Mark Zuckerberg streicht Faktenchecks: ein Blick auf die Vor- und Nachteile
Lange Zeit vertrat Mark Zuckerberg die Ansicht, dass Facebook vor allem ein neutraler Ort für den Austausch von Ideen und Informationen sein sollte – eine Art moderner Marktplatz der Meinungen, auf dem sich die Nutzer*innen selbst ein Bild machen können. Immer wieder betonte er: "Internetplattformen sollten keine Hüter der Wahrheit sein." Inhalte auf Facebook und Instagram sollen in den USA nicht mehr von professionellen Faktencheckern auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft werden. Menschen, die schon immer dagegen waren, sahen darin eine Unterdrückung der Meinungsfreiheit. Doch Befürwortende des Faktenschecks fürchten nun ein Anstieg an Fake News, die nicht korrigiert werden. In Deutschland kann er die Faktenüberprüfung nicht so schnell abschalten. Was wären denn die Vor- und Nachteile des Faktenchecks?
Das Ende der Faktenchecks: freie Bahn für Fake News?
Die sozialen Netzwerke Instagram und Facebook, die zum Tech-Giganten Meta gehören, stehen vor einem Wendepunkt: Faktenchecks sollen abgeschafft und die bisherigen Einschränkungen zu kontroversen Themen wie Migration und Geschlecht gelockert werden. Expert*innen betrachten die geplanten Änderungen mit großer Sorge. Was genau macht Zuckerbergs Ankündigung so beunruhigend und ist das ein Einfallstor für Fake News?
Die Vorteile von Faktenchecks
Anstelle einer Überprüfung durch Faktenchecker soll bei Meta – ähnlich wie bei der Plattform X (ehemals Twitter) – ein System namens "Community-Notes" eingeführt werden, zunächst in den USA. In diesem System könnten Nutzer*innen zu einem Beitrag, Foto oder Video zusätzlichen Kontext hinzufügen, um die Informationen zu klären oder zu ergänzen. Wie gut das funktioniert, wird sich zeigen. Die Vorteile von Faktenchecks sind klar.
Bekämpfung von Desinformation:
Faktenchecks helfen dabei, falsche Informationen zu identifizieren und zu korrigieren, wodurch die Verbreitung von Desinformation reduziert werden kann.Förderung von Medienkompetenz:
Sie ermutigen Nutzer*innen, Quellen zu hinterfragen und sich kritisch mit Informationen auseinanderzusetzen.Vertrauensaufbau:
Plattformen, die auf Faktenchecks setzen, gewinnen oft das Vertrauen ihrer Nutzer*innen, da sie Verantwortung und Integrität demonstrieren.Korrektur öffentlicher Diskurse:
Durch das Markieren falscher Inhalte schaffen Faktenchecks die Grundlage für fundiertere Diskussionen.Unterstützung demokratischer Prozesse:
Gerade in sensiblen Phasen wie etwa bei Wahlen können Faktenchecks verhindern, dass manipulative Fehlinformationen großen Schaden anrichten.
Die Nachteile von Faktenchecks
Nachdem die Vorteile klar sind, scheint es fast keine echten Nachteile zu Faktenüberprüfungen zu geben. Aber wenn man es sich genau ansieht, dann gibt es gute Gründe, die gegen Faktenchecks sprechen.
Subjektivität und Bias:
Die Themen und Quellen, die überprüft werden, können von den persönlichen oder politischen Präferenzen der Faktenchecker (Menschen) beeinflusst sein.Einschränkung der Meinungsfreiheit:
Für manche Nutzer*innen wirken Faktenchecks wie eine Zensur, vor allem bei kontroversen oder polarisierenden Inhalten. Schnell ergibt sich eine grundsätzliche Haltung "gegen" etwas.Vertrauensverlust durch Fehler:
Wenn Faktenchecks falsch oder voreingenommen durchgeführt werden, können sie das Vertrauen der Nutzer*innen in die Plattform nachhaltig schädigen.Verzögerung der Verbreitung korrekter Informationen:
Der Prozess des Faktenchecks dauert oft länger als die schnelle Verbreitung von Inhalten, was dazu führen kann, dass falsche Informationen bereits viral gegangen sind, bevor sie korrigiert werden. Es ist wie im Print-Geschäft: Die Menschen merken sich die Überschrift und ignorieren die Richtigstellung, die meist erst Tage später gedruckt wird.Wirtschaftlicher Druck:
Faktenchecks sind kostenintensiv und binden Ressourcen. Plattformen wie Meta könnten aus wirtschaftlichen Gründen auf sie verzichten, um die Verbreitung kontroverser, aber klickstarker Inhalte zu fördern.Widerstand bei Nutzer*innen:
Das Markieren von Beiträgen als "falsch" kann bei Nutzer*innen Misstrauen wecken und sie tiefer in die eigene Bubble treiben, wo sie ausschließlich gleichgesinnte Ansichten konsumieren.
Meta kann die Regeln für Faktenchecks in Deutschland nicht so leicht ändern
Mark Zuckerbergs Ankündigung, Faktenchecks abzuschaffen, stößt in Europa auf Widerstand, da die EU mit dem Digital Services Act (DSA) strenge Vorgaben für Plattformen durchsetzt. Unternehmen wie Meta sind verpflichtet, aktiv gegen Desinformation und Hassrede vorzugehen. In Deutschland kann Meta die Kontrolle von Inhalten nicht einfach lockern, ohne gegen EU-Regeln zu verstoßen. Der DSA schreibt vor, Mechanismen zur Moderation bereitzustellen und Falschnachrichten einzudämmen – bei Verstößen drohen hohe Strafen von bis zu 6 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Auch Meta kann nicht ständig Strafen in Milliardenhöhe zahlen. Die geplanten Änderungen stehen daher in Europa vor erheblichen rechtlichen Hürden.
Kampf gegen Fake News: Europa setzt auf Trusted Flagger
Das EU-Gesetz enthält jedoch noch eine wichtige Regelung: In jedem Mitgliedstaat kann die zentrale Plattformaufsicht vertrauenswürdige Hinweisgebende, sogenannte Trusted Flagger, zertifizieren. Trusted Flagger sind vertrauenswürdige Organisationen oder Einzelpersonen, die von den Behörden eines Landes oder der EU anerkannt werden, um Inhalte auf digitalen Plattformen zu überprüfen und zu melden, die gegen geltendes Recht verstoßen. Diese Akteur*innen gelten als besonders sachkundig und zuverlässig und können zum Beispiel Faktenprüfungsorganisationen oder gemeinnützige Institutionen sein, die sich mit der Bekämpfung von Desinformation befassen. In Deutschland obliegt diese Aufsicht der Bundesnetzagentur, die unabhängige Organisationen anerkennen darf. Wenn diese Organisationen dann Inhalte melden, die gegen das Gesetz verstoßen, ist eine Plattform wie Meta verpflichtet, diesen Meldungen "mit Priorität" nachzugehen.