Praktisch, sexy, antifeministisch? Die Geschichte des BHs

Den BH erfand eine Frau namens Mary Phelps Jacob vor über 100 Jahren ziemlich spontan und quasi aus der Not heraus, doch Vorläufer des Büstenhalters gab es schon im antiken Griechenland. In Sachen Aussehen und Bequemlichkeit gab es über die Jahrhunderte große Unterschiede und auch darüber, ob man dieses Kleidungsstück tragen sollte oder nicht, gab es unterschiedliche Auffassungen.

Hinter dem BH steckt eine spannende Geschichte. (Bild: Getty Images)
Hinter dem BH steckt eine spannende Geschichte. (Bild: Getty Images)

Als Schriftstellerin, Verlegerin und Frauenrechtlerin war Mary Phelps Jacob eine gewisse Größe in der New Yorker Society zu Beginn des 20. Jahrhunderts, doch mit einer Erfindung brachte sie es zu Weltruhm. Weil sie die harten, unbequemen und einengenden Korsetts störten, die Frauen zu dieser Zeit trugen und die sich noch dazu unschön unter Abendkleidern abzeichneten, wie Jacob fand, nahm sie sich der Lösung dieser lästigen Sache einfach selbst an. Zusammen mit einem Dienstmädchen frickelte sie sich aus Seidentüchern und rosa Bändern einen BH zusammen, der viel bequemer und in ihren Augen auch viel hübscher war, als die vergleichsweise monströsen Korsetts.

Das Geschäft lief zunächst schleppend an

Natürlich verfeinerte sie die Konstruktion später, begeisterte auch ihre Freundinnen von ihren BHs und meldete schließlich am 12. Februar 1914 ein Patent an. Der große Erfolg blieb dann aber aus, weshalb Jacob die Rechte ziemlich schnell an die Firma Warners Brothers Corset Company verkaufte. Dass sie dafür nur 1500 US-Dollar bekam, dürfte sie im Nachhinein mehr geärgert haben als alle nervigen Korsetts, in die sie ihren Körper zuvor gezwängt hatte.

Korsetts waren gesundheitsschädigend

Bevor Mary Phelps Jacob dem BH zu ihrem Durchbruch verhalf, wurden die mit Stäben aus Fischbein gestützten Korsetts oft so eng geschnürt, dass ihre Trägerinnen ohnmächtig wurden, unter Übelkeit und Atemnot litten, Verdauungsprobleme oder Essstörungen entwickelten und ganz verloren waren, wenn darunter etwa noch ein wachsendes Kind Platz finden sollte.

Dass Korsetts nicht gesund sein können, erklärt sich auf einen Blick. (Bild: Getty Images)
Dass Korsetts nicht gesund sein können, erklärt sich auf einen Blick. (Bild: Getty Images)

Die Korsetts sollten den Frauen Haltung verleihen, das Dekolleté betonen und die Taille auf das Idealmaß schnüren: Sie sollte so dünn sein, dass ein Mann sie mit seinen beiden Händen umfassen konnte.

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Ein gesundheitsschädigendes Ideal, das sogar dazu führte, dass 1896 in Berlin der Allgemeine Verein zur Verbesserung der Frauenkleidung gegründet wurde, indem sich Ärzte und Feministen versammelten. Zu der Zeit fehlte es allein an einer Alternative.

Schon vor Jahrtausenden nutzten Frauen Stoffbänder

Im antiken Griechenland sah das noch anders aus. Damals banden sich Frauen bei Sportveranstaltungen Tücher um den Oberleib, um die Brüste zu fixieren. Ansonsten waren die Brüste unter den Tuniken oft unbedeckt, wobei Frauen sich Gürtel oder Tücher unter die Brust banden, um diese zu betonen. Die Korsetts kamen erst im 15. Jahrhundert in Mode, in dem besonders große Brüste als schön galten und die Frauen begannen, mithilfe von Mieder und Korsett ihr Dekolleté zu betonen.

Der Erste Weltkrieg löste einen Run auf die BHs aus

Aufgrund der Rohstoffknappheit während des Ersten Weltkriegs wurden Frauen dazu ermuntert, auf Mieder zu verzichten und dafür auf Büstenhalter umzusteigen, die mit deutlich weniger Stoff gefertigt werden konnten. Nur sechs Jahre, nachdem Mary Phelps Jacob ihr Patent angemeldet hatte, betrug der Gewinn aus den Verkäufen 12,6 Millionen Dollar.

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Vom Ausdruck der Emanzipation bis zum Gegenteil

Die Frauen feierten die neuen BHs vor allem auch, weil sie viel bequemer waren, ihnen ein ganz neues Körpergefühl vermittelten und auch mehr Aktivitäten, zum Beispiel im Sport, ermöglichten.

Mit oder ohne, Bügel-BH oder Spitze - heute tragen die meisten Frauen zum Glück, was sie wollen. (Bild: Getty Images)
Mit oder ohne, Bügel-BH oder Spitze - heute tragen die meisten Frauen zum Glück, was sie wollen. (Bild: Getty Images)

In dieser Zeit galt der BH als Befreiung der Frauen und als Synonym für Emanzipation, was sich in den folgenden Jahren, in denen immer mehr verschiedene Modelle auf den Markt kamen, noch verstärkte. Zu einem Umdenken kam es erst im Zuge der 1968er-Bewegung, in deren Rahmen die gesamte patriarchale Gesellschaft angeprangert wurde und Feministinnen den BH als Gängelung und Inbegriff der weiblichen Unterdrückung ansahen. 1969 soll es in Chicago sogar zu öffentlichen Verbrennungen des umstrittenen Textils gekommen sein.

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