Wieso „Liebe braucht keine Ferien“ auch 2024 noch der beste Weihnachtsfilm aller Zeiten ist
Die Antworten auf die Frage nach dem liebsten Weihnachtsfilm sind so vielfältig, wie der Geschmack bei der Weihnachtsbaum-Deko. Viele nennen „Kevin – Allein zu Haus“ (auch bei mir weit oben auf der Liste). Andere schwören auf den Klassiker „Tatsächlich Liebe“ (kontrovers). Und so manch eine Person mag vielleicht sogar „Notting Hill“ (es gibt eine einzige Szene, die im Winter spielt). Wieder andere wissen gar keine Antwort auf die Frage, schließlich ist das Angebot sehr breit – und wird dank Netflix und Co. immer mehr.
Meine Antwort? Braucht keine Sekunde Bedenkzeit. Jedes Weihnachten steht „Liebe braucht keine Ferien“ (2006) ganz oben auf meiner Watchlist, auch bekannt unter dem englischen Titel „The Holiday“. Entdeckt habe ich ihn vor vielen Jahren, als man Filme noch in einer Videothek auslieh, statt Netflix zu öffnen. Und ich bin bis heute der festen Überzeugung, dass das der absolut beste Weihnachtsfilm aller Zeiten ist.
„Liebe braucht keine Ferien“: Darum geht es bei dem Weihnachtsfilm-Klassiker
Die Handlung von „Liebe braucht keine Ferien“ ist die absolute Traumvorstellung eines jeden Interior-Fans oder Jetsetters: Zwei Frauen, die Journalistin Iris (Kate Winslet) und Amanda (Cameron Diaz), Chefin einer Filmtrailer-Produktionsfirma, tauschen rund um Weihnachten ihre Häuser. Die eine reist nach L.A., die andere ins gemütliche Surrey in Großbritannien. Die eine, um den Betrug ihres Ex-Freundes zu verarbeiten. Die andere aus Frust, weil der Mann, den sie jahrelang mehr oder weniger heimlich liebte, jetzt mit einer anderen verlobt ist. Die eine lebt nun in einer riesigen Villa im Hollywood-Stil, die andere in einem süßen Cottage auf dem englischen Land. Könnte der Start einer kitschigen Romcom sein, ist aber die Handlung des absolut besten Weihnachtsfilms.
Dazu kommen auf beide Hauptcharaktere noch zwei Love-Interests. Graham (gespielt von Jude Law) ist der Bruder von Iris und überrascht Amanda nach einem etwas alkoholreichen Abend an deren Urlaubsstätte. Miles (Jack Black), ein aufstrebender Filmmusik-Komponist, läuft Iris in L.A. über den Weg. Bei den einen wird relativ schnell klar, dass da etwas ist. Bei den anderen braucht es etwas (für die Charaktere, nicht für die Zuschauenden). Gemacht wurde „Liebe braucht keine Ferien“ von Regisseurin Nancy Meyers, die für viele herzerwärmend-kluge Filme bekannt ist.
Was „Liebe braucht keine Ferien“ zum besten Weihnachtsfilm aller Zeiten macht – und was mich trotzdem stört
Natürlich habe ich Kritikpunkte an dem Film: Der durchweg undiverse Cast, die hetero-normativen Beziehungsmuster, die manchmal etwas in Klischees verfallenden Rollenbilder. Trotzdem zieht mich jedes Jahr etwas an diesem Weihnachtsfilm an (und ja, der Charme von Jude Law trägt seinen Teil dazu bei, ist aber nicht der ausschlaggebende Punkt).
Trotz der eher unrealistischen Leben der zwei Frauen (mal ehrlich: Wem gehört schon eine riesige Villa in Kalifornien?) fühlt man sich doch überraschend verstanden von ihnen. Vielleicht liegt es an der Tatsache, dass egal wie erfolgreich, beliebt oder charismatisch man ist: Vor einem gebrochenen Herzen ist niemand sicher. Insbesondere die Rolle von Kate Winslet löst wahrscheinlich in vielen den Gedanken aus: Kenne ich!
Es spielt keine Rolle, wie viele neue Haarschnitte du bekommst, oder Fitnessstudios, denen du beitrittst, oder wie viele Gläser Chardonnay du mit deinen Freundinnen trinkst – du gehst immer noch jede Nacht ins Bett und gehst jedes Detail durch und fragst dich, was du falsch gemacht hast, oder wie du es missverstanden haben könntest. Und wie zum Teufel konntest du für diesen kurzen Moment denken, dass du so glücklich bist?
Vielleicht aber auch wegen der Art, wie Iris und Amanda nach und nach erkennen, dass sie nicht immer nach der Schuld bei sich selber suchen müssen. Oder wie sie auf ihre Weise lernen, ihren Gefühlen wirklich Raum zu geben. Während Iris erkennt, dass sie bisher wie eine Nebenfigur im Film ihres eigenen Lebens spielte, traut sich Amanda, das ganze Spektrum ihrer Gefühle wieder herauszulassen. Die Liebe spielt dabei zwar auch eine Rolle, aber ohne Retter*innen-Symbolik. Sie ist nur Symptom, nicht Ursache.
Dazu kommen moderne Rollenbilder, die in Weihnachtsfilmen – oder generell Romcoms der 2000er – eher weniger üblich sind. So ist es bei der Frage, ob eine Fernbeziehung funktionieren könnte, nicht Amanda, die auf Kinder Rücksicht nehmen muss. Denn Graham a.k.a. Jude Law ist alleinerziehender Vater. Und auch von toxischer Männlichkeit ist bei den zwei Love-Interests nichts zu spüren.
Dazu, hach, diese Musik: Komponiert von Oscar-Preisträger Hans Zimmer und der perfekte Hintergrund-Soundtrack, wenn das Leben wieder etwas mehr Wärme vertragen könnte. Und diese Ästhetik: Die Gemütlichkeit, die jede Szene ausstrahlt – vor allem diese, die im britischen Surrey stattfinden. Wenn Amanda in der frei stehenden Badewanne über ihr Leben als Kinotrailer nachdenkt, wenn sie über schneebedeckte Felder läuft und dabei niemandem außer ein paar Schafen begegnet. Dieser Film schreit förmlich Cozyness. Er ist das perfekte Guilty Pleasure für alle, die lieber zum 50. Mal „Gilmore Girls“ schauen, anstatt nach Neuerscheinungen auf Netflix zu suchen.
Tatsächlich erlebt der (Mode)-stil des Films dieses Jahr sogar ein Revival. Auf TikTok und Co. ging nach „Clean Girl“ und „Brat“ im Herbst 2024 der Begriff „Frazzled English Woman“ umher. Ein Mikrotrend für alle, die sich eher nach Landhaus-Stil statt Beach Vibes sehnen. Die sich öfter als gewollt in Bridget Jones wiedererkennen, manchmal etwas zu chaotisch sind und eher auf Grobstrick statt Hoodie setzen.
Natürlich ist von Anfang klar, wie dieser Film ausgehen wird. Aber darum geht es bei „Liebe braucht keine Ferien“ nicht (oder nur zweitrangig). Hier geht es um die Tatsache, immer neu anfangen zu können. Um das Über-sich-hinauswachsen, um das Gefühl von Zuhause an einem unbekannten Ort. Einfach die perfekte Portion Kitsch, die es an Weihnachten braucht – nicht zu viel, aber auch definitiv nicht zu wenig.
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