"Monster"-Stars Cooper Koch und Nicholas Alexander Chavez: Wie es ist, einem Mörder in die Augen zu sehen

Cooper Koch und Nicholas Alexander Chavez im Interview

Schlüpfen in die Haut von zwei Mördern: Cooper Koch und Nicholas Alexander Chavez spielen in der Netflix-Serie Monster: Die Geschichte von Lyle und Erik Menendez die beiden titelgebenden Brüder, die ihre Eltern umbrachten.

NETFLIX, Carlos Eric Lopez

Cooper Koch und Nicholas Alexander Chavez waren bis vor Kurzem zwei kaum bekannte Hollywood-Newcomer. Mittlerweile dürften Serienfans auf der ganzen Welt ihre Namen kennen. Die Ryan-Murphy-SerieMonster: Die Geschichte von Lyle und Erik Menendez machte die beiden innerhalb kurzer Zeit berühmt. Denn die brutale Netflix-Serie schoss nach nur vier Tagen auf Platz 1 der globalen Wochencharts des Streaming-Dienstes.

In der düsteren True-Crime-Serie wird ein grausames Verbrechen nacherzählt: 1989 töteten Lyle und Erik Menendez in Los Angeles ihre Eltern, José und Kitty Menendez – in der Serie gespielt von Javier Bardem und Chloë Sevigny. Die Brüder wurden verhaftet und für ihre Tat zu lebenslanger Haft verurteilt. Bis heute beharren Lyle und Erik Menendez jedoch darauf, von ihren Eltern jahrelang psychisch und physisch missbraucht worden zu sein und deshalb quasi aus Notwehr gehandelt zu haben.

Im Interview mit Esquire sprechen die beiden Schauspieler Cooper Koch (Erik Menendez) und Nicholas Alexander Chavez (Lyle Menendez) über die intensiven Dreharbeiten von Monster: Die Geschichte von Lyle und Erik Menendez und ihre Begegnung mit den beiden inhaftierten Menendez-Brüdern.

Cooper Koch und Nicholas Alexander Chavez im Interview

Cooper Koch und Nicholas Alexander Chavez verwandeln sich in Erik und Lyle Menendez.

NETFLIX, Miles Crist

Esquire: In Monster: Die Geschichte von Lyle und Erik Menendez gibt es jede Menge Gewalt und Gebrüll. Welche Szenen waren für Sie besonders schlimm?

Cooper Koch: Die Szene am Esstisch, in der José Menendez (Javier Bardem, Anm. d. Red.) den Teller gegen die Wand wirft und das Toupet von Lyles Kopf reißt, war für mich der erste Tag, an dem wir mit Javier Bardem und Chloë Sevigny drehten. Die Energie, die sie mitbrachten, war wirklich intensiv.

Nicholas Alexander Chavez: Für mich war die Szene, in der Lyle José mit dem sexuellen Missbrauch zwischen ihm und Erik konfrontiert, sehr schwierig zu drehen. Denn die Vorstellung, seinem eigenen Vater etwas so Schreckliches vorwerfen und eine so innige Beziehung wie die zu seinem eigenen Bruder verteidigen zu müssen, war für mich als Schauspieler eine enorme Herausforderung.

Javier Bardem mit Cooper Koch und Nicholas Alexander Chavez im Interview

In Monster: Die Geschichte von Lyle und Erik Menendez wird viel geschrien. Für Cooper Koch war diese Tischszene mit Javier Bardem (Mi.) besonders schwierig zu drehen.

NETFLIX, Miles Crist

Wie haben Sie sich auf die Rollen vorbereitet?

Cooper Koch: Ich habe mir die Zeugenaussagen angesehen. Und zwar ständig, sei es im Auto oder vor dem Schlafengehen auf dem Handy. Ich hörte also ständig Eriks Geschichten und seine Stimme. Dadurch prägte ich mir seinen Sprechrhythmus ein und vertiefte meine Empathie für Eric und Lyle.

Nicholas Alexander Chavez: Die Original-Gerichtsaufnahmen geben einen unglaublichen Einblick in diese Zeit, die ich selbst nicht miterlebt habe. Mir war dabei aber auch stets bewusst, dass Menschen sich anders verhalten, wenn sie beobachtet werden und viel auf dem Spiel steht. Darauf muss man also ebenfalls achten, wenn man sich mit Primärquellenmaterial beschäftigt.

Gab es weitere Inspirationsquellen für Ihre Rollen?

Nicholas Alexander Chavez: Ich habe alle Bücher gelesen, die sich mit den Menendez-Brüdern auseinandersetzen. Dabei habe ich mich speziell auf ein Buch verlassen. Es wurde von Paul Mones, einem damals einflussreichen Anwalt, geschrieben. When A Child Kills

Das Buch, das Lyle in der Serie im Gefängnis liest?

Nicholas Alexander Chavez: Genau. Ein Kapitel darin setzt sich mit Kindern auseinander, die beide Elternteile töten.

