"Landauer - Der Präsident": Der Macher des frühen FC Bayern

Jedes Kind kann heute das Mittelfeld des FC Bayern aufzählen, die älteren schwärmen von "Loddar" Matthäus und "Tiger Effe" und die noch etwas älteren schwelgen in Erinnerungen an die Erfolgself der siebziger Jahre mit Beckenbauer, Müller und Co. Doch der Name Kurt Landauer ist den wenigsten Bayern-Fans geläufig. Dabei steht der ehemalige Präsident des heute größten Vereins der Welt für die erste große Epoche des FC Bayern. Ohne ihn wäre der FC Bayern nicht das, was er heute ist. Mit ihm verbunden ist jedoch auch das schwärzeste Kapitel der deutschen Geschichte, die Nazi-Zeit. Darunter hatte Landauer, ein Jude, besonders schwer zu leiden. Dies alles wird jetzt in einem TV-Film gezeigt.

Landauer wurde 1884 in der Nähe von München geboren. Schon in der Jugend trat er dem Verein bei, zunächst spielte er für die Roten, danach wurde er deren Präsident. In seine zweite Präsidentschaft fällt der erste deutsche Meistertitel für den FC Bayern im Jahr 1932 - nur ein Jahr bevor die Nazis in Deutschland an die Macht kamen. Landauer durfte ab 1933 nicht mehr Präsident des FC Bayern sein, die Nazis steckten ihn 1938 für zwei Monate in das Konzentrationslager Dachau.

Alles für den FC Bayern

Danach floh er in die Schweiz, musste von dort mit ansehen wie die Nazis seinen Verein klein hielten und ihn als Judenclub abstempelten. Nach Kriegsende kehrte Landauer nach München zurück, wurde nochmals FCB-Präsident und gab sein Bestes, um den Klub wiederaufzubauen. Genau um diese Zeit geht es auch in "Landauer - Der Präsident". Die Probleme der unmittelbaren Nachkriegszeit werden im Film dabei anschaulich dargestellt. So stößt Landauer nach seiner Rückkehr bei den amerikanischen Behörden und deutschen Ämtern auf Ablehnung, als er um eine Lizenz bittet und ein Stadion für seinen Verein sucht. Kein Wunder, schließlich litten die Menschen zur damaligen Zeit unter großen Hunger, München war zu großen Teilen zerstört.

Ob also Landauers Ansinnen immer vernünftig waren, bleibt dahingestellt, doch für Landauer war der Verein FC Bayern mehr als nur ein Klub, er war seine Familie. Dies zu transportieren gelingt Josef Bierbichler, dem Darsteller von Landauer, äußerst gut. Für den Verein gibt er alles, darunter leidet auch die Beziehung zu seiner Freundin (im Film gespielt von Jeanette Hain). Sie kennt ihren Kurt und realisiert so irgendwann, dass sie ihn nur haben kann, wenn sie ihn mit dem Fußball teilt.

Im Drehbuch stehen schöne Sätze wie Landauers Aussage, "Die Sechzger kapieren es wieder erst, wenn's alles zu spät ist", über das Zaudern des Lokalrivalen 1860 München hinsichtlich der Wiederaufnahme des Spielbetriebs. Oder die des Ex-Spielers Conny Heidkamps (dargestellt von Andreas Lust), "es war nicht jeder ein Held", in Richtung Landauer. Dieses Zitat könnte übrigens als Titel für den Film dienen. Zeigt es doch die Probleme auf, die die unmittelbare Nachkriegszeit mit sich brachte. Landauers Ende bei den Roten war dann wenig rühmlich, doch eines sollte bis zu seinem Tod im Jahr 1961 gleich bleiben: Der FC Bayern blieb sein Verein.

Präsenter Bierbiechler

Landauer hat nach seiner Rückkehr mit einigen Widerständen zu kämpfen - Bierbichler als Landauer walzt sie im Film mit seiner Präsenz nieder. Nur am ehemaligen Spieler Conny Heidkamp beißt er sich die Zähne aus. Ihm hat Landauer nicht verziehen, dass er ihn zu seinen Exilzeiten, als der FC Bayern in der Schweiz antrat und Landauer als Zuschauer einem Spiel beiwohnte, nicht gegrüßt hat. Der Hintergrund dazu: Die Nazis verboten damals den Spielern jeglichen Kontakt zu Landauer. Viele hielten sich nicht daran, jedoch aber Heidkamp. Im Film darf Heidkamp den Satz sagen, der stellvertretend für Landauers Zeit nach dem 2. Weltkrieg steht: "Kurt, du bist unser schlechtes Gewissen." In Erinnerung bleibt zudem, dass Landauer sich vor allem als Bayer und Anhänger des FC Bayern sah. Weniger als Jude oder Deutscher. Bierbichler schafft es, dies in seiner Verkörperung von Landauer glaubhaft zu machen.

Der Film enthält kaum Fußball-Spielszenen. Und das ist gut so. Denn die wenigen wirken arg ungelenk. Dazu sehen die Kleider der Bevölkerung immer ein bisschen zu sauber aus, die Menschen zu gut ernährt. Schließlich war Deutschland direkt nach dem Krieg ein Dritte-Welt-Land, wenn man einen Begriff von heute bemüht. Zudem hätte es interessiert, wie sich Landauer nach seiner Rückkehr aus dem Exil so schnell wieder in München zurechtfinden konnte. Woher kommt das Geld für das schicke Auto? So wird einiges zu selbstverständlich eingeführt, obwohl man als Zuschauer doch gerne genauer Bescheid wissen würde.

Fans sorgen für sein Andenken

Das Kapitel Landauer geriet übrigens nach dessen Tod schnell in Vergessenheit, auch der Klub FC Bayern bemühte sich wenig, das Leben und Wirken von Landauer in Erinnerung zu halten. Dafür sorgten dann die Fans selbst. Und zwar solche, die unwissende Medien-Schaffende und große Teile der Bevölkerung gerne als Hooligans bezeichnen. Die Schickeria München, ein Fanclub, der der Ultra-Szene nahe steht, kümmert sich bereits seit 2002 darum, das Bewusstsein für Landauer am Leben zu halten. Mit Choreographien im Stadion oder einem Fußballturnier für Fans, bei dem um den Kurt-Landauer-Pokal gespielt wird.

"Landauer - Der Präsident" ist sicher nicht nur ein Film für Bayern-Fans. Doch ob sich Sechzger oder BVB-Fans dieses interessante Kapitel des deutschen Rekordmeisters zu Gemüte führen, darf bezweifelt werden. Schade, denn auch Leute, die keinen Bezug zum Fußball haben, bekommen neue Einblicke in die unmittelbare Nachkriegszeit. Und vor allem wird dargestellt, wie altes Denken nicht so einfach aus den Köpfen verschwindet. Was aktueller denn je ist, man erinnere sich nur an die zum Teil Juden-, jedoch zumindest Israel-feindlichen Parolen, die im Sommer in Deutschland immer wieder zu hören waren.

Ausgestrahlt wird "Landauer - Der Präsident"am 15. Oktober im Ersten um 20:15 Uhr.