Wenn Alice Schwarzer doch nur geschwiegen hätte

Die Frauenrechtlerin auf einer Pressekonferenz (Bild: dpa)

Sie ist die Ikone des deutschen Feminismus. Sie streitet gern. Doch nun ist Alice Schwarzer in ein dickes Fettnäpfchen getreten. Schuld daran ist das liebe Geld.



Eigentlich wäre diese Geschichte schnell erzählt, vielleicht nicht einmal eine Randnotiz: Eine deutsche Staatsbürgerin hat im vergangenen Jahr durch Selbstanzeige ihr heimliches Konto in der Schweiz dem Fiskus gemeldet, Steuern und Zinsen dafür nachgezahlt. Den Betrag, immerhin 200.000 Euro, erhielt das Finanzamt nachträglich.

Doch dann wird die Notiz zur Meldung: Die Bürgerin ist Alice Schwarzer – das ist jene Journalistin, die das Politik-Magazin „Cicero“ 2012 zur wichtigsten Intellektuellen Deutschlands kürte. Jene Feministin, die mal streitbar daher kommt, mal selbstherrlich. Die oft Stellung und Haltung zeigt und zuweilen kräftig übers Ziel hinaus schießt. Eine Frau, die den Deutschen ihren Machismo aufzeigte und den Finger in so manche Wunde legte. „Ausgerechnet Alice Schwarzer“ wird mancher in den Redaktionsstuben laut gedacht haben.

Eigentlich haben Bürger bei einer Selbstanzeige Anspruch auf Vertrauensschutz. Die Öffentlichkeit soll davon nichts mitkriegen. Das hilft der Steuermoral und damit dem Staat. Dass der „Spiegel“ nun über den Steuerfall berichtete, dokumentiert ein Verstoß gegen den Datenschutz.

Schwarzer sitzt im Glashaus und wirft Steine

Hier könnte die Meldung nun zu Ende sein. Dass Prominente, die im Rampenlicht stehen, auch bei ihren Vergehen mehr Aufmerksamkeit als Ottonormalverbraucher erhalten – das ist normal. Und nicht der „Spiegel“ bricht das Vertrauensverhältnis zwischen Bürger und Staat, sondern jener Informant aus den Behörden, der Schwarzers Steuersünde durchstach. Das alles ist schnell erzählt. Doch nun fängt das Drama erst richtig an, und das liegt an Schwarzer selbst.

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Denn die 71-jährige Herausgeberin der Zeitschrift „Emma“ veröffentlichte auf ihrer Website ein Pamphlet „In eigener Sache“. Darin schrieb sie von „Rufmord“ und von „Denunzierung“. Gleich witterte sie ein „politisches Interesse“, „jetzt mitten in der von EMMA angezettelten Kampagne gegen Prostitution, wo es um Milliarden-Profite geht“. Dazu lässt sich einiges sagen.

Rufmord ist laut „Duden“ die „böswillige Schädigung des Rufes, des Ansehens eines anderen (durch Verleumdungen)“. Und Denunziation beruhe auf einem „niedrigen, persönlichen Anliegen“, sei eine „Brandmarkung“. Bei dem Begriff denkt man an Stasi, oder an die Gestapo. Und leider ist Schwarzers Schreiben in eigener Sache ein Beispiel dafür, dass sie das Schelten nicht lassen kann. Damit macht sie alles nur noch schlimmer.

Nebelkerzen, die nicht zünden

Denn verleumdet wurde sie nicht, schließlich scheinen die Vorwürfe zu stimmen. Und ob die „Spiegel“-Journalisten nun ein persönliches Anliegen bei der Causa Schwarzer hatten, ist Kaffeesatzleserei. Immerhin gibt es für Reporter eine Chronistenpflicht – und Schwarzers Konto ist sicherlich eine Nachricht; auf die Titelseite brachte sie es schließlich nicht. Anderen Medien wie „Focus“ und „Bild“ sei die brisante Info auch zugespielt worden, heißt es. Gerade „Bild“ ist nicht dafür bekannt, besonders zimperlich zu sein. Warum brachte man die kleine Story nicht? Weil Schwarzer ab und zu selbst für „Bild“ zur Feder greift? Gelten für sie andere Maßstäbe?

Wohl kaum. Wenn sie also nur geschwiegen hätte. Oder auf ihrer Website nur bereut hätte. Aber Schwarzer bläst gleich zur Gegenattacke, macht die Medien als böse Dammbrecher aus – als könnte sie damit von sich ablenken. Das schreibt sie ganz schamlos: „Es gibt Fehler, die kann man nicht wieder gutmachen. Zum Beispiel Rufmord. Steuerfehler aber, wie ich einen gemacht habe, kann man wieder gutmachen.“ Nein, eigentlich erst damit beweist sie schlechte Haltung.

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