Klingt heftig.

Nicholas Alexander Chavez: Wir neigen dazu, den Fall der Menendez-Brüder isoliert zu betrachten. Wenn man ihn jedoch im Kontext anderer Fallstudien sieht, gibt es viele Parallelen.

Haben all diese schrecklichen Geschichten Sie vor, während und nach den Dreharbeiten im Alltag verfolgt?

Cooper Koch: Am Anfang war es manchmal schwierig, es war sehr emotional. Wir hatten auch lange Drehtage, sodass ich danach oft müde war. Am nächsten Tag hatte ich manchmal eine Art "emotionalen Hangover".

Es ging also an die Substanz.

Cooper Koch: Ja, die Drehs waren sehr intensiv. Aber spätestens gegen Ende der Dreharbeiten fand ich einen flinken Weg, in die Rolle hinein- und wieder herauszuschlüpfen. Gleichzeitig war es mir wichtig, nach der Arbeit zu Hause eine gute Routine zu entwickeln. Das Licht einzuschalten, zu duschen und mit mir nahestehenden Menschen zu telefonieren, war sehr hilfreich.

Wie war es für Sie, Herr Chavez?

Nicholas Alexander Chavez: Ich mag Coopers Beschreibung der "Wendigkeit". Man sucht nach Wegen, die es einem leichter machen, den Job durchgängig auf hohem Niveau zu erledigen. Alle an diesem Projekt Beteiligten strebten nach Spitzenleistungen, die Erwartungen an die Schauspieler*innen am Set waren hoch. Deshalb war es wichtig, sich zwischendurch gut um sich selbst zu kümmern.

Herr Koch, Sie sahen sich viel Original-Footage an. War es Ihnen wichtig, die Rolle so realistisch wie möglich zu spielen – immerhin handelt es sich bei der Serie letztendlich um Fiktion.

Cooper Koch: Ja, ich wollte so authentisch wie möglich sein, zu Ehren von Erik, seinem Trauma und der Tragödie. Ich ließ mich von Integrität führen.

Sie haben das Gefängnis in San Diego besucht, in dem Erik und Lyle Menendez inhaftiert sind. Hatten Sie die Gelegenheit, mit Erik zu sprechen?

Cooper Koch: Ja, ich konnte mit beiden Brüdern sprechen. Das war sehr lohnend und eine wunderbare Erfahrung. Sie waren sehr nett. Ich konnte beiden in die Augen sehen und ihnen sagen, dass ich ihnen glaube, sie unterstütze und alles dafür getan habe, so authentisch wie möglich zu sein und mich durch meine Arbeit für sie einzusetzen.

Die Serie haben die beiden im Gefängnis vermutlich nicht gesehen.

Cooper Koch: Sie haben Ausschnitte gesehen. Aber wie man sich vorstellen kann, ist es sehr schwierig für sie, sich das alles anzusehen. Erik sagte mir, er hätte viel Gutes über Episode 5 gehört und dass er sie sich irgendwann ansehen werde.

Cooper Koch

Besonders intensiv: Folge 5 von Monster: Die Geschichte von Lyle und Erik Menendez wurde in einem Take gedreht.

NETFLIX, Miles Crist

Können Sie seine Kritik an der Serie verstehen, die er über den X-Account seiner Frau Tammi Menendez öffentlich machte?

Cooper Koch: Ja, natürlich. Ich kann mir gut vorstellen, wie es für mich wäre, wenn mein Leben im Fernsehen für Millionen von Menschen dargestellt würde. Und ich habe nicht annähernd so viele Traumata erlebt wie er. Ich kann die Kritik also nachvollziehen und verstehe, dass die Brüder betroffen sind.

Sie haben für Monster: Die Geschichte von Lyle und Erik Menendez beide das erste Mal mit Ryan Murphy gedreht. Wie war die Zusammenarbeit?

Nicholas Alexander Chavez: Ryan Murphy hat so eine besondere Liebe für Details und ein fast enzyklopädisches Wissen über so viele Dinge, dass er seine Welten wirklich auszufüllen weiß. Das gibt einem ein gutes Gefühl für Textur und Atmosphäre. In eine solche Welt hineingeworfen zu werden und mit dieser Fülle an Leben, die er als Serienschöpfer kreiert hat, spielen zu können, ist ein enormes Privileg.

Sie, Herr Chavez, sind auch in Ryan Murphys neuer Serie Grotesquerie zu sehen. Können Sie uns etwas darüber verraten?

Nicholas Alexander Chavez: Ich spiele Pater Charlie, einen Priester und angehenden Peloton-Trainer.

Cooper Koch (lacht): Sorry, das wusste ich noch nicht. Ein Pater auf dem Peleton, das ist großartig.

Nicholas Alexander Chavez: Er versucht, eine kleine Wüstengemeinde angesichts einer Reihe wirklich schrecklicher Morde zusammenzuhalten und sie mit seinen unkonventionellen christlichen Ideen wiederzubeleben.