen Gelenkflächen. Deshalb „ist offensichtlich an dieser Stelle die Belastung auf die gesamte Gelenkfläche am größten“, erläutert Ostermeier. So verlagert man beispielsweise das Acht- bis Zehnfache Körpergewicht bei Kniebeugen auf die Kniescheiben.

Ein weiterer Risikofaktor ist laut Ostermeier die hohe Belastung der Knie beim Bergablaufen. Durch die Schwerkraft bekommt der Körper Schwung, der bei jedem Schritt abgebremst werden muss – eine erhebliche Belastung für das Kniegelenk. Hinzu kommt, dass sich der Oberkörper hinter dem Drehpunkt des Kniegelenks befindet. Wäre er davor, würde man nach vorn kippen, so Ostermeier. Diese Körperhaltung führe dazu, dass das Kniegelenk immer leicht gebeugt bleibt und nie vollständig gestreckt wird.

Zudem erfordert das Auftreten eine verstärkte Beugung, wodurch der Oberschenkelstreckmuskel besonders beansprucht wird. Das erhöht die Stabilisierungslast für das Knie und kann schnell zu einer Überlastung führen, schlussfolgert der Spezialist.

Des Weiteren ist eine ausgeprägte Rückenmuskulatur von Vorteil, sagt Ostermeier. Manche Menschen würden sich nur auf die Beine konzentrieren – "dann hat man möglicherweise ein gut trainiertes Fahrwerk, aber die Karosserie hat ein Problem, weil sie nicht stabil genug ist".

So entlastet ihr euere Kniegelenke

Um das Knie beispielsweise beim Bergablaufen zu entlasten, ist eine gute muskuläre und geplante Vorbereitung entscheidend, denn ein gezieltes Aufwärmtraining kann Verletzungen vorbeugen, so Ostermeier. Zudem sei es besonders wichtig, nicht ins Hohlkreuz zu fallen, um den Körperschwerpunkt nicht zu weit hinter das Kniegelenk zu verlagern.

Ein Tipp des Kniespezialisten, ist das Gehen oder Laufen mit Stöcken – sie bieten zusätzliche Stabilität und ermöglichen eine leicht nach vorn geneigte Haltung, wodurch die Belastung auf die Knie reduziert wird. Zusätzlich ist die vorherige und korrekte Dehnung, besonders der Oberschenkelmuskulatur, wichtig. Zudem ist Ostermeier ein großer Befürworter des Schwimmens, wodurch alle Muskelgruppen, wie die Knie und der Rücken, im Körper angesprochen werden.

Solltet ihr dennoch erste Anzeichen einer Überlastung spüren, ist eine konsequente Schonung bei Knieschmerzen das A und O. Treten akute Schmerzen auf, hilft kühlen, wobei bei länger anhaltenden Beschwerden auch Wärme sinnvoll sein kann. Salben, entzündungshemmende Verbände oder Kohlwickel können ebenfalls unterstützend wirken.

Kühlen kann häufig akute Schmerzen lindern.  - Copyright: picture alliance / Lars Zahner/Shotshop | Lars Zahner
Kühlen kann häufig akute Schmerzen lindern. - Copyright: picture alliance / Lars Zahner/Shotshop | Lars Zahner

Nach dem Abklingen der akuten Entzündung und der Knieschmerzen rät Ostermeier zu Dehnübungen, um die betroffenen Sehnen zu entlasten und Verkürzungen zu vermeiden. Eine weitere besonders wirksame, wenn auch schmerzhafte Methode, ist laut Ostermeier die Faszienrolle. Diese lockert die Muskulatur gezielt auf. Als Alternative dazu kann auch ein Igelball genutzt werden.

Zudem können Physiotherapie und manuelle Therapie zur Entlastung der Sehnen beitragen. In manchen Fällen, so Ostermeier, kann auch Akupunktur eine lindernde Wirkung haben.

Falls eure Beschwerden trotz dieser Maßnahmen nach drei Tagen immer noch anhalten, kann eine medikamentöse Therapie notwendig sein. Entzündungshemmende Schmerzmittel wie Voltaren, Ibuprofen oder Diclofenac können euch kurzfristig Erleichterung verschaffen.

In schwereren Fällen kann ein Arzt gezielt Injektionen mit entzündungshemmenden oder schmerzlindernden Mitteln setzen – in extremen Fällen auch mit einer milden Kortisonbehandlung.

EF