Lügen: Warum und wie oft schwindeln Menschen?

Wie oft genau Menschen lügen, ist in der Wissenschaft umstritten. Während manche Forscher*innen von bis zu 200 Mal am Tag sprechen, gehen andere von nur zwei Mal im selben Zeitraum aus. Mindestens genauso unterschiedlich sind die Gründe, aus denen Menschen zur Unwahrheit greifen.

Mit gekreuzten Fingern fallen kleine Lügen doch nur halb so schwer, oder? (Symbolbild: Getty)
Mit gekreuzten Fingern fallen kleine Lügen doch nur halb so schwer, oder? (Symbolbild: Getty)

In unserer Gesellschaft gelten Lügen als unmoralisch und verwerflich, dabei sind es oft die kleinen Unehrlichkeiten, die das Zusammenleben erst erträglich machen. Wer vorgibt, keine Zeit zu haben, anstatt knallhart zuzugeben, dass er heute einfach keine Lust auf einen bestimmten Menschen hat, kann sich damit viel Ärger und der betreffenden Person eine Enttäuschung ersparen. Ein lange ausgesuchtes Outfit sollte kurz vor dem Aufbruch zu einer Party unabhängig von der eigenen Meinung vielleicht ebenfalls wohlwollend kommentiert werden, und die eigenen Fähigkeiten in einem Jobinterview etwas zu überhöhen, wird praktisch schon vorausgesetzt.

Lügen haben eine soziale Funktion

In einer Studie eines internationalen Wissenschaftlerteams werden Lügen gar als "Fundament unserer Gesellschaft" bezeichnet und damit als Kit, der die sozialen Gefüge zusammenhält. Gemeint sind hier vor allem sogenannte Notlügen, die niemandem wirklich schaden und oft in Abgrenzung zu sogenannten "selbstsüchtigen Lügen" genannt werden.

Aus diesen Motiven lügen Menschen

Laut Gerald Jellison von der Universität von South Carolina werden wir alle acht Minuten mit solchen Unwahrheiten konfrontiert. Ihm zufolge lügen manche Menschen bis zu drei Mal in einem Gespräch von nur zehn Minuten Dauer, wobei bis zu einem Drittel der Flunkereien selbst der Person, die sie äußert, gar nicht bewusst sein können. Der Wissenschaftler nennt vier Hauptmotive, die Menschen zum Lügen verleiten.

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41 Prozent der Lügner*innen wollen sich Ärger ersparen und geben zum Beispiel vor, ein ungenießbares Essen lecker zu finden. 14 Prozent schummeln aus Bequemlichkeit und geben etwa vor, schon etwas anderes vorzuhaben, wenn sie um etwas gebeten werden. 8,5 Prozent schwindeln, um vom Gegenüber mehr geliebt zu werden, indem sie beispielsweise beteuern, andauernd an den anderen zu denken. Und 6 Prozent schwindeln einfach aus Faulheit.

Lügen hängt auch vom Geschlecht und Alter ab

In einer Metaanalyse von 565 Studien zum Thema Lügen haben Wissenschaftler*innen des Max-Planck-Instituts und des Technion Israel Institute of Technology herausgefunden, dass Männer häufiger lügen als Frauen. In bestimmten Experimenten erzählten 42 Prozent von ihnen die Unwahrheit, wobei es bei Frauen mit 38 Prozent immerhin ein paar weniger waren. Laut den US-amerikanischen Forscherinnen Bella DePaulo und Deborah Kashy unterscheiden sich auch die Gründe fürs Flunkern bei den Geschlechtern. Männer lügen öfter über ihr Leben, ihren Verdienst und ihre berufliche Perspektive. Frauen sind eher übertrieben freundlich und verteilen unehrliche Komplimente.

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Neben den männlichen Probanden waren es vor allem jüngere Menschen, die häufiger logen. Während die Wahrscheinlichkeit für eine Lüge bei unter 20-Jährigen bei 47 Prozent lag, waren es bei den 60-Jährigen nur noch 36 Prozent.

Weitere Fakten über das Lügen:

  • Findige Lügner können Lügendetektoren überlisten, indem sie die Messwerte wie Atemfrequenz oder den Puls bewusst verzerren. Dazu reichen schon ganz einfache Tricks wie sich auf die Zunge zu beißen oder die Zehen gegen den Boden zu drücken.

  • Um sich Ärger zu ersparen, schwindeln Kinder schon ab etwa drei Jahren. Ab fünf Jahren sind manche von ihnen schon in der Lage, zu erkennen, wann eine Notlüge eine gute Idee ist. In einem Versuch sagten sie einer Frau, die ein Bild gemalt hatte, viel öfter, dass sie es schön fänden, wenn die Frau einen unglücklichen und verzweifelten Eindruck machte.

  • Laut dem britischen Mütterportal Netmums lügen Mütter häufiger als Frauen ohne Kinder. Themen, bei denen gelogen wird, sind Ernährung, Fernsehzeit und die Bewältigung des Familienalltags. Die Mütter sollen die Lügen dazu nutzen, um wiederum vor anderen Müttern besser dazustehen.

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