Rosa Karneval: Ausverkaufte Röschen-Sitzung zeigt sich extravagant und kritisch

In Mülheim steht ein Friseursalon, der ohne haarige Wortspiele auskommt. Der Laden heißt nicht Hairlich, Wunderhaar oder Haarbracadabra, sondern einfach nur „Der Friseursalon“, mit Betonung auf der letzten Silbe des Wortes. Denn die Inhaberin Mary Moppel (Marion Radtke) hält absolut nichts von Wortwitzen, da ist sie Puristin. Dabei ist der Salon-Name im 15. Jahr der „Röschen-Sitzung“ so ziemlich das einzige Element, dass sich betont zurückhält. Denn sonst ist die Sitzung in allen Bereichen besonders extravagant, bunt und kritisch. Unter dem diesjährigen Motto „Waschen und Legen“ präsentiert Radtke zusammen mit Matthias Brandebusemeyer dem Publikum zahlreiche Häppchen aus der menschlichen Schönheits-Geschichte. Hierbei kommen nicht nur die schwul-lesbischen Gäste voll auf ihre Kosten, denn der rosa Karneval beschreibt sich als „100 Prozent hetero-freundlich“. Auf allzu naheliegende Witze über die Frisur des amerikanischen Präsidenten verzichtet Radtke in ihrem Jahresrückblick ganz bewusst, stattdessen bekommen der Verkehrsminister, die AfD und die Nationalmannschaft ihr Fett weg. Dazwischen sorgt die Hausband Abends mit Beleuchtung mit Kapellmeisterin Ela Querfeld für Stimmung während des gut vierstündigen Programms. „Bisschen Händchen halten, Heteros ärgern, sowas eben“ Im Friseursalon gerät Empfangsdame Dada Stievermann alias Karin Eichelkamp in Verzweiflung, weil sich niemand an ihre Anweisungen hält. Da kommt etwa Manuel Rittich als aufgeregter junger Mann in den Laden, weil er vor seinem Blind-Date im Café Wahlen noch schnell einen Haarschnitt möchte – „bisschen Händchen halten, Heteros ärgern, sowas eben“. Doch einen Termin bei Frau Eichelkamp hat er nicht gemacht, sodass Claus Vincon einspringen muss und dem geschichtsvergessenen Schwulen gehörig den Kopf wäscht. Im Shirt der Kampagne für Aids-Aufklärung aus den Achtzigern macht Vincon seinem jungen Kunden klar, wer dafür kämpfen musste, dass er heute sein darf, wie er ist. Ein weiteres Highlight des Abends ist die Pantomimengruppe aus Oer-Erkenschwick, die die Geschichte von Schneewittchen zum Besten gibt. Ganz ausdrücklich politisch korrekt, allerdings. So sind die sieben Zwerge nicht eben sie selbst, sondern „vertikal herausgefordert“ oder in „Travel-Size“, außerdem muss das kleinste Ensemble-Mitglied George Le Bonsai die Hauptfigur des Märchens spielen. Zuvor war schon die kölsche Loreley von ihrem Felsen im Rheintal auf die Bühne gekommen, weil sie von ihrem Siegfried genug hatte und von den Veranstaltern einen Kasten Kabänes bekommen sollte. Fast schon zum Salon-Interieur gehören auch die Rosa Funken und die rein männliche Cheerleader-Truppe Pink Poms, die sich vor den Zugabe-Wünschen des Publikums kaum retten können. Wer das Spektakel inklusive Kölle „Aloha“ statt Alaaf und Röschen anstelle von Raketen live sehen möchte, muss sich allerdings bis zur nächsten Session gedulden. Denn die sieben Sitzungstermine sind bereits restlos ausverkauft. ...Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta