Powerfrauen der Fashion-Industrie: Maureen Chiquet

Fashion is female – und das nicht nur dank weiblicher Designer wie Diane von Fürstenberg oder Donna Karan, die Mode für (Business-)Frauen neu erfanden. Auch hinter den Kulissen stehen immer mehr (aber sicher noch nicht genug!) starke Frauen an den Spitzen der erfolgreichsten Modeunternehmen. Wir stellen Powerfrauen der Fashion-Branche vor, die du kennen solltest. In Folge 1: Maureen Chiquet.

Obwohl in der Fashion-Industrie vergleichsweise viele Frauen in Führungspositionen arbeiten, war der Aufstieg für Maureen Chiquet nicht immer einfach. (Bild: Getty Images)
Obwohl in der Fashion-Industrie vergleichsweise viele Frauen in Führungspositionen arbeiten, war der Aufstieg für Maureen Chiquet nicht immer einfach. (Bild: Getty Images)

Als am 28. Januar 2016 bekannt wurde, dass Maureen Chiquet, seit 2007 Global CEO von Chanel, das Unternehmen verlassen würde, ging ein Raunen durch die Fashion-Branche. Gerade mal 24 Stunden nachdem Karl Lagerfeld seine Couture-Kollektion in Paris präsentiert hatte, sollte Chanel sich von der Frau trennen, die viele für den aktuellen wirtschaftlichen Erfolg des Labels verantwortlich machten? Offiziell wurden “interne Differenzen über die strategische Ausrichtung” von Chanel als Grund genannt.

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Eine schlechte Nachricht auch für alle, die zu der heute 55-Jährigen als eine der sehr, sehr wenigen Frauen an der Spitze von Luxusunternehmens aufgesehen hatten: Bedeutete der Split ein Schritt zurück sowohl für Chiquet persönlich, als auch ganz generell in Sachen “Female Business Power”?

Anfang 2016 wurde Chiquet bei Chanel gefeuert. Ihr Posten ist seither vakant, der Altherrenklub wieder unter sich. (Bild: Getty Images)
Anfang 2016 wurde Chiquet bei Chanel gefeuert. Ihr Posten ist seither vakant, der Altherrenklub wieder unter sich. (Bild: Getty Images)

Wer Maureen Chiquets Lebenslauf kennt, konnte sich denken, dass sich die frankophile Amerikanerin aus Missouri mit Yale-Abschluss nur eine kurze Pause gönnen würde, bevor sie sich neuen Projekten widmen würde – so wie sie es seit ihrem Studienabschluss immer getan hatte. Ein Branchenwechsel schien unwahrscheinlich, munkelte man, hatte Maureen Chiquet doch schon seit ihrem ersten Praktikum bei L’Oréal Paris die Beauty- und Fashion-Welt unwiederbringlich ins Herz geschlossen. Nach drei Jahren bei L’Oréal, wo sie auch ihren späteren Ehemann kennen lernte, kehrte das Paar Ende der 1980er Jahre in die USA zurück und die damals 25-Jährige arbeitete sich vom Assistant Merchandiser beim Fashion-Riesen Gap zum Executive Vice President für Einkauf, Planung und Produktion hoch. Eine Station bei Banana Republic folgte, bevor Chiquet schließlich als President U.S. zu Chanel wechselte – und dort nur ein Jahr später zum Global CEO ernannt wurde.

“Als Frauen müssen wir immer härter arbeiten”

Klingt nach einem Lebenslauf ohne Wenn und Aber – und scheinbar mühelos. Kann das sein? Obwohl in der Fashion-Industrie vergleichsweise viele Frauen in Führungspositionen arbeiten, war der Aufstieg nicht immer einfach, wie Chiquet schon 2010 in einem Gespräch mit dem “Time Magazine” verriet: “Männer zeigen weniger Selbstzweifel und führen mit etwas, was immer als ein Gefühl von Kraft und Richtung erscheint. Wir sind nicht so vertraut mit weiblichen Führungspersönlichkeiten und stellen ihre Fähigkeiten in Frage. Als Frauen müssen wir immer härter arbeiten, um unsere Kompetenz unter Beweis zu stellen.“ Eine von viele Herausforderungen sei es deshalb, die Sichtweise der Gesellschaft in Bezug auf weibliche Führungskräfte zu ändern: „Wir sind es gewohnt, Männer führen zu sehen, und haben daher sofortiges Vertrauen und Trost in das, was sie tun, selbst wenn sie für einen Job weniger qualifiziert sind.“

Patti Smith, Vanessa Paradis und Maureen Chiquet beim Chanel Dinner im Februar 2010. (Bild: Getty Images)
Patti Smith, Vanessa Paradis und Maureen Chiquet beim Chanel Dinner im Februar 2010. (Bild: Getty Images)

Ihre Zeit bei Chanel will die Amerikanerin dennoch nicht missen – schließlich gibt es auch bestimmte Vorteile, wenn man als Frau in der Fashion-Industrie tätig ist. Im Interview mit “Harper`s Bazaar” sagte Chiquet 2017: “In gewisser Weise sind wir privilegiert, weil es in dieser Branche viele Frauen gibt und wir viele weibliche Kunden betreuen. Es ist sehr hilfreich, als Frau Produkte managen zu können, die an Frauen verkauft werden, weil man sich in die Situation hineinversetzen kann.“

Was braucht eine Frau, um richtig führen zu können?

Mit dem erforderlichen Set an Führungsqualitäten – besonders denen, die durch Digitalisierung und Globalisierung wichtig werden – setzt sich Maureen Chiquet schon länger auseinander. In den letzten Jahren ihrer Amtszeit bei Chanel initiierte sie einen Führungsstil, der als „active and conscious leadership journey“ bezeichnet wurde. Dieser sollte speziell die Qualitäten fokussieren, die im 21. Jahrhundert für Führende wichtig seien: “Die digitale Revolution und die Globalisierung haben die Luxusindustrie vollständig zerstört. Diese Qualitäten – Dinge wie tiefes Zuhören, Kollaboration, Flexibilität und das Erschließen unserer Emotionen – scheinen mir die Qualitäten zu sein, die Frauen eigen sind“, sagte Chiquet zu “Harper`s Bazaar”. Das Resultat der Initiative bei Chanel war der Schwerpunkt auf die Integration weiblicher Führung in bestehende Strukturen und die Bedeutung der Unternehmenskultur.

Ende Oktober 2018 gab der Londoner Luxus-Retailer MatchesFashion bekannt, Maureen Chiquet zum nicht-exekutiven Verwaltungsratsmitglied ernannt zu haben. (Bild: Getty Images)
Ende Oktober 2018 gab der Londoner Luxus-Retailer MatchesFashion bekannt, Maureen Chiquet zum nicht-exekutiven Verwaltungsratsmitglied ernannt zu haben. (Bild: Getty Images)

Die Förderung von Frauen am Arbeitsplatz ist bis heute eine von Maureen Chiquets Herzensangelegenheiten – auch deshalb nutzte sie die Zeit nach Chanel, um genau darüber ein Buch zu schreiben. “Beyond the Label: Women, Leadership, and Success on Our Own Terms” heißt das Buch, das im April 2017 erschien und von Kritikern, besonders aber von anderen weiblichen Führungskräften wie Arianna Huffington, CEO von Thrive Global, und Indra Nooyi, CEO von PepsiCo, in den höchsten Tönen gelobt wurde. Ausgenommen einiger Redner-Engagements zum Thema zog sich Chiquet in der Folgezeit etwas aus der Öffentlichkeit zurück. Natürlich nur, um neuen Anlauf zu nehmen: Ende Oktober 2018 gab der Londoner Luxus-Retailer MatchesFashion bekannt, Maureen Chiquet zum nicht-exekutiven Verwaltungsratsmitglied ernannt zu haben. Ein absoluter Gewinn für den E-Commerce-Anbieter, der mit Branchenführer Net-a-Porter und Marktbegleiter Farfetch in hartem Wettbewerb steht.

Online auf dem Vormarsch: Luxus-Handel verändert sich

Vom Luxuslabel zum Onlineshop – ein überraschender (Rück-)Schritt für eine weitgereiste Powerfrau, die sich vor Angeboten sicher nicht retten kann? Nicht für diejenigen, die Maureen Chiquet kennen – und das, was sie anspornt. Dem “Time Magazine” sagte sie: “Ich würde sagen, die besten Entscheidungen in meiner Karriere bestanden darin, Risiken zum richtigen Zeitpunkt einzugehen und meinem Herzen zu folgen.”

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