Pastel & Pride – „Heartstopper“ setzt ein Zeichen für die Queerness!

Foto: Netflix ©2024

Die Protagonisten Charlie (Joe Locke) und Nick (Kit Connor) sorgen für Herzklopfen!

Foto: Netflix ©2024,

Herzklopfen für die Vielfalt – dafür sorgt die Coming-of-Age-Serie „Heartstopper“ nach gleichnamiger Comic-Roman-Vorlage von Alice Oseman. Die Serie erzählt von der Teenager-Romanze der beiden Protagonisten Charlie Spring (Joe Locke) und Nick Nelson (Kit Connor) und ihrem Kreis aus Freund*innen, die sich inmitten von Selbstfindung, den ersten großen Gefühlen und sozialen Herausforderungen wiederfinden – so weit, so bekannt. Doch die Serie besticht nicht nur durch die herzerwärmende Liebesgeschichte, pastellfarbene Outfits und eine zuckersüße Idylle, sondern besonders durch die offene und progressive Darstellung von Liebe und Identität sowie eine äußerst klare, respektvolle und auffallend undramatische Kommunikation.

„Heartstopper“ ist mehr als eine queere Liebesgeschichte

Im Mittelpunkt der Serie stehen der 15-jährige Charlie und der ein Jahr ältere Nick, zwischen denen sich schnell mehr als nur eine tiefe Freundschaft entwickelt. Charlie, introvertiert und sensibel, wurde im vergangenen Schuljahr unfreiwillig als schwul geoutet und erfährt seitdem immer wieder Mobbing aufgrund seiner Sexualität. Nick hingegen, beliebt und extrovertiert, identifiziert sich anfangs als heterosexuell. Im Laufe der Serie wächst zwischen beiden eine intime Beziehung heran. Nick erkennt, dass er bisexuell ist – ein Prozess, der von Unsicherheit, Verwirrung und Zweifeln ebenso wie von Spannung und Neugier geprägt ist. Währenddessen löst sich Charlie aus einer toxischen Beziehung und beginnt, zunehmend mehr Selbstbewusstsein in Bezug auf seine Sexualität zu gewinnen. Unterstützung erhalten die beiden dabei durch ihre Freund*innen, Familien und Lehrer*innen. Kaum hätte man sich eine schönere Reaktion und Unterstützung in Bezug auf Themen wie Outing, aber auch mentale Probleme oder zwischenmenschliche Konflikte wünschen können.

Die neuen Formen der Darstellung von Beziehungen und Kommunikation

Was die Gen-Z-Teenie-Romanze von ihren Genre-Klassikern – wie „Gossip Girl“, „Dawson’s Creek“ und der allgemein beliebten Serie „Sex and the City“ – unterscheidet, ist vor allem die geänderte Darstellung von Beziehungen und Liebe sowie eine völlig geänderte Kommunikation. Während sich die Klassiker der 90er- und frühen 2000er-Jahre oft in heteronormativen Rollenbildern und konstruierten Stereotypen ihrer Zeit verstricken, präsentiert „Heartstopper“ eine deutlich offenere, komplexere und inklusive Sicht auf Beziehungen, Identität und Sexualität und schafft damit (endlich!) Raum für eine nicht-heteronormative Perspektive.

Repräsentation queerer Personen

Besonders hervorzuheben ist die vielfältige Repräsentation queerer Personen, die in früheren Serien oft nur als klischierte Nebencharaktere Platz fanden – wir erinnern uns an Stanford Blatch aus „Sex and the City“, der als „schwuler bester Freund“ kaum mehr als ein stigmatisierter Stereotyp war und auch sonst wenig Tiefe besaß. Das ist nun völlig anders. Neben den beiden Protagonisten tragen auch die Freund*innen zur queeren Repräsentation bei: Charlies beste Freundin Elle outet sich als trans* und findet an ihrer neuen Schule schnell Anschluss bei dem lesbischen Paar Darcy und Tara, während der introvertierte Isaac sich im Laufe der Serie seiner Asexualität bewusst wird.

Serientipp „Heartstopper“

Elle (Yasmin Finney) and Tao (William Gao) in der Netflix-Serie „Heartstopper“

Netflix ©2024,

Dabei erleben wir als Zuschauende hautnah die Emotionen, Gedanken, Ängste und Sorgen der Charaktere mit. So verfolgen wir den zunächst verwirrten Nick bei der Entdeckung seiner Bisexualität und spüren seine Ängste vor gesellschaftlichen Reaktionen. Wir erleben die Aufregung und Unsicherheit von Charlie beim Eingeständnis seiner Gefühle für Nick mit jeder eingetippten und wieder gelöschten Nachricht mit. Wir können Isaacs Verletzlichkeit nachempfinden, sich aufgrund seiner Aromantik und Asexualität nicht dazugehörig zu fühlen. Es ist die Vielschichtigkeit der Ängste und Sorgen, die mit queerer Identität, aber auch mit dem Alltag als Teenager*innen einhergehen, die nun endlich durch verschiedene Perspektiven gezeigt werden.

Serientipp „Heartstopper“

Die Freundschaft zwischen Charlie (Joe Locke) und Isaac (Tobie Donovan)

Netflix ©2024,

Für mehr Sichtbarkeit!

In dieser Hinsicht ist die Serie ein deutlicher Fortschritt. „Heartstopper“ spiegelt den Zeitgeist einer Generation wider, die zunehmend nach einer differenzierten Darstellung von Identität, Sexualität und Emotionalität verlangt. Nicht mehr nur gesellschaftliche Normen stehen im Mittelpunkt, sondern die vielschichtigen, persönlichen Erfahrungen der Charaktere. Konflikte, Unsicherheiten und Schicksalsschläge der Protagonist*innen werden zwar weiterhin thematisiert, aber auf eine offenere, ehrlichere und vor allem weniger dramatische Weise kommuniziert.

Letztlich werden in „Heartstopper“ selbst die schwierigsten Konflikte durch Einsicht und Aufrichtigkeit gelöst – ganz ohne toxische Dynamiken. Kein dauerhaftes Hin und Her (wie in der beinahe glorifizierten On-Off-Beziehung von Blair und Chuck in „Gossip Girl“), keine Manipulation, keine nicht kommunizierten Missverständnisse. Es ist erfrischend, wie harmonisch eine Teenie-Romanze doch aussehen kann. Toleranz und Stabilität, statt Klischee und Drama. Dass dies jedoch weniger Wirklichkeit, sondern mehr ein utopisches Wunschdenken ist, mag man beim Zusehen gerne vergessen werden. „Heartstopper“ überzeugt, gerade weil es die schönst-mögliche – wenn auch weichgezeichnete – Form der ersten Liebe zeigt. Eine Art queere Märchengeschichte, die es so noch nicht gibt – eben eine, die (fast) zu schön ist, um wahr zu sein.

„Hearstopper“ können Sie hier auf Netflix ansehen.