Lebensmittelvergiftung oder Lebensmittelinfektion: Wie erkennen und richtig reagieren?

Universitätsprofessor im exklusiven Interview

Übelkeit ist meist der erste Indikator für lebensmittelbedingte Erkrankungen. (Bild: Getty Images)
Übelkeit ist meist der erste Indikator für lebensmittelbedingte Erkrankungen. (Bild: Getty Images)

Es beginnt mit leichtem Unwohlsein, dann folgen meist Übelkeit, Bauchschmerzen und Erbrechen: Eine lebensmittelbedingte Erkrankung ist wahrlich keine angenehme Erfahrung. Unser Experte Prof. Dr. Ahmad Hamedy, Universitätsprofessor am Institut für Lebensmittelhygiene der Universität Leipzig, erklärt die typischen Symptome und wie man sich im Krankheitsfall verhalten sollte.

Lebensmittelvergiftung: Das sind die Ursachen

Der Kartoffelsalat zu Mittag war köstlich, doch am Abend schmerzt plötzlich der Bauch. Wenn dann noch Fieber, Durchfall und Erbrechen hinzukommen, ist schnell klar: Hier liegt vermutlich eine Lebensmittelvergiftung vor. Aber wie kommt es eigentlich dazu? „Biologische Gefahren beim Verzehr von Lebensmitteln gehen insbesondere auf eine Belastung der Lebensmittel mit Bakterien, Viren, Parasiten oder Schimmelpilzen zurück. Bei den Bakterien unterscheidet man zwischen Infektionserregern (Lebensmittelinfektion) und Toxinbildnern (Lebensmittelvergiftung), wobei einige Erreger sowohl Infektionen verursachen als auch Toxine bilden“, erklärt Prof. Dr. Ahmad Hamedy, Universitätsprofessor am Institut für Lebensmittelhygiene der Universität Leipzig.

Unterschied Lebensmittelvergiftung und Lebensmittelinfektion

Das heißt: Auch wenn viele Menschen bei der Verwendung der Begriffe Lebensmittelinfektion und Lebensmittelvergiftung nicht unterscheiden, gibt es einen wichtigen Unterschied: Eine Lebensmittelvergiftung ist keine Infektion. Sie ist also auch nicht ansteckend. Verursacher sind meist die Giftstoffe (Toxine) eines Bakteriums, beispielweise Staphylococcus aureus. Häufig sind auch Clostridium-Arten und Bakterien der Gruppe Bacillus cereus die Übeltäter. Entweder werden Toxine von den Bakterien im Körper gebildet, nachdem der Mensch die Erreger aufgenommen hat. Oder die Bakterien bilden bereits in der Nahrung Giftstoffe, die dann über beim Essen in den Magen-Darm-Trakt gelangen. Besonders tückisch: Betroffenen Lebensmitteln ist gewöhnlich nicht anzusehen, dass sie mit Erregern befallen sind. Denn die Keime sind weder zu schmecken noch zu riechen.

Bei einer Lebensmittelinfektion gelangt der Erreger in den Magen-Darm-Trakt. Dort vermehrt er sich und sorgt für die typischen Symptome. Klassische Verursacher solcher Infektionen sind Campylobacter-Bakterien, Salmonellen, Listerien, EHEC-Bakterien, Hepatitis-, Noro- und Rotaviren. Lebensmittelinfektionen können in einigen Fällen ansteckend sein, das heißt, Krankheitserreger können von einer infizierten Person auf eine andere übertragen werden.

Wie häufig sind Lebensmittelinfektionen und Lebensmittelvergiftungen?

In Deutschland werden jährlich mehr als 100.000 Erkrankungen gemeldet, die auf den Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln zurückzuführen sind. Die Meldepflicht gilt jedoch nur für bestimmte Erreger, so dass die tatsächliche Zahl der Erkrankungen deutlich höher liegen dürfte. Allgemein wird davon ausgegangen, dass im Durchschnitt nur 5 bis 10 Prozent der Fälle gemeldet werden. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählen lebensmittelbedingte Infektionen und Intoxikationen zu den häufigsten Erkrankungen des Menschen.

