Von Love Bombing zu Friendship Bombing: Emotionale Manipulation in Freundschaften

Hinter dem Phänomen des Friendship Bombing verbirgt sich die Gefahr emotionaler Kontrolle und Isolation in Freundschaften

Hinter dem Phänomen des Friendship Bombing verbirgt sich die Gefahr emotionaler Kontrolle und Isolation in Freundschaften

Getty Images, Ron Galella, Ltd./Ron Galella Collection via Getty Images

Neue Freundschaften sind oft aufregend und voller Energie. Man trifft sich, lacht, teilt Geheimnisse und hat das Gefühl, eine*n Seelenverwandten gefunden zu haben. Doch was passiert, wenn diese Vertrautheit plötzlich zu einer unerwarteten Überforderung führt? Hier kommt das Phänomen des Friendship Bombing ins Spiel.

Zu schnell, zu schön: Das steckt hinter dem Phänomen Friendship Bombing

Friendship Bombing beschreibt ein Verhalten in Freundschaften, das stark an Love Bombing erinnert. Dabei wird eine Person mit übertriebener Zuneigung, ständiger Aufmerksamkeit und ungebetener Unterstützung überschüttet. Manchmal fühlt es sich an, als hätte man den perfekten Freund oder die perfekte Freundin gefunden – immer zur Stelle, um das Leben schöner zu machen. Diese intensive Zuwendung kann zu Beginn wunderbar und sogar berauschend wirken, da man sich geliebt und wertgeschätzt fühlt.

Doch unter dieser glänzenden Oberfläche kann sich eine andere Absicht verbergen: Ein „Friendship Bomber“ ist oft darauf aus, eine enge Bindung zu schaffen, die dazu führt, dass andere Freundschaften in den Hintergrund gedrängt werden. Die ständige Nachfrage nach Kontakt und der Wunsch, immer Zeit miteinander zu verbringen, können schnell überfordernd wirken. Die Paartherapeutin Jamila Mewes erklärt dazu: „Die Betroffenen fühlen sich geliebt und wertgeschätzt, ohne zu bemerken, dass sie in eine manipulative Beziehung geraten.“

Aus Vertrautheit wird Kontrolle

Die Fallstricke von Friendship Bombing zeigen sich oft in der Dynamik der Beziehung. Während anfangs die übermäßige Zuneigung und Unterstützung verlockend erscheint, kann sie schnell in eine emotionale Abhängigkeit umschlagen. Betroffene fühlen sich häufig verpflichtet, dem Freund oder der Freundin ständig gerecht zu werden, was dazu führen kann, dass eigene Bedürfnisse und Grenzen in den Hintergrund geraten. Diese ungleiche Balance kann ein Gefühl der Isolation hervorrufen, da der „Friendship Bomber“ nicht nur die Kontrolle über die Beziehung erlangt, sondern auch versucht, die betroffene Person von anderen sozialen Kontakten abzuschotten. Jamila Mewes betont: „Freundschaftsbomber idealisieren ihre Freundschaften und haben oft unrealistische Erwartungen an die Beziehung.“ Wenn es zu Konflikten kommt, kann die anfängliche Zuneigung schnell in Ablehnung umschlagen, was für die betroffene Person äußerst verwirrend ist.

Der Weg aus dem Friendship Bombing: Grenzen setzen

Um gesund und nachhaltig mit Freundschaften umzugehen, ist es entscheidend, ein Gespür für die Dynamik zu entwickeln. Wenn das Gefühl aufkommt, dass eine Beziehung zu fordernd wird oder dass die andere Person versucht, Kontrolle über das eigene Leben zu gewinnen, sollten Alarmglocken läuten. Dazu erläutert Mewes: „Es ist wichtig, ein Gespür für die Dynamik zu entwickeln. Wenn man merkt, dass die Beziehung zu fordernd wird und die andere Person versucht, Kontrolle über das eigene Leben zu gewinnen, sollte man alarmiert sein.“ Gesunde Freundschaften basieren auf Gegenseitigkeit, Respekt und Raum für individuelle Entwicklung. Es ist wichtig, Grenzen zu setzen und das eigene Wohlbefinden an erste Stelle zu setzen.

Offene Kommunikation statt stille Hingabe

Ein bewusster Umgang mit Nähe und Zuneigung kann helfen, Friendship Bombing zu vermeiden. Offene Kommunikation über die eigenen Bedürfnisse und Wünsche ist essenziell. „Das mag unangenehm sein, aber es ist der einzige Weg, sich vor möglichen negativen Konsequenzen zu schützen“, so Mewes. Wenn sich eine Freundschaft anstrengend anfühlt, kann es hilfreich sein, das Gespräch zu suchen und klarzustellen, was man benötigt, um sich wohlzufühlen. Unterstützung von vertrauenswürdigen Freund*innen oder einem Therapeut*innen kann zusätzliche Perspektiven und Hilfestellungen bieten.

Gleichgewicht in Freundschaften: zwischen Nähe und Freiheit

Freundschaften sollten immer ein sicherer Ort sein, in dem man sich wertgeschätzt und unterstützt fühlt, ohne dabei in emotionale Abhängigkeiten zu geraten. Ein Bewusstsein für die Dynamiken von Friendship Bombing kann dabei helfen, gesunde Grenzen zu ziehen und Beziehungen auf Augenhöhe zu pflegen. Denn nur Freundschaften, die auf gegenseitigem Respekt und Freiraum basieren, tragen langfristig zu einer positiven Lebensqualität bei.