Qualitäts-Whisky für 15 Euro? So schummelt Aldi seine Produkte schön

Nicht alles, was nach Whisky schmeckt, ist von Qualität. (Bild: Getty Images)
Nicht alles, was nach Whisky schmeckt, ist von Qualität. (Bild: Getty Images)

Es war eine Meldung, die um die Welt ging: Bei Aldi in Großbritannien gibt es einen vermeintlichen Weltklasse-Whisky für 15 Euro! Doch wie sich nun herausstellt, steckt hinter dem Gütesiegel für die Spirituose nicht das, was man als unbedarfter Kunde im ersten Moment denkt.

Bei renommierten Marken wie Laphroaig, Lagavulin oder Talisker geht es erst ab 50 Euro so richtig los mit den unvergleichlichen Geschmackserlebnissen. Was ist daher von einem Whisky zu halten, den Aldi in Großbritannien aktuell zum Preis von 15 Euro pro Flasche anbietet und als „award winning blend“, also „preisgekrönte Marke“ bewirbt?

Nicht viel, meint Spirituosen-Kenner Uwe Christiansen. In einem Gespräch mit „Stern.de“ erklärte der Whisky-Experte, den „Highland Black 8 Year Old Scotch Whisky“ zeichne nicht unbedingt gute Qualität aus. Denn die „Global Spirits Masters“, der Wettbewerb, bei dem der Tropfen mit einer Goldmedaille prämiert wurde, sei laut Christiansen weitgehend unbekannt.

„Weder ich noch andere Experten, mit denen ich gesprochen habe, kennen diesen Wettbewerb oder die Jury“, sagt Christiansen, der eine Szene-Bar in Hamburg betreibt. Als „völligen Schwachsinn“, bezeichnet der Whisky-Kenner die Aldi-Auszeichnung daher. Doch wie kommt der Schnaps vom Discounter zu der Ehre? Christiansens Meinung: „Die Medaillen werden oftmals wie mit einer Gießkanne verteilt.“

Wie viel ist ein Preis wert, wenn 93 weitere Whiskys ebenfalls ausgezeichnet wurden?
Wie viel ist ein Preis wert, wenn 93 weitere Whiskys ebenfalls ausgezeichnet wurden?

Bei jenem Wettbewerb, bei dem auch der Aldi-Whisky ausgezeichnet wurde, sind insgesamt 93 Goldmedaillen vergeben worden. Damit entwerten sich derlei Gütesiegel praktisch selbst. Bar-Mann Christiansen: „Die Industrie reibt sich die Hände, denn sie kann ihre Produkte mit nichtssagenden Goldmedaillen schmücken.“

Bereits im Vorjahr war viel über ein Aldi-Produkt berichtet worden, das eine vermeintlich wichtige Auszeichnung abgeräumt hat. Den „Oliver Cromwell Dry Gin“ gibt es für günstige elf Euro. Dennoch hat der Wacholderschnaps bei der „International Wine & Spirits Competition“ überzeugen können. Der Gin wurde in den Medien damals als „weltbester Gin“ beworben. Zwar handelt es sich nicht um Etikettenschwindel, da der Schnaps tatsächlich prämiert wurde. Dennoch gibt es unzählige weitere Wettbewerbe, die allesamt zu unterschiedlichen Ergebnissen bei ihren Verkostungen kommen. Demnach müsste es hunderte „weltbeste Gins“ geben.

Kann denn Billig-Whisky Sünde sein? Bei Aldi gibt es das schottische Nationalgetränk in „preisgekrönter“ Form schon für wenig Geld. (Symbolbild: Getty Images)
Kann denn Billig-Whisky Sünde sein? Bei Aldi gibt es das schottische Nationalgetränk in „preisgekrönter“ Form schon für wenig Geld. (Symbolbild: Getty Images)

Auch bei den nach Günther Jauch benannten „Jauch-Weinen“, die sich seit Kurzem im Sortiment von Aldi befinden, wurde ein wenig geschummelt. Der Moderator ist zwar schon vor Jahren selbst unter die Winzer gegangen – der bei Aldi verkaufte Wein stammt aber nicht von seinem Weingut. Denn: „Wenn die Trauben von unserem Weingut kämen, dann wären wir bei Aldi nach dreieinhalb Tagen hoffnungslos ausverkauft“, verriet der „Wer wird Millionär“-Gastgeber der „Bild“.

Das Geschäft mit den Gütesiegeln

Erst unlängst wurde ein echter Fall von Etikettenschwindel bekannt: Bei Aldi Nord waren Äpfel im Sortiment, die mit dem Slogan „Gutes aus Deutschland“ beworben wurden. Wer allerdings genau hinsah, musste feststellen, dass die Äpfel aus Neuseeland stammen.

Doch auch ohne solche eindeutige Fälle ist es mittlerweile schwierig, echte Gütesiegel zu erkennen, denn viele Marken schmücken sich mit einem Siegel, das prämierte Produkte oder Bio-Qualität kennzeichnen sollen. Doch sind die meist nicht aussagekräftiger als ein Werbeslogan. Auszeichnungen wie “Premium Qualität” oder “Produkt des Jahres” stammen laut “Stern.de” nicht von einer unabhängigen Instanz, sondern von dem Unternehmen selbst. Begriffe wie “aus der Region” klingen zwar vertrauenserweckend, allerdings sei nach wie vor nicht gesetzlich definiert, was “Region” eigentlich beinhalten soll oder darf.

Darüber, welche der hunderte Gütesiegel in Deutschland echte Aussagekraft besitzen, klärt die Verbraucher Initiative e.V. unter anderem auf ihrer Website label-online.de auf. Für Verbraucher gilt jedenfalls weiterhin: Nicht überall, wo “preisgekrönt” draufsteht, ist auch preisverdächtige Qualität drin.