Lebensmittelvergiftung: Das sind die Symptome

"In vielen Fällen diagnostiziert der Hausarzt eine Lebensmittelvergiftung allein aufgrund der Symptome. Die Hauptsymptome sind Übelkeit, Durchfall, Erbrechen und Magenkrämpfe. Man kann aber auch Fieber, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen oder Blut im Stuhl haben. Möglicherweise sind Patient*innen auch dehydriert, so dass sich Mund und Rachen trocken anfühlen und die Person nicht so oft Wasser lassen muss wie sonst", so Prof. Hamedy.

So lange dauert eine Lebensmittelvergiftung

Die Beschwerden treten oft bereits nach wenigen Stunden auf, entweder nachdem Verzehr des kontaminierten Lebensmittels oder nachdem der Krankheitserreger in den Körper gelangt ist und die Toxine freigesetzt hat. Oft verspüren andere Personen, die das Gleiche gegessen haben, dieselben Symptome. Eine leichte Lebensmittelvergiftung bzw. Lebensmittelinfektion heilt für gewöhnlich innerhalb weniger Stunden bis zu wenigen Tagen von allein wieder aus. Doch der Experte warnt: "Sollten die Symptome länger als zwei bis drei Tage andauern oder sollten Beschwerden wie Fieber oder blutiger Durchfall auftreten, empfiehlt es sich, den Hausarzt zu konsultieren."

Frau im Bett
Viel Ruhe und ausreichend Flüssigkeit, um den Elektrolytverlust auszugleichen – so erholt man sich am schnellsten von einer Lebensmittelvergiftung.

Was hilft bei einer Lebensmittelvergiftung?

Bei einer Lebensmittelvergiftung bzw. Lebensmittelinfektion mit Erbrechen und Durchfall ist es wichtig, ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen, damit der Körper nicht dehydriert. Am besten geeignet sind stilles Wasser und Kräutertees. Sorten wie Fenchel, Kümmel und Pfefferminze beruhigen den Magen und helfen gegen Übelkeit. Spezielle Elektrolytlösungen aus der Apotheke oder Nahrungsmittel wie Salzstangen, Zwieback oder Gemüsebrühe helfen dabei, den Salzhaushalt wieder zu normalisieren. Für den Genesungsprozess ebenfalls wichtig: ausreichend Bettruhe und viel Schlaf.

Für wen ist eine Lebensmittelvergiftung besonders gefährlich?

Für einen gesunden Erwachsenen stellt eine Lebensmittelvergiftung in der Regel kein Gesundheitsrisiko dar. "Anders sieht es bei YOPI (Young Old Pregnant Immuno-compromised) aus. Das sind Kinder, vor allem Kleinkinder, ältere Menschen, Schwangere und Personen, deren Immunabwehr durch schwere Vorerkrankungen geschwächt ist. Sie erkranken in der Regel häufiger und schwerer als andere Bevölkerungsgruppen. Unter- und Fehlernährung sowie Störungen der Magensaftproduktion und der physiologischen Darmmikroflora wirken sich ebenfalls in diese Richtung aus. Wer zu dieser Gruppe gehört, sollte generell vorsichtiger sein und auf jeden Fall auf rohe oder nicht vollständig durchgegarte tierische Produkte (Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte, Eier) verzichten", so Prof. Dr. Ahmad Hamedy.

Unser Experte:

Ahmad Hamedy ist Professor für Fleischhygiene am Institut für Lebensmittelhygiene der Universität Leipzig. Seine Forschungsschwerpunkte: Fragen der Lebensmittelsicherheit und Tierschutz bei der Lebensmittelherstellung und bei der Schlachtung, bei der Vermarktung von Lebensmitteln sowie beim Verbraucher. Zuvor war er unter anderem als Professor für Lebensmittelhygiene und Mikrobiologie an der Hochschule Anhalt tätig.

Quelle: Privat
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